Machtbewusst,
polternd, leutselig – so stellt sich der Österreicher einen Landeshauptmann
vor. Ob Häupl, Pröll oder Voves – sie alle erfüllen diese Erwartungen. Doch es
zeichnet sich ein Wechsel im Rollenbild ab.
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Menschen,
die Michael Häupl noch aus Studententagen und von seinen politischen Anfängen
her kennen, waren dann doch einigermaßen verwundert, als ihnen auf einmal der
„Fiaker“ in Gestalt des Wiener Bürgermeisters gegenübertrat. Dem Essen und
Trinken war er zwar schon in jungen Jahren durchaus zugetan, sonst hatte er mit
der Figur, die er nun verkörperte, aber relativ wenig gemein. Michael Häupl war
eher ein feinsinniger Intellektueller, er las viel, auch theoretisch-politische
Literatur, und studierte – für einen späteren Politiker auch eher ungewöhnlich
– Biologie.
Helmut Zilk dürfte dann erkannt haben, dass in Michael Häupl doch
populistisches Potenzial schlummert. Und machte ihn zu seinem Nachfolger als
Wiener Bürgermeister. Michael Häupl wurde zu Michael Häupl, wie wir ihn kennen.
Ein Machtpolitiker, polternd, leutselig, eigensinnig.
Ein idealtypischer Vertreter seiner Zunft also. Wie Erwin Pröll. Wie Franz
Voves. Wie Josef Pühringer. Wie Hans Niessl. Wer in einem österreichischen
Bundesland Landeshauptmann ist, und damit einer der mächtigsten Politiker des
Landes, spielt eben auch eine Rolle. Es gibt eine bestimmte Erwartungshaltung,
die sowohl der Bevölkerung als auch dem Amtsträger selbst so naturgegeben
vorkommt, dass es keine Alternative zu geben scheint. Je länger ein
Landeshauptmann im Amt ist, desto vollkommener erfüllt er diese.
Bezeichnend ist, dass jene, die noch relativ frisch in dieser Position
sind, wie der Vorarlberger Markus Wallner und der Kärntner Peter Kaiser, doch
ein wenig vom altbekannten Schema abweichen. Möglicherweise zieht der
Generationenwechsel auch ein anderes Rollenverständnis nach sich.
„Die Herrschaft des alten, starken Mannes ist ein Auslaufmodell“, meint
auch die langjährige Präsidentin des Verbandes für Psychotherapie Eva
Mückstein, heute Gesundheitssprecherin der Grünen. Führungs- und Machtspiele
seien für junge Menschen nicht mehr ansprechend, zumal sie im Widerspruch zu
deren Lebensstil stünden: „Die Jungen sind heute eher liberal, offen,
teamorientiert, an Mitbestimmung interessiert.“ Und deshalb habe auch die einst
sakrosankte Autorität des Landeshauptmanns Risse bekommen.
Noch aber geben die Patriarchen den Ton an. Erwin Pröll regiert in
Niederösterreich mit absoluter Mehrheit. Josef Pühringer und Hans Niessl sind
in Oberösterreich bzw. im Burgenland nah dran. Michael Häupl hält in Wien immer
noch bei 44 Prozent, Franz Voves in der Steiermark bei 38. Von solchen Ergebnissen
können Bundespolitiker wie Werner Faymann und Reinhold Mitterlehner nur noch
träumen.
Noch einmal, vermutlich ein letztes Mal, würde diese Generation bei
Landtagswahlen gut abschneiden, prognostiziert der frühere Salzburger
ÖVP-Landeshauptmann Franz Schausberger, der selbst Teil davon ist. Wer lange im
Amt sei und politische Erfolge vorweisen könne, dem lasse der Wähler mehr
durchgehen. Vielleicht auch aus einem Sicherheits- und Schutzbedürfnis heraus.
Aber die nächste Generation, meint Schausberger, werde nicht auf dieselbe Weise
regieren können.
In Vorarlberg und Kärnten ist der neue Stil bereits spürbar. Markus Wallner
und Peter Kaiser sind kooperativer als ihre Vorgänger. Und inhaltlich offener.
Vor allem Kaiser muss das Amt anders anlegen, wenn nicht neu erfinden, um sich
von Jörg Haider abzugrenzen.
In diese Reihe passt eigentlich auch der Salzburger Landeshauptmann
Wilfried Haslauer, der nie ein großer Polterer war. Er ist vielmehr ein
intellektueller Pragmatiker. Ein „Stådinger“, wie man in Salzburg sagt. Also
einer aus der Stadt, aus dem urbanen Bürgertum, keiner, der mit den Bauern auf
dem Land auf Augenhöhe verkehrt.
Einmal im Jahr macht allerdings auch Haslauer einen auf Franz Josef Strauß:
Beim „Rupertitreffen“ in der Stiegl-Brauerei zieht er dann vom Leder.
Allerdings war Haslauer als Salzburger Oppositionschef weit schärfer als jetzt.
2013 richtete er seiner Partei in Wien aus, sie möge nicht mehr in eine
Koalition mit der SPÖ gehen. Noch deftiger gab er es 2011: „Das destruktive
Element dieser Bundesregierung hat einen Namen, und es heißt Werner Faymann.“
Dieser sei ein „Kunstprodukt, geklont von seinen Beratern, politisch blutleer“.
Mittlerweile gibt sich Haslauer staatstragender.
