Donnerstag, 14. Mai 2015

"Solidarität eher ein Fremdwort": Faymann attackiert Briten

Die EU-Kommission hat heute einen Flüchtlingsplan beschlossen, den Österreich unterstützt, Großbritannien aber vehement ablehnt. Der Kanzler ist verärgert.
Das kann man ihm nicht verübeln, dass er verärgert ist. Solidarität – die gibt es nur beim Bombardieren. Wenn dann die Saat aufgeht, die man gelegt hat, ist die Solidarität gestorben, untergegangen, ersoffen, erschlagen, ermordet, irgendwo.
13.05.2015 | 13:30 | (DiePresse.com)
SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann hat am Mittwoch mit ungewöhnlich scharfen Worten Großbritannien kritisiert. Auf die Frage, ob es nicht beschämend sei, wenn Länder wie Großbritannien von vornherein Nein zu einer Verteilung der Mittelmeer-Flüchtlinge nach einer Quote sagen, antwortete der Kanzler: Das sei "typisch für die Regierung in Großbritannien", auch bei anderen Themen wie Kernkraft sei dort "Solidarität eher ein Fremdwort".
Zuvor hatte die britische Innenministerin Theresa May die Einführung verbindlicher Quoten abgelehnt. Dies werde nur noch "mehr Menschen dazu ermutigen, ihr Leben aufs Spiel zu setzen". Die EU solle sich stattdessen darum bemühen, "sichere Landeplätze in Nordafrika zu schaffen, unterstützt durch ein aktives Rückführungsprogramm", schrieb May in einem Gastbeitrag für die Zeitung "The Times".
Die EU-Kommission hat ungeachtet dessen am Mittwoch einen Flüchtilngsplan beschlossen. 20.000 Flüchtlinge sollen demnach im Rahmen eines EU-weiten Resettlement-Programmes unter den EU-Staaten verteilt werden. "Wir wollen die Worte der Solidarität in Taten umwandeln", sagte Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans am Mittwoch bei der Vorstellung der sogenannten EU-Migrationsagenda in Brüssel.
Ende Mai plant die EU-Kommission demnach, erstmals einen Notfallmechanismus nach Artikel 78(3) des EU-Vertrags zu aktivieren. Dazu will die EU-Kommission eben den "temporären Verteilungsschlüssel" für Schutzbedürftige vorschlagen. Einen Entwurf für ein permanentes EU-System zur Aufteilung von Schutzbedürftigen im Notfall will die EU-Kommission bis Jahresende vorlegen.
Faymann erklärte schon im Vorfeld, er werbe  sehr darum, das Dublin-Prinzip um die Quote "zu ergänzen". Die sogenannte Dublin-II-Verordnung legt fest, dass jenes Land für den Flüchtling zuständig ist, in das er in die EU eingereist ist.

"Müssen solidarischer sein"

"Wir müssen untereinander solidarischer sein", begründete auch EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker nun den Flüchtlingsplan. Juncker erklärte, derzeit würden Länder wie Schweden und Deutschland die meisten Asylbewerber aufnehmen. Die EU müsse diesbezüglich solidarischer werden, auch gegenüber Malta und Griechenland, wo die meisten Mittelmeer-Flüchtlinge ankommen.
Auch Österreich müsste wohl weniger Flüchtlinge aufnehmen als es das bisher getan hat. Doch nicht nur Großbritannien auch Irland, Dänemark und mehrere Staaten aus dem östlichen Mitteleuropa sind gegen eine verbindliche Quote. Die Vorschläge können nur Gesetz werden, wenn die EU-Staaten mehrheitlich zustimmen.
Allerdings haben Großbritannien und Irland die Möglichkeit, ihre Beteiligung auch dann noch zu verweigern. Beide hätten das Rechtb bei Themen, die Justiz und Innere Angelegenheiten betreffen, binnen drei Monaten zu entscheiden, ob sie teilnehmen wollen oder nicht, teilte eine Kommissionssprecherin in Brüssel gestern mit. Dänemark sei überhaupt von dem Bereich ausgenommen.
(APA)





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