Haben
die Bayern die Republik Österreich hinters Licht geführt und uns
wissentlich eine kaputte Bank umgehängt? Auch Finanzminister Hans
Jörg Schelling ist
davon überzeugt und brachte vor Weihnachten eine Klage auf 3,5
Milliarden Euro ein. Wegen "bewusster Täuschung seitens der
Bayern über die katastrophale Lage der Hypo zum Zeitpunkt der
Notverstaatlichung Ende 2009".
Die
Republik Österreich dürfte gute Chancen haben, den Prozess zu
gewinnen. Die gesamte Führungsriege der BayernLB wusste ganz genau,
wie kaputt ihre erst 2007 erworbene Tochter Hypo Group Alpe Adria
(HGAA) war. Der damalige FinanzministerGeorg
Fahrenschon (CSU)
sowie Wirtschaftsminister Martin
Zeil (FDP)
waren ebenfalls eingeweiht, dass die staatliche bayerische Landesbank
auf einem finanziellen Sprengsatz hockte. Den es schleunigst zu
entsorgen galt.
Dass
die Bayern die heimische Regierung austricksten, ist hinlänglich
bekannt. Aufschlussreich ist es jedoch, nachzulesen, wie die Bayern
damals intern diskutierten und sich ihre Strategie zurechtlegten –
die erfolgreich war. Auf Kosten der österreichischen Steuerzahler.
Zwei
Wochen bevor die Bayern die Kärntner Katastrophenbank in einer
nächtlichen Marathonsitzung Österreich andrehten und
Finanzminister Josef
Pröll (ÖVP)
sowie Bundeskanzler Werner
Faymann (SPÖ)
über den Tisch zogen, trafen sie sich zu einer zweitägigen
Krisen-Klausur im Schloss Hohenkammer. Dem KURIER liegt, wie bereits
in der Samstag-Ausgabe berichtet, das Protokoll vor. Mit dabei waren
auch Berater der Investmentbank Morgan Stanley, des
Wirtschaftsprüfers PwC und der Anwaltskanzlei Freshfields.
Den
Vorsitz führt Minister Fahrenschon. Beim Tagesordnungspunkt II.2
(Vertiefende Diskussion zur HGAA) zitiert er aus dem Warnbrief der
Wirtschaftsprüfer vom 18. November. PwC kam in einem Asset Screening
zu einem vernichtenden Ergebnis über die Risiken und
Werthaltigkeiten der Kredite ("signifikante Verschlechterung des
Kreditportfolios").
Eine
solche Prüfung läuft derzeit wieder, diesmal im Auftrag von
Finanzminister Hans
Jörg Schelling. Wieder
ist mit milliardenschweren Berichtigungen zu rechnen, von bis zu acht
Milliarden oder noch mehr. Die Bilanz 2014 der Abbaueinheit Heta
verzögert sich bis Ende Juni.
Zurück
zur Klausur: BayernLB-Chef Michael
Kemmer erläutert
ausführlich, warum die Hypo "in schweres Fahrwasser" kam.
Es stelle sich die Frage "nach möglicherweise vorliegenden
Insolvenztatbeständen". Von Insolvenz soll in den zwei Tagen im
Seminarzentrum noch oft die Rede sein.
Stefan
Ermisch,
Vize-Chef der BayernLB, zieht "das Zwischenfazit, dass die
Wirtschaftlichkeit eines weiteren Investments der BayernLB in die
HGAA nicht absehbar sei".
Natürlich
wird auch über die Haftungen des Landes Kärnten für die Hypo,
damals rund 19 Milliarden Euro, diskutiert. Der Freshfields-Anwalt
weist darauf hin, dass die Hypo als sechstgrößte Bank
"systemrelevant" sei. Gerd
Häusler, Vize-Verwaltungsratschef
und später Boss der BayernLB, ergänzt, "dass eine Insolvenz
viel zu weitreichende Auswirkungen auf Österreich und die SEE-Länder
hätte und zum Schluss auch auf Deutschland haben würde".
Minister Fahrenschon sorgt sich, "dass der Freistaat Bayern in
den osteuropäischen Regionen mit seiner Reputation auch in ein
schlechtes Licht geraten könne. Hier seien durchaus vielschichtige
Interessen von bayerischen Unternehmen mit involviert".
Gleichzeitig sei "das Meinungsbild in der Staatsregierung
derart, dass man sich nicht vorstellen könne, dass die BayernLB eine
weitere Kapitalerhöhung zeichne".
Klar
ist also: Die Bayern wollten die Hypo nicht in die Pleite schicken,
wie das Nachrichtenmagazin profil berichtete. Sie drohten bloß
damit, in Wien nahm man den Bluff ernst. Und sie wollten kein
frisches Geld mehr in die darniederliegende Kärntner Tochter pumpen.
