Werner
Faymann - ein Bundeskanzler auf Abruf? Diese Frage beschäftigt
Österreich nicht erst, seit Faymanns SPÖ im Burgenland vor wenigen
Tagen überraschend eine Koalition mit der rechtspopulistischen FPÖ
einging und der Kanzler als Umfaller dasteht. Denn ein
Parteitagsbeschluss der Sozialdemokraten legte bisher klar fest, dass
die SPÖ auf keiner politischen Ebene mit den Rechten koalieren
werde. Faymann kann an der Zusammenarbeit im Burgenland gleichwohl
nichts Schlimmes finden. Er habe "die Leute nicht belogen",
sagt er, was die Kritiker einer Koalition mit der
ausländerfeindlichen FPÖ in der SPÖ naturgemäß anders sehen.
"Wie
lange noch?", fragt daher die Zeitschrift Profil in
ihrer aktuellen Ausgabe, und lässt im Internet schon mal darüber
abstimmen, ob der Kanzler zurücktreten solle. Der freilich gibt sich
gelassen. Eine Krisensitzung des Parteipräsidiums, die für den
Montagabend einberufen wurde, fürchte er nicht, sagte Faymann, da
gehe es nicht um ihn, "keine Sorge".
"Werner
Faymann, wach auf. Wir brauchen mehr PS auf der Straße. Denn wenn
sich nichts am Führungsstil ändert, wird man innerhalb der ÖVP die
Koalition hinterfragen müssen."
Dass
es der Partei an Führung und Faymann an Charisma fehle, ist jedoch
ein Thema, das prominente Sozialdemokraten seit Monaten offen
diskutieren. Im Frühjahr sah es kurze Zeit sogar so aus, als würde
ein Nachfolger für den Politiker gesucht, der
seit 2008 Bundeskanzler ist. Aber dann ebbte die Debatte
wieder ab. Fehlende Führungsqualitäten hin oder her - die Partei
habe keine überzeugende personelle Alternative, hieß es, man müsse
das Wahljahr abwarten.
Nun
aber steht Faymann wieder massiv in der innerparteilichen Kritik,
dabei sind erst zwei von vier Wahlschlachten des Jahres 2015 in
den Bundesländern verloren. In der Steiermark büßte die SPÖ
jüngst neun Prozentpunkte ein und landete fast gleichauf mit der
Volkspartei und der FPÖ. Im Burgenland verlor die SPÖ sechs Punkte.
Die Antwort in Eisenstadt war Rot-Blau, und seither steht die
Partei Kopf.
Faymann
hat allerdings schon einige kritische Phasen in seiner Karriere
überstanden, die er als Geschäftsführer der Wiener
Mietervereinigung begann, bevor er Wohnungsbau-Stadtrat in der
Hauptstadt und schließlich Infrastrukturminister wurde. So wurde
von 2011 an gegen den Kanzler wegen Untreue und
Amtsmissbrauchs ermittelt, weil er in seiner Zeit als Minister
Staatsunternehmen zu Inseraten in Boulevardzeitungen angehalten haben
soll, die dann wiederum positiv über Faymann berichteten; die
Ermittlungen wurden eingestellt. 2012 wurde bekannt, dass
sein Lebenslauf ein Studium der Rechtswissenschaften auswies, obwohl
der Wiener nie eine einzige Juraprüfung abgelegt hatte.
Der
55-Jährige gilt als bekennender Pragmatiker mit Faible für soziale
Fragen und Verteilungsgerechtigkeit, also eher als SPÖ-Linker. Umso
verwirrter sind nun viele Sozialdemokraten, dass Faymann die
Rechtspopulisten zwar als "Hetzer" bezeichnet, seinen
Parteifreuden auf Landesebene aber Koalitionen mit der FPÖ
freistellen will.
"Werner
Faymann muss weg", brachte es Politikberater Thomas Hofer bei
der Pressestunde mit "Kleine Zeitung"-Redakteur Ernst
Sittinger beim Medien.Mittelpunkt.Ausseerland auf den Punkt. Hofer
ist überzeugt, "dass es in der SPÖ einen Big Bang noch vor den
Wien- und Oberösterreich-Wahlen" braucht. Und er prophezeit
einen Kanzlerwechsel.
Die
ehemalige SPÖ-Abgeordnete Sonja Ablinger tritt aus der Partei aus.
Als Grund nannte sie unter anderem die Koalition von SPÖ und FPÖ im
Burgenland, berichtete der "Kurier". Ablinger hatte in
einem parteiinternen Konflikt um das nach dem Tod von
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer frei gewordene Mandat
gegenüber dem Gewerkschafter Walter Schopf das Nachsehen.
"Für
mich ist eine Grenze erreicht. Es geht nicht mehr", sagte
Ablinger. Ein leichter sei der Parteiaustritt nicht, aber angesichts
dessen, wohin sich die SPÖ entwickelt habe, sei er aber unabdingbar.
Schon dass der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ)
angekündigt hatte, mit der Landes-FPÖ über eine Koalition zu
verhandeln, hat Ablinger laut eigener Aussage "erschüttert".
Kritik übte die ehemalige Abgeordnete auch an Bundeskanzler Faymann
(SPÖ) wegen seiner "zurückhaltenden Reaktion".
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