Flüchtlinge
und Arbeitsmarkt – der Fokus auf diese Themen schmälert die
Chancen der SPÖ-Landesparteien. Im Parlamentsklub gab es heftige
Kritik an den Bürgermeistern.
20.05.2015
| 18:24 | von KARL ETTINGER (Die Presse)
Natürlich ist es ein Problem für die SPÖ - Arbeitsmarkt und jetzt auch noch die Flüchtlinge. Wie lange regiert sie schon die SPÖ, in Wien, in Österreich? Das möchte sie vergessen machen, aber so geht das nicht. Sie stellt den Kanzler in Österreich, sie stellt den Bürgermeister in Wien - und was ist geschehen? Alles ist schlechter geworden, obwohl immer eine Verbesserung versprochen wurde. Nur wo ist sie geblieben? Verbessert hat sich ganz sicher was, aber das ist die Situation der Politiker, sicher nicht unsere.
Landtagswahlen. Umfragen
sagen der SPÖ bei allen vier Landeswahlen im heurigen Jahr Verluste
voraus: In der Steiermark (Wahltermin 31. Mai) hat die SPÖ bisher
38,3 Prozent gehalten, im Burgenland (ebenfalls 31. Mai) waren es
48,3 Prozent, in Oberösterreich (Wahltermin 27. September, dort
werden am selben Tag auch Gemeinderäte und Bürgermeister neu
gewählt) waren es knapp 24,9 Prozent, in Wien (Wahltermin 11.
Oktober) schaffte die SPÖ im Jahr 2010 noch 44,3 Prozent.
Eine Steuerentlastung für die Arbeitnehmer schon ab Juli 2015 wäre
den SPÖ-Wahlkämpfern in der Steiermark, im Burgenland, in
Oberösterreich und Wien noch lieber gewesen. Denn die
Steuergutschrift für Bezieher niedriger Einkommen unter 11.000 Euro
im Jahr und damit für tausende weibliche Beschäftigte in Teilzeit
wird zwar für heuer vorgezogen, aber erst mit der
Arbeitnehmerveranlagung 2016 spürbar. Außerdem beklagen rote
Funktionäre, der Mobilisierungseffekt einer Steuerreform sei im
Vergleich zu früher viel geringer, weil die Bevölkerung
Politikerabmachungen kaum traue.
Kopfzerbrechen
bereitet der SPÖ, dass Kernthemen der Partei – Kampf gegen
Arbeitslosigkeit, niedrige Mieten – seit Wochen von der
Flüchtlingsproblematik überlagert werden. Die vielen Bilder vom
Flüchtlingszustrom über das Mittelmeer seien kostenlose
FPÖ-Schützenhilfe, beklagte ein Genosse im Gespräch mit der
„Presse“.
Die
SPÖ-Klientel bei Arbeitern und Menschen zwischen 55 und 75Jahren
würde daher intensiv mit den Blauen liebäugeln. Manche hegen
Zweifel, ob der steirische SPÖ-Spitzenkandidat Franz Voves mit
seinen „Hetzer“-Vorwürfen gegen die FPÖ gut beraten ist. Die
Realität für die Menschen schaut, wie sich nach einem Wahlauftritt
von Voves in Graz zeigte, anders aus: Eine Frau drängt einen
türkischen Mieter zu mehr Ruhe in der Nacht; der fragt sie bei einem
Kaffee, ob nicht ein Platz im Altersheim besser wäre. Voves sagte
laut Austria Presseagentur: „Diesen Problemen müssen wir uns bei
aller Toleranz widmen. Da dürfen wir nicht wegschauen.“
Dennoch
werde in solchen Fällen FPÖ-Forderungen nach einem härteren
Vorgehen mehr Glauben geschenkt als der SPÖ, seufzen rote
Funktionäre, nicht nur in der Steiermark. Ergebnisse wie bei den
steirischen Gemeinderatswahlen heuer im März scheinen das zu
bestätigen: In roten Hochburgen in der obersteirischen
Mur-Mürz-Furche konnte die FPÖ viele Wähler, die sich von der SPÖ
abgewendet hatten, eins zu eins umleiten.
Riss Linke/Pragmatiker
Die SPÖ
steckt seit Jahren in der Ausländerpolitik in einem Dilemma: Der
linke Flügel hat Bauchweh bei Verschärfungen im Fremdenrecht,
Gewerkschafter und Pragmatiker wie Sozialminister Rudolf Hundstorfer
drängen auf höhere Hürden beim Zuzug und Härte gegen Lohndumping.
Die Sorgen bezüglich der Flüchtlingsunterbringung waren nun Thema
in der Sitzung des SPÖ-Parlamentsklubs. Beklagt wurde, es sei nicht
glaubwürdig, für Humanität einzutreten, wenn auch
SPÖ-Lokalpolitiker Quartiere für Asylwerber ablehnen. Anlass war
nicht nur das Nein des Linzer SPÖ-Bürgermeisters Klaus Luger zu
Flüchtlingen in der Kaserne Linz-Ebelsberg, sondern auch die
Ablehnung eines Containerdorfes auf dem Truppenübungsplatz
Bruckneudorf durch Burgenlands SPÖ. Dafür gab es eine Art
Fern-Kopfwäsche. Otto Pendl, einer aus der
SPÖ-Law-and-Order-Fraktion, war, wie es hieß, ungehalten: Wenn
jeder Ort jemanden aufnehme, wäre das Problem gelöst.
Im
Superwahljahr 2015 fällt der SPÖ auch der Anstieg der
Arbeitslosigkeit auf den Kopf. In den Betrieben haben die
Beschäftigten zwar offenkundig Vertrauen in die Roten: So konnte
Voest-Zentralbetriebsrat SPÖ-Parlamentarier Dietmar Keck in der
Nacht auf Mittwoch Gewinne bei der Voest-Betriebsratswahl feiern.
Vor den
Wahlen in der Steiermark, in Oberösterreich und Wien haben die
SPÖ-Landesparteien voll damit zu tun, FPÖ-Zuwächse und eigene
Verluste gering zu halten. Weder die Steuerreform noch
Aktion-scharf-Gesetze Hundstorfers gegen Sozialbetrüger helfen da
viel.
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