Maria
Vassilakous gefährlichster Gegner heißt nicht David Ellensohn (ihr
umtriebiger Klubchef), nicht Michael Häupl und schon gar nicht
Heinz-Christian Strache. Es ist ein anderer politischer Akteur, der
nach außen selten polternd oder laut auftritt, manchmal vielleicht
sogar belächelt wird, der aber unbeirrt eine Mission verfolgt:
Manfred Juraczka, Chef der zur 14-Prozent-Partei geschrumpften ÖVP.
Seine
Mission: den für ihn historischen Fehler zu korrigieren, den seine
Vorgängerin Christine Marek vor fünf Jahren begangen hat – von
Häupl nicht als koalitionswürdig angesehen zu werden. Der
SPÖ-Landeschef und die frühere Staatssekretärin konnten nie
wirklich gut miteinander. Dass ÖVP-intern Marek ihrerseits mit der
damaligen Wirtschaftskammerpräsidentin, Brigitte Jank, auch ihre
Nöte hatte und unterschiedliche Auffassungen der beiden dem
Bürgermeister nicht verborgen geblieben sind, hat gleichfalls mit
dazu beigetragen, dass sich Häupl für eine Koalition mit den Grünen
entschlossen hat.
2015
stellt sich vieles anders dar. Eine Mariahilfer Straße, ein
Wahlrecht und eine Mandatsabwerbung später tun sich Gräben zwischen
SPÖ und Grünen auf.
Violett verbindet Rot, Schwarz
Das
Verhältnis zwischen Juraczka und Häupl hingegen ist offenbar mehr
als korrekt. Fußball verbindet: Juraczka sitzt, wie es der Zufall so
will, bei der Wiener Austria in jenem Gremium, dem Kuratorium
nämlich, dessen Präsident, genau, Häupl ist. Noch ein Indiz für
das gute Auskommen der beiden Politiker: Der Wiener Bürgermeister
präsidiert auch die Österreich-Tschechische Gesellschaft. Ein
Präsident benötigt natürlich Vizepräsidenten: Der eine heißt
Erwin Pröll, der andere – Manfred Juraczka. Eine interessante
Kombination.
Um
den Traum des Einzugs in eine Koalition mit der SPÖ erfüllbar zu
machen, hat der Landesparteichef für seine Wiener ÖVP im Gefolge
des Bundesparteitags nun intern ein Vorzugsstimmensystem
durchgebracht, das an das grüne Modell mit Alexander Van der Bellen
erinnert (der dann, überrascht vom Erfolg, sein Mandat zunächst
nicht angenommen hat). Allen ÖVP-Kandidaten ist ein
Vorzugsstimmenwahlkampf ausdrücklich freigestellt, der die
offizielle Reihung der Gremien, die Mitte Juni erfolgen soll, nach
der Wahl am 11. Oktober kräftig durcheinanderbringen könnte.
Die
Hürden für Vorreihungen werden auf zehn Prozent der laut Wiener
Gemeindewahlordnung verlangten Zahlen per ÖVP-Selbstverpflichtung
drastisch gesenkt. In der gesamten Stadt sind so plötzlich nur noch
1150, in den einzelnen Wahlkreisen 550 bis 700 Vorzugsstimmen
notwendig, um vorgereiht zu werden. Beim letzen Mal hat Van der
Bellen den Grünen satte 11.900 Stimmen gebracht, der damals noch
durch sein Geil-o-mobil auffällige Jugendchef, Sebastian Kurz,
seiner ÖVP immerhin bereits 860. Ingrid Korosec beispielsweise soll
nun durch einen Vorzugsstimmenwahlkampf Stimmen der Senioren für die
VP einfahren. Ähnliches planen Wirtschaftsbund und ÖAAB. Erklärtes
Ziel: eine möglichst hohe Mobilisierung zu erreichen.
Auf der Suche nach einer Frau
Gleichzeitig
sucht Juraczka noch nach einer prominenten Frau, die ihm und seiner
Liste ein wenig mehr an Glanz sichern soll. Inhaltlich sind in den
Zirkeln der ÖVP bereits drei Themen abgesteckt, mit denen sie sich
bis zum Wahltag profilieren will: Wirtschaft, (Aus-)Bildung, Verkehr.
Beim
letzten Punkt erinnern sich die Parteistrategen an einen für sie
selbst damals überraschenden Erfolg der Parkpickerl-Volksbefragung.
2012 hatten 150.000 für eine Befragung zur Parkpickerl-Ausweitung
unterschrieben. Jetzt, knapp vor und während der Sommerferien, will
die Wiener ÖVP wieder Unterschriften sammeln. Den Bürgern sollen
drei, vier Fragen zum Thema Verkehr vorgelegt werden. Sehr, sehr
wahrscheinlich, dass dabei wieder das Parkpickerl zu Ehren kommt.
Auch die besonders von den Grünen favorisierten Tempo-30-Zonen
werden wohl thematisiert werden.
Insgesamt
also alles eher Themen, mit denen die ÖVP der Rathaus-SPÖ nicht
allzu sehr wehtun wird. Es gibt ja auch eine Zeit nach dem
11.Oktober.
("Die
Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2015)
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