Montag, 20. April 2015

Wahlkampf in Wien


Im aufkeimenden Wiener Wahlkampf häufen sich die potenziell schädlichen Sager des amtierenden Bürgermeisters Michael Häupl. Rund um die Bekanntgabe des Wahltermins, bei der verhinderten Änderung des Wahlrechts oder mit abfälligen Bemerkungen in Richtung Finanzminister ging er nicht gerade auf Stimmenfang bei Unentschlossenen.

Seine jüngste Abrechnung mit der Lehrerschaft ist differenzierter zu bewerten. Der Bürgermeister hatte gemeint, dass er bei einer Arbeitszeit in Höhe der Lehrverpflichtung von 22 Stunden pro Woche schon Dienstagmittag Schluss machen könnte. Die Verbalinjurie saß, und Häupl hatte zumindest von den schädlichen Debatten um Rot-Grün und die Machtfrage in Wien abgelenkt. Der Bürgermeister hat sich wohl bewusst eine in der Öffentlichkeit nicht gerade hoch angesehene Gruppe als Feindbild gesucht. Das ist übliche politische Praxis, auch wenn sie populistisch und inhaltlich unfair sein mag. Allzu häufig aber funktioniert sie.

Häupl geht es auch um die Rückgewinnung der Stammtischhoheit. Daher stößt er eine überschaubar große – und so nebenbei von der ÖVP dominierte – Zielgruppe vor den Kopf, um Ressentiments in breiteren Bevölkerungsschichten zu bedienen. Das Problem ist, dass Häupl diese Vorgangsweise oft zu Recht der FPÖ und HC Strache vorgeworfen hat. Selbst bei der am Wochenende erfolgten „Entschuldigung“ für den Sager imitierte Häupl die Blauen: Ein echtes „Verzeihung“ kam ihm nicht über die Lippen.

Für HC Häupl ist der Auftakt zum Wahlkampf so zur Gratwanderung geworden. Einerseits hat er seine gute Beziehung zur Gewerkschaft insgesamt auf die Probe gestellt und Methoden der FPÖ kopiert. Andererseits kann das Lehrer-Bashing zur gewünschten Emotionalisierung beitragen.Dass der Wahlkampfmotor der SPÖ trotzdem nicht rund läuft, zeigt ein Grundsatzfehler im Statement Häupls: Die Lehrerarbeitszeit mit seiner eigenen zu vergleichen, ist wenig prickelnd. Wenn er schon tief in die Kiste greift, hätte der die Lehrverpflichtung mit der Arbeitszeit eines Hacklers vergleichen sollen. Der wäre wohl erst Mittwoch fertig gewesen, aber das Beispiel hätte besser auf die erwünschten Zielgruppen gepasst. Häupl hat vergessen, dass Politiker in der Bevölkerung noch schlechter angeschrieben sind als die Lehrerschaft.

Von Thomas Hofer




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