Polterer Pühringer. Von den meisten seiner Amtskollegen lässt sich das nicht unbedingt behaupten. Sie wurden mit Fortdauer der Amtszeit selbstsicherer und deshalb lauter, aber auch weniger kritikfähig. Josef Pühringer, der heuer sein 20. Landeshauptmann-Jubiläum feiert, steht nach einhelliger ÖVP-Meinung nicht auf derselben Patriarchenstufe wie Erwin Pröll, der noch länger, seit 1992, im Amt ist. Aber auch Pühringer ist mit den Jahren unduldsamer geworden. „Wenn ihr das macht, hau ich euch in die Pfanne, dass das Fett spritzt“, drohte er vor einigen Wochen den Spitalsärzten, die während der Gehaltsverhandlungen mit dem Land keine Überstunden mehr machen wollten.
Polterer Pühringer. Von den meisten seiner Amtskollegen lässt sich das nicht unbedingt behaupten. Sie wurden mit Fortdauer der Amtszeit selbstsicherer und deshalb lauter, aber auch weniger kritikfähig. Josef Pühringer, der heuer sein 20. Landeshauptmann-Jubiläum feiert, steht nach einhelliger ÖVP-Meinung nicht auf derselben Patriarchenstufe wie Erwin Pröll, der noch länger, seit 1992, im Amt ist. Aber auch Pühringer ist mit den Jahren unduldsamer geworden. „Wenn ihr das macht, hau ich euch in die Pfanne, dass das Fett spritzt“, drohte er vor einigen Wochen den Spitalsärzten, die während der Gehaltsverhandlungen mit dem Land keine Überstunden mehr machen wollten.
Von Hans Niessl sind ähnliche Wutausbrüche überliefert. Auch der
Burgenländer, seit bald 15 Jahren Landeschef, hat sich verändert, ist
machtbewusster geworden. „Erfolgreiche Landeshauptleute erwerben durch die
Wahlergebnisse eine Stellung als Primissimus inter Pares, die das Amt nicht per
se beinhaltet“, sagt die Universitätsprofessorin Irene Etzersdorfer, eine
Expertin für Political Leadership. Anders gesagt: Mit einer absoluten Mehrheit
im Rücken entscheidet man vielleicht chefmäßiger als der Kollege, der nur 30
oder 25 Prozent hat. Das könne auch zu antidemokratischen Tendenzen in der
Amtsführung führen.
Wie Machterhalt funktioniert, muss man den meisten Landeshauptleuten nicht
erklären. Populistische Töne und/oder die Vereinnahmung der Landesmedien sind
in etlichen Bundesländern part of the game. Rückschlüsse auf die
Persönlichkeitsstruktur des Landeshauptmanns ließen sich deshalb aber noch
nicht ziehen, erklärt Etzersdorfer. „Vielleicht gibt es da und dort einen
narzisstischen Wesenszug, weil man sich die Strapazen dieses Amtes und die
Entfremdung von einem selbstbestimmten Leben sonst nicht antun würde. Aber das
heißt nicht, dass alle so sind.“ Außerdem seien Ferndiagnosen schwierig.
Neuer Stil. Jedenfalls wurde die Generation Häupl/Pröll noch anders und durchaus patriarchalisch sozialisiert. Als er in die Politik gekommen sei, habe es keine Debatten über Emanzipation und Minderheitenpolitik gegeben, erinnert sich Schausberger. „Das war für uns neu.“
Neuer Stil. Jedenfalls wurde die Generation Häupl/Pröll noch anders und durchaus patriarchalisch sozialisiert. Als er in die Politik gekommen sei, habe es keine Debatten über Emanzipation und Minderheitenpolitik gegeben, erinnert sich Schausberger. „Das war für uns neu.“
Im Gegensatz zu ihren Vorgängern muten die heutigen
Landeshauptleute daher fast schon antiautoritär an. Verglichen mit Eduard
Wallnöfer, Tiroler Landeshauptmann von 1963 bis 1987, ist Günther Platter
nachgerade still und sanft. Und im Vergleich zu Theodor Kery, der das
Burgenland von 1966 bis 1987 regiert hat, wirkt Hans Niessl, der in der SPÖ
nicht gerade zum linken Flügel zählt, wie ein bescheidener, feministisch
gesinnter Gutmensch.
Es
gibt wenig, was Menschen ratloser und grantiger macht als widersprüchliche
Botschaften. Doch genau diese sendet Maria Vassilakou permanent aus: Einerseits
will sie um jeden Preis weiterregieren, andererseits lässt sie keine
Gelegenheit aus, dem Herrn Häupl (die Bürgermeisteranrede verwehrt sie ihm
derzeit) ihre moralische Entrüstung vor die Füße zu spucken.
Das
Ziel der Hart/Weich-Strategie, die die Grünen beim Wahlrecht schon länger
fahren, ist klar: Man will in der Partei und der Wählerschaft sowohl jene
zufrieden stellen, die in der Koalitionen bleiben wollen, als auch jene, die
gehen wollen. Doch die empört zitternde Duldungsstarre verstört beide. Die
Grünen wirken weder wie kühle Machtpragmatiker noch wie aufrechte Rebellen.
Sondern eher wie eine Kreuzung aus Rumpelstilzchen und Sesselkleber. Wütend,
aber harmlos. Und so könnte Vassilakou das Schicksal ereilen, das sie
eigentlich der SPÖ (die mit ihrer Njet-Botschaft immerhin konsistent war)
prophezeit hat: Der Wahlrechtsstreit könnte der Glaubwürdigkeit der Grünen
nachhaltig schaden.
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