Mittwoch, 20. Mai 2015

Flüchtlinge und Arbeitsmarkt - ein Problem für die SPÖ

Flüchtlinge und Arbeitsmarkt – der Fokus auf diese Themen schmälert die Chancen der SPÖ-Landesparteien. Im Parlamentsklub gab es heftige Kritik an den Bürgermeistern.
20.05.2015 | 18:24 |  von KARL ETTINGER  (Die Presse)

Natürlich ist es ein Problem für die SPÖ - Arbeitsmarkt und jetzt auch noch die Flüchtlinge. Wie lange regiert sie schon die SPÖ, in Wien, in Österreich? Das möchte sie vergessen machen, aber so geht das nicht. Sie stellt den Kanzler in Österreich, sie stellt den Bürgermeister in Wien - und was ist geschehen? Alles ist schlechter geworden, obwohl immer eine Verbesserung versprochen wurde. Nur wo ist sie geblieben? Verbessert hat sich ganz sicher was, aber das ist die Situation der Politiker, sicher nicht unsere. 
Landtagswahlen. Umfragen sagen der SPÖ bei allen vier Landeswahlen im heurigen Jahr Verluste voraus: In der Steiermark (Wahltermin 31. Mai) hat die SPÖ bisher 38,3 Prozent gehalten, im Burgenland (ebenfalls 31. Mai) waren es 48,3 Prozent, in Oberösterreich (Wahltermin 27. September, dort werden am selben Tag auch Gemeinderäte und Bürgermeister neu gewählt) waren es knapp 24,9 Prozent, in Wien (Wahltermin 11. Oktober) schaffte die SPÖ im Jahr 2010 noch 44,3 Prozent.
Eine Steuerentlastung für die Arbeitnehmer schon ab Juli 2015 wäre den SPÖ-Wahlkämpfern in der Steiermark, im Burgenland, in Oberösterreich und Wien noch lieber gewesen. Denn die Steuergutschrift für Bezieher niedriger Einkommen unter 11.000 Euro im Jahr und damit für tausende weibliche Beschäftigte in Teilzeit wird zwar für heuer vorgezogen, aber erst mit der Arbeitnehmerveranlagung 2016 spürbar. Außerdem beklagen rote Funktionäre, der Mobilisierungseffekt einer Steuerreform sei im Vergleich zu früher viel geringer, weil die Bevölkerung Politikerabmachungen kaum traue.
Kopfzerbrechen bereitet der SPÖ, dass Kernthemen der Partei – Kampf gegen Arbeitslosigkeit, niedrige Mieten – seit Wochen von der Flüchtlingsproblematik überlagert werden. Die vielen Bilder vom Flüchtlingszustrom über das Mittelmeer seien kostenlose FPÖ-Schützenhilfe, beklagte ein Genosse im Gespräch mit der „Presse“.
Die SPÖ-Klientel bei Arbeitern und Menschen zwischen 55 und 75Jahren würde daher intensiv mit den Blauen liebäugeln. Manche hegen Zweifel, ob der steirische SPÖ-Spitzenkandidat Franz Voves mit seinen „Hetzer“-Vorwürfen gegen die FPÖ gut beraten ist. Die Realität für die Menschen schaut, wie sich nach einem Wahlauftritt von Voves in Graz zeigte, anders aus: Eine Frau drängt einen türkischen Mieter zu mehr Ruhe in der Nacht; der fragt sie bei einem Kaffee, ob nicht ein Platz im Altersheim besser wäre. Voves sagte laut Austria Presseagentur: „Diesen Problemen müssen wir uns bei aller Toleranz widmen. Da dürfen wir nicht wegschauen.“
Dennoch werde in solchen Fällen FPÖ-Forderungen nach einem härteren Vorgehen mehr Glauben geschenkt als der SPÖ, seufzen rote Funktionäre, nicht nur in der Steiermark. Ergebnisse wie bei den steirischen Gemeinderatswahlen heuer im März scheinen das zu bestätigen: In roten Hochburgen in der obersteirischen Mur-Mürz-Furche konnte die FPÖ viele Wähler, die sich von der SPÖ abgewendet hatten, eins zu eins umleiten.

Riss Linke/Pragmatiker

Die SPÖ steckt seit Jahren in der Ausländerpolitik in einem Dilemma: Der linke Flügel hat Bauchweh bei Verschärfungen im Fremdenrecht, Gewerkschafter und Pragmatiker wie Sozialminister Rudolf Hundstorfer drängen auf höhere Hürden beim Zuzug und Härte gegen Lohndumping. Die Sorgen bezüglich der Flüchtlingsunterbringung waren nun Thema in der Sitzung des SPÖ-Parlamentsklubs. Beklagt wurde, es sei nicht glaubwürdig, für Humanität einzutreten, wenn auch SPÖ-Lokalpolitiker Quartiere für Asylwerber ablehnen. Anlass war nicht nur das Nein des Linzer SPÖ-Bürgermeisters Klaus Luger zu Flüchtlingen in der Kaserne Linz-Ebelsberg, sondern auch die Ablehnung eines Containerdorfes auf dem Truppenübungsplatz Bruckneudorf durch Burgenlands SPÖ. Dafür gab es eine Art Fern-Kopfwäsche. Otto Pendl, einer aus der SPÖ-Law-and-Order-Fraktion, war, wie es hieß, ungehalten: Wenn jeder Ort jemanden aufnehme, wäre das Problem gelöst.
Im Superwahljahr 2015 fällt der SPÖ auch der Anstieg der Arbeitslosigkeit auf den Kopf. In den Betrieben haben die Beschäftigten zwar offenkundig Vertrauen in die Roten: So konnte Voest-Zentralbetriebsrat SPÖ-Parlamentarier Dietmar Keck in der Nacht auf Mittwoch Gewinne bei der Voest-Betriebsratswahl feiern.

Vor den Wahlen in der Steiermark, in Oberösterreich und Wien haben die SPÖ-Landesparteien voll damit zu tun, FPÖ-Zuwächse und eigene Verluste gering zu halten. Weder die Steuerreform noch Aktion-scharf-Gesetze Hundstorfers gegen Sozialbetrüger helfen da viel.

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