Wiens Politik der heißen Luft ist gescheitert
Wien
(OTS) - Die
Debatte zum Wiener Rechnungsabschluss 2014 ist am Montag im
Gemeinderat ganz im Zeichen des beginnenden Wahlkampfs für den
Urnengang im Oktober gestanden. Nicht nur die Neos machten
sich auf der Galerie aktionistisch bemerkbar, auch Finanzstadträtin
Renate Brauner (SPÖ)
sorgte für Verärgerung – jedenfalls bei derFPÖ.
als
FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus am Rednerpult ausführte, dass der
Schuldenstand der Stadt seiner Meinung nach hausgemacht sei, griff
die unmittelbar hinter ihm sitzende Ressortchefin zur Lektüre. Sie
schmökerte im "Blaubuch", also jener kürzlich
präsentierten Broschüre, in der die SPÖ mit den Freiheitlichen
abrechnet. Gudenus
zeigte sich erbost: "Das ist eine Ignoranz der Stadträtin, die
heuer abgewählt wird." Brauner zitiere aus Blaubüchern, finde
dies lustig während gleichzeitig die Menschen in Armut versinken
würden. "Das ist Ihnen völlig egal", konstatierte
Gudenus, der in der Debatte prompt einen Misstrauensantrag gegen
Brauner einbrachte.
Eine
kleine Gruppe der Neos machte sich schon zu Beginn der Rede von
Brauner auf den Besucherrängen bemerkbar. Dort ist politischer
Aktionismus per Geschäftsordnung nicht erlaubt, die Pinken
protestierten dennoch lautstark mit einem Transparent, auf dem der
Wiener Wahlkampfslogan "G'scheite Kinder statt g'stopfte
Politiker" zu lesen war.
"Die
Fortführung der Wiener Schuldenpolitik führt die zukünftigen
Generationen an den Abgrund. Wir stehen bereits jetzt finanziell mit
dem Rücken zur Wand, von Konsolidierung ist in den Unterlagen nichts
zu finden. Ganz im Gegenteil: Die Ausgaben für die Politiker werden
immer weiter in die Höhe getrieben, während Bildungs- und
Gesundheitswesen ausgehöhlt werden. Wir müssen jetzt einen neuen
Weg einschlagen, es ist Zeit für eine Veränderung",
appelliert Beate
Meinl-Reisinger, Spitzenkandidatin der NEOS Wien, an die
Finanzstadträtin.
Zehn
Aktivist_Innen der NEOS haben heute während der Budgetrede im Wiener
Rathaus mit einem Transparent auf diese Politik der
Verantwortungslosigkeit aufmerksam gemacht und wurden unsanft aus dem
Gemeinderat entfernt. "Wir kämpfen weiter um einen Wechsel in
der Politik. Wir werden nicht aufhören, diese unverantwortliche
Politik anzuprangern. Die Wienerinnen und Wiener haben es satt, am
Schmäh gehalten zu werden", so Meinl-Reisinger.
Nach Neos-Protest wurde Mitarbeiter der Rathauswache suspendiert.
PR-Veranstaltung
statt Transparenz
Die
Präsentation des Rechnungsabschlusses 2014 wurde zu einer reinen
PR-Veranstaltung, mit Transparenz hat dies jedenfalls nichts zu tun.
"Jetzt wissen wir, warum die Presseabteilung der Stadt Wien
höher dotiert ist als beispielsweise die Sachinvestitionen in
Pflichtschulen und Kindergärten. Die Präsentation des
Rechnungsabschlusses ist eine reine Farce", so Meinl-Reisinger.
So sind
in den Jahren 2009 bis 2013 145 Millionen Euro für Sachinvestitionen
in Pflichtschulen und Kindergärten geflossen, im gleichen Zeitraum
wurden - und das sind nur die offiziellen Angaben -256 Millionen in
Inserate und Kommunikationsarbeit investiert. "Für den
Presseinformationsdienst scheinen die Voranschläge nicht zu gelten.
Hier wird das Budget regelmäßig um Millionen überzogen, während
die Investitionen in die Zukunft unserer Kinder meist unter den
veranschlagten Kosten liegen", ärgert sich die
NEOS-Spitzenkandidatin.
