Öffentliche Hand braucht Spielräume für Investitionen –Soziale Frage muss bei technischer und gesellschaftlicher Entwicklung im Mittelpunkt stehen
Wien (OTS/SK) - Wiens Bürgermeister Michael Häupl hat in seinem Referat bei der Klubtagung des SPÖ-Parlamentsklubs im Museumsquartier in Wien betont, wie notwendig die Schaffung von Spielräumen für Investitionen ist: "Wir kommen aus der Krise nur durch Wirtschaftswachstum heraus". Dafür sei es wichtig, die Nachfrage zu stärken und öffentliche und private Investitionen anzukurbeln. Bei der Frühjahrstagung, bei der die Themen "Industrie 4.0 - Auswirkungen auf Arbeitswelt und Wirtschaft" und "Generation Y - Zwischen Anspruch und Wirklichkeit" diskutiert werden, hob der Bürgermeister außerdem hervor, wie wichtig es ist, die Debatte um technische und gesellschaftliche Entwicklungen breit zu diskutieren. "Die dialektische Beziehung zwischen Ökonomie, Technologienentwicklung und gesellschaftlicher Entwicklung inkludiert natürlich die soziale Frage", betonte Häupl. ****
Wir unterstützen Michael Häupl gerne in seinem bekundeten
Arbeitswillen, indem wir ihn an einige der wirklich wichtigen
Themen erinnern, um die sich ein arbeitender Bürgermeister
eigentlich mit aller Kraft kümmern müsste. Die da etwa sind:
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Dass Wien im Verhältnis zu anderen europäischen Metropolen eine viel zu große Beamtenanzahl hat (wobei noch dazu anderswo meist auch Polizisten als städtische Beamte zählen, während sie in Österreich ja Bundesbeamte sind);
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Dass Wiens Beamte viel länger im Krankenstand sind und früher in Pension gehen als in den anderen Bundesländern (die Wiener Landeslehrer feiern ja weit mehr als doppelt so lang „krank“ wie jene in Tirol);
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Dass Wiens Beamte weit höhere Bezüge und Pensionen haben als sämtliche anderen Landes- und Bundesbeamten in Österreich;
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Dass Wien sieben Mal so viel für die Bestechung von Zeitungen ausgibt wie das nächst-verschwenderische Bundesland;
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Dass (apropos Korruption) bei den Inseraten und Kooperationen der SPÖ-eigene Echo-Verlag mehr bekommt als sogar die Linksblätter „Standard“ oder „Falter“;
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Dass in Wien Amtsgebäude – etwa etliche Bezirksvertretungen – so renovierungsbedürftig und verwahrlost aussehen, wie es bei allen anderen Bauten nur in der Kriegs- und Nachkriegszeit gewesen ist;
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Dass die Gemeinde Hochhausprojekte im schönsten und auch touristisch wichtigen Jugendstilviertel beim Konzerthaus errichten lässt (wo sich dann weitgehend nur russische und ukrainische Oligarchen Wohnungen leisten können);
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Dass die Rathauspläne schon fertig sind, nun auch auch die Ringstraße architektonisch für die gewinnbringende Spekulation auf Kosten der Schönheit der Stadt zu öffnen;
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Dass die alten Heurigenvororte wie auch das prachtvolle Steinhof-Ensemble brutal zerstört werden;
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Dass die Wiener SPÖ in den hundert Jahren, da sie alle demokratischen Wahlen gewonnen hat, die Stadt durch keine einzige architektonische oder kulturelle Attraktion bereichert hat, und dass selbst die Werbefilme der Gemeinde nur das katholische und das kaiserliche (heute vom Bund erhaltene) Wien herzeigen können; dass also die Rathauswerber selbst keine „Highlights“ des SPÖ-Wirkens entdecken können;
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Dass Wien eine Gesundheitsstadträtin hat, die ihre eigenen Milchmädchenrechnungen auch noch zu glauben scheint, denen zufolge die Wiener Spitäler Hunderte Ärzte weniger brauchen, wenn die Mediziner dort viel weniger lang arbeiten (dürfen);
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Dass Autofahrer jetzt auch schon in dreispurigen Durchzugsstraßen durch „Tempo 30“ und die damit unweigerlich folgenden Strafmandate gequält werden;
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Dass eine Stunde Parken im Stadtzentrum absurderweise genauso viel kostet wie am Wilhelminenberg;
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Dass wohl in keiner Stadt Radfahrer so ungehindert undiszipliniert fahren können wie in Wien;
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Dass in Wien die Arbeitslosigkeit mit 13,6 Prozent so hoch ist wie nirgendwo sonst in Österreich und sogar mehr als doppelt so hoch wie in den besten vier Bundesländern;
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Dass in Wien 60 Prozent aller
„Mindestsicherungs“-Bezieher Österreichs leben, was entweder
einen verbrecherischen Missbrauch mit Steuergeldern beweist oder
eine dramatische Verarmung breiter Schichten.
