Mittwoch, 6. Mai 2015

Wie gehe ich bei einem Hungerstreik vor? Eien Wiener Lösung

Wien: widerspricht es wirklich ihrer politischen Grundhaltung, dass in Ihrer Stadt sechs Bürger Ihrer Stadt in der Öffentlichkeit einen befristeten Hungerstreik im Interesse des Kinderschutzes abhalten?

Seit 19. April 2015 ersuchen wir um den obrigkeitlichen Segen für unsere Aktion. Bisher teilte die MA 46 nur telefonisch mit, einen Termin mit uns vereinbaren zu wollen.

Ist das die übliche Vorgangsweise in Wien mit Hungerstreikenden zu verfahren?

Eine Unmutsäußerung in Form eines Leserbrief
Das dachte ich mir unwillkürlich als ich einige 1.Mai-Lobpreisungen nicht überhören konnte. Die suboptimale Arbeitslosenrate ließ am Tag der Arbeit auch andere Errungenschaften und Wohltaten der Politik zum Thema werden.
Wie steht es aber tatsächlich um "unsere" Rechte nach einem Jahrhundert Demokratie?
Was geschieht zum Beispiel, wenn sich Personen in einen öffentlichen Hungerstreik begeben, um die Aufmerksamkeit auf einen ihrer Meinung notwendigerweise abzustellenden Missstand zu lenken?
Kinderschutz gehört zu den wichtigsten Angelegenheiten. Vordergründig scheinen die Kinderrechte in Österreich und im Großteil Europas vorbildlich auf einem sehr hohen Niveau beachtet zu werden. Andererseits erschüttern immer wieder Skandale die Selbstsicherheit der Jugendwohlfahrt. Das heißt, die Jugendwohlfahrt scheint ziemlich locker mit öffentlicher Kritik an ihrer Arbeit umzugehen. Nicht so Privatpersonen: europaweit finden permanent unabhängig voneinander bis zu drei Hungerstreiks wegen des vermeintlichen Versagens der Jugendwohlfahrt statt.
2012 hungerten aus diesem Grund vier Personen zehn Tage lang vor dem Gerichtsgebäude in St. Pölten. Die Aktion wurde kurz vorher der zuständigen Polizeiinspektion gemeldet. Die einzige Reaktion war, dass im Zuge des Streifendienstes auf die Sicherheit der Hungerstreikenden geachtet wurde.
Ab dem 13. Mai 2015 werden aus dem selben Grund sechs Personen - teilweise die selben wie in St. Pölten - in Wien hungern. Da Wien bekanntlich anders ist, wurde bereits am 19.4.2015 der Hungerstreik mit E-Mail der Bundespolizeidirektion bekannt gegeben. Diese leitete am nächsten Tag das E-Mail zuständigkeitshalber an die MA 46 weiter. Da von der MA 46 keine Reaktion kam, wurde diese am 22.4. wieder mit E-Mail kontaktiert. Schließlich wurde das Schweigen der MA 46 in einem Mail vom 26.4. als Zustimmung gewertet; so handhabt es nämlich die Bundespolizeidirektion Wien. Nun erfolgte prompt einen Tag später ein Anruf der MA 46, in dem die näheren Umstände des geplanten Hungerstreiks erörtert wurden. Wenn nämlich in Wien ein Hungerstreik auf einer Grünfläche abgehalten wird, dann ist die MA 42 zuständig. Die würde auch eine hohe Kaution verlangen. Wenn der Hungerstreik auf festem Boden stattfindet, dann ist die MA 46 zuständig. Wenn der Hungerstreik sowohl auf Grünfläche, als auch . . . .
Vereinbart wurde, dass ein Termin für einen Lokalaugenschein zu vereinbaren sei. Bis heute erfolgte noch keine Terminvereinbarung.
Der Grund für das Erwähnen dieses Ereignisses ist meine Erfahrung mit den Hungerstreikenden vor der Votivkirche im Winter 2012/2013. Ich besuchte die Hungerstreikenden, plauderte mit ihnen und tauschte Telefonnummern aus. Ich ließ mich auf dem Areal herumführen und staunte über die große Unterstützung, die meiner Meinung nach ohne Sympathie der Stadtregierung, oder zumindest Teile derselben, nicht denkbar gewesen wäre.
Dieser Vergleich darf nicht als Kritik an den Hungerstreikenden gesehen werden. Er soll nur davor warnen, dass eine Landesregierung einzelne Streikthemen bevorzugt, andere benachteiligt. Solange Hungerstreikende nicht für eine bedenkliche Sache eintreten, müssten sie in einer Demokratie gleich behandelt werden. Zustände wie in der Animal Farm, dass einige gleicher als gleich sind, will niemand.
Daran musste ich denken, als ich in 1.Mai-Ansprachen wieder hörte, dass Demokratie nicht gegeben wird, sondern aufgegeben wird. Und irgendwie dachte ich mir: "Wie viele Bedeutungen hat dieses Aufgeben?"

rief ein unerwartet hohes Echo hervor. Der geplanten Aktion kann somit nicht einmal ein öffentliches Interesse abgesprochen werden.

Fast möchte ich - angelehnt an Marquis von Posa - als Bürgerlicher, „geben Sie Hungerstreikfreiheit, Sire,“ rufen, wenn ich nicht der festen Überzeugung wäre, dass in Wien Kinderrechte eine besondere Rolle spielen.

Und übrigens, ein befristeter Hungerstreik unter ärztlicher Aufsicht könnte doch so manche ganz gut vertragen.

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