Um diese
Politik der Günstlingswirtschaft weiter zu finanzieren, werden
munter immer neue Schulden gemacht. "Finanzstadträtin Brauner
scheint die Maastricht-Kriterien nicht verstanden zu haben. Wien
‚darf’ nicht 60 Prozent des Bruttoregionalprodukts Fremdmittel
aufnehmen, wie von Brauner behauptet. Das ist die maximale
Gesamtverschuldung für Österreich inklusive aller öffentlichen
Gebietskörperschaften", bekräftigt Meinl-Reisinger. Weiters
gibt die offizielle Darstellung der Schuldensituation nicht das
gesamte Ausmaß wider, es werden Schulden einfach in Unternehmungen
der Stadt Wien, etwa Wiener Wohnen, Stadtwerke und Holding,
abgeschoben: "Die Verschuldung ist mindestens doppelt so hoch
wie von Finanzstadträtin Brauner angegeben. Damit könnten wir Wien
ein gesamtes Jahr nochmals finanzieren. Dieser Raubbau an unseren
Kindern muss ein Ende haben!"
Meinl-Reisinger
kündigt an, den Rechnungsabschluss genauestens prüfen, denn in den
Voranschlägen für 2014 und 2015 wachsen die Ausgaben für die
Gruppe 0, also die Verwaltung der Verwaltung, auf 20 Prozent des
Gesamtbudgets. "Während ein Fünftel der
Pflichtschulabsolventen als Risikoschüler gelten und die
Kulturtechniken wie Lesen, Schreiben und Rechnen nicht beherrschen,
leisten wir uns Politiker, die sich ein Fünftel des Wiener
Gesamtbudgets unter den Nagel reißen." Damit steigen die
Ausgaben dieser reinen Verwaltungseinheit, in der sich die Ausgaben
für den aufgeblähten Landtag, der Parteienförderung und der
Kommunikation finden, überproportional zur jährlichen
Ausgabensteigerung.
Verfehlte
Bildungspolitik gefährdet Standort Wien
In Wien
können etwa 20 Prozent der Pflichtschüler_innen nicht sinnerfassend
lesen, schreiben oder rechnen. Industrie und Gewerbe bieten auch
formal gering Qualifizierten Arbeitsplätze, ihr Anteil an der
Bruttowertschöpfung Wiens hat in den vergangenen 15 Jahren jedoch
von 20 auf 14 Prozent abgenommen. Dieser Rückzug von Industrie und
Gewerbe führt zu einer steigenden Arbeitslosigkeit, denn hochwertige
Dienstleistungen erforderten eine höhere Qualifizierung der
Menschen. "Besonders kritisch ist in Wien die Kombination aus
einem verglichen mit anderen Städten geringen Anteil
Hochqualifizierter und dem hohen Anteil an Bildungsabbrechern und
Risikoschülern. Das ist eine Katastrophe für den
Wirtschaftsstandort Wien, Bildung daher die einzig logische Maßnahme
gegen Arbeitslosigkeit."
Zum
ersten Mal befindet sich im Rechnungsabschluss auch der
Beteiligungsspiegel, der alle direkten Beteiligungen der Stadt Wien
aufzeigt. Außerdem Teil der Abschlusses: der Finanzschuldenbericht
und die Haftungen der Stadt Wien. "Wir werden heute auch über
den KAV, Wiener Wohnen oder Wien Kanal reden. Wien versteckt nichts",
betonte Brauner. Die Opposition hatte im Vorfeld kritisiert, dass die
ausgelagerten Unternehmen der Stadt den Schuldenstand der Stadt
deutlich in die Höhe treiben würden.
"Auch
die in der Budgetrede gepriesene FTI-Strategie der Stadt Wien ist
eine Farce. Versprochen war die Investition von 4 Prozent des
Bruttoregionalprodukts, tatsächlich sank die Forschungsquote bis
2013 auf 3,42 Prozent. Die erklärten Ziele sind das Papier nicht
wert, auf dem sie geschrieben sind", erklärt Meinl-Reisinger.
Die schlechte Bildungsrendite zeigt in Kombination mit der schwachen
Investition in Forschung und Entwicklung die mangelnde
Innovationskraft der Stadt auf. So ist die Zahl der Patentanmeldungen
in Wien auf im Mittel 130 Patentanmeldungen je Million Einwohner
gesunken. Zum Vergleich:
Vorarlberg weist 650 Patentanmeldungen pro Million Einwohner aus.
Vorarlberg weist 650 Patentanmeldungen pro Million Einwohner aus.
"Halten
Sie uns nicht am Schmäh, Frau Brauner! Wir dürfen diesem
politischen Kurs, der Wien und unsere Kinder an den Rand des
finanziellen Abgrunds treibt, nicht weiter tatenlos zusehen. Wien
braucht Veränderung, aber ohne Strache. Wien braucht NEOS",
so Beate
Meinl-Reisinger abschließend.
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