Noch wird die SPÖ als dominierende Kraft in Wien gesehen - und
Michael Häupl würde eine Bürgermeister-Direktwahl wohl gewinnen. Aber der
Zuspruch sinkt. Mehr als ein Fünftel sieht SPÖ und Grüne gleich stark.
Wien - Die SPÖ dominiert
- Koalition hin, Koalition her - weiterhin die Themen der Wiener Stadtpolitik.
Auf die Frage "Wenn Sie sich so anhören, über welche politischen Themen in
Wien gesprochen wird: Welche Parteien geben da Ihrer Meinung nach am ehesten
die Themen in der Landespolitik vor?" nennen 47 Prozent die SPÖ, 17
Prozent die FPÖ, zwölf Prozent die
Grünen, sieben Prozent die ÖVP und
zwei Prozent die Neos.
Das ergibt eine aktuelle Umfrage des Linzer Market-Instituts, für
die 404 Wiener Wahlberechtigte befragt wurden. Diese Umfrage ermöglicht auch
einen bemerkenswerten Zeitvergleich: Im August 2010, im Vorfeld der jüngsten
Landtagswahl, nannten 55 Prozent die SPÖ als Partei mit der Themenführerschaft
- im September 2011, ein Jahr nach der Wahl, waren es 59 Prozent.
Die FPÖ hat im August 2010 mit sieben Prozent schwach gestartet,
über die Wahl hinaus aber ein Niveau von 17 bis 19 Prozent halten können. Die
Grünen - mit zwei Prozent im August 2010 sehr schwach und im September des
Folgejahres als Juniorpartner der Landesregierung auch erst auf vier Prozent -
haben sich am stärksten auf zwölf Prozent verbessern können. Die ÖVP ist für
ihre Verhältnisse relativ stark präsent, in den Vergleichsumfragen lag sie bei
vier bis fünf Prozent.
ÖVP und Grüne mit vielen Zweitnennungen
Meinungsforscher David Pfarrhofer weist aber darauf hin, dass die
ÖVP und die Grünen noch relativ viele Zweitnennungen bekommen, stets mehr als
die FPÖ: "Wer die FPÖ als inhaltlich dominierend sieht, der nennt sie
gleich, wer andere Parteien als inhaltlich präsent empfindet, beachtet
tendenziell die Argumente der anderen Parteien auch mehr."
DER STANDARD ließ weiterfragen: "In Wien gibt es ja derzeit
eine rot-grüne Regierung. Welche Partei setzt sich da Ihrer Meinung nach eher
durch, die SPÖ oder die Grünen oder sind beide etwa gleich stark?" Darauf
nannten 54 Prozent die SPÖ, 18 Prozent die Grünen und 22 Prozent sagten, die
beiden Parteien seien etwa gleich stark.
Häupl drückt Stadt Stempel auf
Pfarrhofer: "Man sieht deutlich, dass in den Augen der Wiener
der Bürgermeister Häupl mit seiner SPÖ der Stadt den Stempel aufdrückt -
allerdings haben die Grünen in den Jahren ihrer Regierungsbeteiligung klar an
Profil gewonnen. Wir haben dieselbe Frage im Herbst 2011 gestellt, als die
Stadtregierung etwa ein Jahr im Amt war. Und damals wurde die Stärke der SPÖ
als geradezu erdrückend empfunden. Damals haben 82 Prozent die SPÖ als
dominierende Kraft gesehen, nur drei Prozent die Grünen. Man muss also betonen,
dass den Grünen die Regierungsbeteiligung durchaus Anerkennung gebracht
hat."
Eine genauere Analyse der Daten zeigt auch, dass es vor allem
ältere Befragte sind, die die SPÖ als dominierend empfinden - und das passiere
vielleicht auch aus einer langjährigen, über die zu Ende gehende
Legislaturperiode zurückreichenden Erfahrung. Jungwähler erleben in deutlich
höherem Maß als andere Befragte die beiden Koalitionspartner als gleich stark.
Strahlkraft verblasst
Auf den ersten Blick wirkt auch der Vorsprung beruhigend, den
Amtsinhaber Michael Häupl bei der - fiktiven - Bürgermeister- Direktwahl hat:
29 Prozent nennen ihn sofort, auf Nachfrage bei den Unentschlossenen kommen
noch einmal sechs Prozent dazu. Herausforderer Heinz-Christian Strache kommt
vergleichsweise nur auf 20 Prozent Erstnennungen und zwei Prozent, die ihn
sozusagen für das geringste Übel halten, betont Pfarrhofer.
Aber man müsse auch hier den Zeitvergleich sehen: Im Vorfeld der
Wahl 2010 war Häupl derartig unumstritten, dass ihn 48 Prozent direkt gewählt
hätten, Strache nur sieben Prozent und Maria Vassilakou fünf. Jetzt kommen
Strache auf kumuliert 22 und Vasilakou auf 13 Prozent, ÖVP-Landeschef Manfred
Juraczka auf sechs und Neos Spitzenfrau Beate Meinl-Reisinger auf zwei Prozent.
(Conrad Seidl, DER STANDARD, 13.4.2015)
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