Nach jahrelangem Versagen, die Wiener Wirtschaft betreffend, scheint Bürgermeister Häupl nun doch endlich begriffen zu haben, dass es ohne Investitionen kein Vorankommen geben wird. Es muss endlich wieder in die Wirtschaft investiert werden, um Wien wieder als Wirtschaftsstandort zu etablieren. Angesichts der erschreckend hohen Kürzungen bei Wirtschaftsinvestitionen in den vergangenen Jahren, steht zu befürchten, dass Häupls Aussagen nicht mehr als Lippenbekenntnisse im Hinblick auf die kommende Wien-Wahl sind. Das Budget wird 2015 um 409 Mio. Euro, die Investitionen im nächsten Jahr werden aber um 3 Mio. Euro gekürzt. Seit dem Amtsantritt von Rot-Grün sind die Investitionen der Stadt um mehr als 10 Prozent gekürzt worden. Dies spiegelt sich in der sinkenden Investitionsquote wider. So ist der Anteil der kommunalen Investitionen unter SPÖ und Grünen von 15,1 Prozent (2010) auf 13,5 Prozent (2015) zurückgefahren worden.
Damit jedoch nicht genug: Auch die Wirtschaftsförderung ist in der aktuellen Legislaturperiode laufend gekürzt worden. Im letzten Voranschlag für 2015 wurde die Wirtschaftsförderung neuerlich um 2 Mio. Euro auf mittlerweile nur mehr 72 Mio. Euro gesenkt. Beim Amtsantritt von Rot-Grün aus dem Budget 2010 hat die Wirtschaftsförderung noch 117 Mio. Euro betragen.
Die Fragen, die bei der Klubtagung diskutiert werden, betreffen auch aus Sicht der Städte und Gemeinden wichtige Punkte, sagte der Bürgermeister. So sei es wichtig, die Haushalte in Ordnung zu halten. Gleichzeitig müsse aber dafür gesorgt werden, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln und dabei die soziale Komponente zu berücksichtigen. Die Auseinandersetzung mit technischer und gesellschaftlicher Entwicklung sei in der Sozialdemokratie schon immer intensiv geführt worden. Wesentlich sei, dass Lösungen gefunden werden "die nach vorne weisen." In Wien werde über dieses Spannungsverhältnis vor allem unter dem Thema "Smart Cities" vielschichtig diskutiert, berichtete Häupl. Dabei gehe es nicht nur um die großen Herausforderungen wie Zuwanderung und Wohnbau, sondern darum, "wie man das Gesamtkunstwerk Stadt fortschreibt" und alle Komponenten einbezieht von Bildung, über Verkehr bis hin zur Kultur. "Bei der Entwicklung von Smart Cities geht es nicht nur um intelligente Verkehrssysteme, sondern vor allem auch um Fragen der Verteilungsgerechtigkeit", betonte Häupl.
Um aus der Krise herauszukommen, sei ein Wachstum von rund 2,5 Prozent notwendig. "Die Nachfrage zu stärken, hat bereits gut funktioniert", sagte Häupl in Bezug auf die größte Steuerentlastung der 2. Republik. "Fünf Milliarden Euro können in den privaten Konsum fließen." Für die Gegenfinanzierung sei die Bekämpfung von Steuerbetrug, etwa durch die Einführung der Registrierkassenpflicht, wichtig. "Zu dieser Maßnahme stehe ich. Das ist begründet und hat seinen Sinn", betonte Häupl, der kein Verständnis dafür äußerte, dass viele Gastronomie-und Tourismusbetriebe dagegen protestierten.
Neben der Stärkung der Kaufkraft müssten jedoch noch andere Aufgaben erfüllt werden, betonte Häupl. Es müssten Lösungen gegen die kalte Progression gefunden, strukturelle Fragen beantwortet und vor allem Spielräume für Investitionen geschaffen werden. In eine Situation wie in Griechenland, "wo man sich zischen Demokratie oder Troika entscheiden muss", dürfe man in Österreich keinesfalls kommen. Private Förderungen wie die betriebliche Forschungsförderung hält Häupl für vernünftig. Doch auch "die öffentliche Hand braucht Geld für Investitionen." Wien habe in den letzten Jahren Milliarden Euro in die Entwicklung der Stadt investiert, etwa in die Spitalsreform oder die Sanierung von Schulgebäuden. Solche Investitionen seien finanzierbar, "müssen aber erlaubt sein". Wie es ermöglicht werden kann, öffentliche Investitionen zu tätigen, sei eine wichtige Frage, die in die Überlegungen zum Stabilitätspakt mit einbezogen werden müssen, machte Häupl deutlich.
Diese Frage sei auch wichtig vor dem Hintergrund des Finanzausgleichs, der im nächsten Jahr zu verhandeln sei. Viele Aufgaben der öffentlichen Hand werden auf Länder, Gemeinden und Bezirke verteilt, das Geld sollte "den Aufgaben folgen", nicht rein pro Kopf verteilt werden. "Städte, Länder und Gemeinden haben ihre Aufgaben, dem soll der Finanzausgleich Rechnung tragen", so der Wiener Bürgermeister.
Zum Thema Wohnen, betonte Häupl, dass 62 Prozent der Wienerinnen und Wiener in geförderten Wohnungen leben, das sei "einzigartig in Europa". Man habe aber auch allen anderen Menschen gegenüber Verantwortung, "dass Wohnen leistbar bleibt." Wien unterstützt daher das Konzept der Mietervereinigung, das unter anderem Obergrenzen bei Zuschlägen, etwa beim Lagezuschlag, fordert. "Hier Obergrenzen einzuführen ist ein primäres Anliegen der Städte und Gemeinden", sagte Häupl. (Forts.) sc/ve
Häupl-Sager, wie immer: Wenn ich nicht mehr situativ reagieren darf, dann geh’ ich lieber Rosen züchten im Garten meiner Frau.
Das wäre für ihn und für uns allerdings eine recht interessante Alternative.
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