Also
galt es, das Problem möglichst rasch und billig loszuwerden. Die
Zeit drängte, ohne frisches Kapital war die Hypo nicht mehr
überlebensfähig. Auch wenn im Schloss der Prüfbericht der
Oesterreichischen Nationalbank verlesen wird, in dem der Hypo eine
zufriedenstellende Liquiditätssituation attestiert und über
künftige Gewinne berichtet wird. Doch die Bayern wissen es längst
besser. So viel zur OeNB, die Griss-Kommission attestiert später
"Multi-Organversagen".
"Sehr
schwierig darstellbar" sei es, einen neuen Eigentümer zu
finden, meint der Investmentbanker. Häusler assistiert, kein
Investor würde "die Bank als Ganzes kaufen wollen". Völlig
richtig, kein privater Käufer wäre so dumm gewesen.
Aber
es gab ja die Republik Österreich. Die wolle jedoch "nur für
den österreichischen Teil verantwortlich sein und sich auch nur hier
an einer Lösung beteiligen. Die Regionen in Osteuropa könnten aus
politischen Gründen nicht unterstützt werden" (Ermisch). Den
Bayern ist durchaus klar, dass es nicht so einfach würde, Österreich
die gesamte Hypo umzuhängen. "Schwer gerungen" müsse mit
Österreich werden, meint Minister Fahrenschon.
An
die 300 Millionen Euro sollen an Berater in der Hypo-Causa gegangen
sein. Der frühere Finanzminister Michael Spindelegger dürfte da
einige Hunderttausend Euro draufgelegt haben. Konkret geht es um den
deutschen Investment-Banker Dirk Notheis, den Spindelegger als
Berater ab Februar 2014 beigezogen hatte.
Wie
aus einer Anfragebeantwortung von Spindis Nachfolger Hans Jörg
Schelling hervorgeht, sah der Vertrag Notheis eine „marktübliche
Vergütung auf Grundlage eines ,Manntagessatzes‘ für Managing
Directors von € 5.000,– und eines ,Manntagessatzes‘ für
Executive Directors € 3.000,– vor“. Die Kosten seien immerhin
mit 100.000 Euro pro Monat gedeckelt worden. Schelling löste den
Vertrag erst Ende Jänner 2015 auf. Wie viel Geld geflossen ist, ließ
der ÖVP-Minister offen.
Bank-Chef
Kemmer berichtet von "einer grundsätzlichen Bereitschaft von
Seiten der Republik Österreich... Aus diesem Grund sei im Rahmen
dieser Sitzung eine Strategie zu entwickeln, die nächste Woche mit
den Beratern in eine Verhandlungsbasis gegossen werden könne".
Der
Verwaltungsrat beschließt, die Verhandlungen mit Österreich
fortzuführen. Mit dem Ziel, "eine kurz- oder mittelfristige
Exit-Perspektive für die BayernLB zu erreichen", ohne dass man
frisches Kapital zuschießen muss.
Kurz
darauf gingen die Bayern, unterstützt von Investmentbankern und
Top-Anwälten, in die Verhandlungen. Pröll und Faymann verließen
sich auf Beamte, die null Erfahrung mit solchen Deals hatten....
Über
die in Zypern registrierte Enthusa flossen zwischen 2006 und 2007
18,88 Mio. Euro zum Kauf von Liegenschaften nahe Belgrad, die später
in Bauland umgewidmet werden sollten. Inklusive Zinsen belaufen sich
die Schulden heute auf 26 Mio. Euro. Involviert waren politisch
einflussreiche Personen aus Serbien. Die Staatsanwaltschaft
Klagenfurt bestätigte die Anzeige. Kreditkunden sollen wegen Betrugs
und schweren Betrugs angezeigt worden sein, auch der Verdacht der
Geldwäsche bestehe, berichtet die „Presse“ in ihrer
Samstagausgabe.
Nur 31 Prozent vertragsgemäß eingesetzt
Die
Heta hat laut „Presse“ den Verdacht, dass nur 31 Prozent der
Kreditmittel vertragsgemäß eingesetzt wurden. 47 Prozent seien
nicht zum vereinbarten Zweck ausgegeben worden - so unter anderem zur
Zurückzahlung eines Kredits von 805.000 Euro bei der Raiffeisenbank
Belgrad. Bei 22 Prozent des Geldes sei die Verwendung nicht
nachvollziehbar.
Der
damalige Vorstandsvorsitzende der Raiffeisen Bank International,
Herbert Stepic, hielt bis 2012 indirekt 25 Prozent an Enthusa,
Geschäftsführer war ein früherer Vorstand der Raiffeisen
Investment AG. Stepic wird aber nicht als Verdächtiger geführt. Er
war laut „Presse“ nur Investor und nicht operativ tätig.
(KURIER) ERSTELLT
AM 24.05.2015, 08:00
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