Bürgermeister
Michael Häupl hat die Wien-Wahl auf den spätestmöglichen Termin
gelegt – in der Hoffnung, dass die Umfragewerte steigen. Nach der
Steiermark- und Burgenland-Wahl ist klar: Für die Wiener SPÖ, die
mit Problemen kämpft, kann sich das als Bumerang erweisen.
Die
Wiener Genossen haben sich getäuscht. Schwer getäuscht. Manche
werden Voves nachträglich dankbar sein, dass er die Steiermark-Wahl
vom Herbst auf Mai vorverlegt hat. Damit bleibt Michael Häupl
erspart, im Sog eines SPÖ-Wahldebakels zu wählen. Der
tiefe Einbruch der Freiheitlichen in rote wie auch in schwarze
Kernschichten hat die SPÖ und die ÖVP auch auf Bundesebene kalt
erwischt.
Immerhin
hat es der Wiener Bürgermeister schon schwer genug. Denn die
Ausgangslage für die Wahl am 11.Oktober ist aus Häupls Sicht
sowieso schon schlecht genug: Die Partei kämpft seit einiger Zeit
mit einer Mobilisierungsschwäche. Und die ist so groß, dass Häupl
sich in der Vergangenheit mehr Gedanken um die Schlagkraft seiner
Partei als um die FPÖ gemacht hatte.
Als
gebe es hierzu keine gültige Alternative.
Und die ÖVP und die GRUENEN sehen hierbei einfach zu. Sitzen im
Publikum. Lassen die beiden Akteure einfach agieren.
Dies ist Michael Häupl natürlich nur Recht. Denn: Sonst hätte er seine Macht schon lange verloren.
Diesmal macht er sich allerdings tatsächlich Sorgen. Sorgen um uns FreiDemokraten, die ihm vom Grund auf gesagt haben: Wir sind keine Zuschauer. Wir wollen mitgestalten.
Dies ist Michael Häupl natürlich nur Recht. Denn: Sonst hätte er seine Macht schon lange verloren.
Diesmal macht er sich allerdings tatsächlich Sorgen. Sorgen um uns FreiDemokraten, die ihm vom Grund auf gesagt haben: Wir sind keine Zuschauer. Wir wollen mitgestalten.
Den
beiden Koalitionspartnern im Bund muss man zugutehalten, dass sie –
anders als sonst zumeist üblich – die rot-schwarze Doppelschlappe
nicht als regionalpolitischen Sonderfall abtun, sondern zur großen
Verblüffung sehr wohl einen Bundestrend eingestehen – wenngleich
die Erklärung, die man auftischt, eine viel zu billige ist. „Die
FPÖ hat gepunktet, weil sie so grauslich daherredet“, tönt es so
sinngemäß.
Bürger
beklagten, dass Regierende nichts tun; täten sie etwas, würden sie
abgestraft. Das wird in- und außerhalb von Polit-Zirkeln befundet.
Dazu
hatte der grüne Koalitionspartner mit seinen Projekten (z. B.
Neugestaltung der Mariahilfer Straße, 365-Euro-Jahreskarte) die
gesamte öffentliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen, während die
SPÖ nichts Vergleichbares vorweisen konnte. In der öffentlichen
Wahrnehmung wirkte die SPÖ (neben dem grünen Partner) deshalb oft
uninspiriert und schwerfällig. Und als wäre das nicht genug, flogen
(und fliegen) zwischen Rot und Grün regelmäßig die Fetzen. Es gab
gegenseitig schwere Fouls, die Koalition stand vor dem Ende, die
Streitereien schaden natürlich auch der SPÖ.
Diese
Faktoren schlagen sich massiv auf die Umfragewerte der Wiener SPÖ
nieder. Laut verschiedenen Umfragen rangiert die Partei bei etwa 38
Prozent, nachdem sie 2010 rund 44 Prozent erreicht hatte. Es gab aber
auch schon eine Umfrage, wonach die SPÖ überhaupt nur mehr auf 35
Prozent kommt – weshalb Häupl (in der Hoffnung, dass sich
irgendetwas verbessert) auf Zeit spielte und den spätestmöglichen
Wahltermin nahm, den das Gesetz zuließ. Also den 11. Oktober.
Man
werde im Oktober der „blauen Hetze“ entgegentreten, kündigte
Häupls Parteimanager und Wahlkampfleiter Georg Niedermühlbichler
nun an. Nur: Diese rote Ankündigung gab es bei jeder Wien-Wahl –
mit dem Ergebnis, dass die FPÖ laufend dazugewann. Bei der Wien-Wahl
2010 legte sie um elf Prozentpunkte zu, kam auf rund 26 Prozent. Das
heißt nicht, dass sie ihren Zenit in Wien erreicht hat. Denn:
Einerseits tritt nicht irgendein FPÖ-Statthalter gegen Häupl an,
sondern Heinz-Christian Strache, der auch Wiener Parteichef ist.
Andererseits kennt niemand in der SPÖ ein Rezept gegen den Ansturm
der FPÖ, die nun mit viel Rückenwind segelt. Eine Ausgrenzung der
FPÖ kann Häupl nicht retten – wie die Steiermark-Wahl gezeigt
hat. Beendet die Partei die Ausgrenzung, bringt das Häupl auch
nichts, wie Hans Niessl im Burgenland (er hat mehr als sechs
Prozentpunkte verloren), gezeigt hat. Damit herrscht Ratlosigkeit in
der SPÖ.
In
den vergangenen Monaten hatte Häupl die FPÖ demonstrativ ignoriert
– mit dem Hinweis, man habe sich vorrangig den
Mobilisierungsproblemen zu widmen. Nur: Nach der Steiermark ist alles
anders. Die SPÖ muss sich auf einen Anti-Ausländer-Wahlkampf
einstellen. Oder mit eigenen Ideen Themen setzen, um das blaue
Hauptthema zu überdecken. Nur: Das kann die SPÖ derzeit nicht. Im
angelaufenen Wahlkampf ist von inspirierenden Ideen nichts zu merken.
Vielmehr setzt die Partei auf einen sattsam bekannten Retro-Wahlkampf
für ihre Kernklientel. Man baut wieder Gemeindebauten, es geht um
Arbeitsplätze, Mieten, Einkommen und Klassenkampfrhetorik. Es ist
also ein Aufguss bisheriger SPÖ-Wahlkämpfe.
Dieses
Argument geht doch ins Leere. Im Burgenland gibt es tendenziell das
gleiche Ergebnis – und dort gibt es keine Reformpartnerschaft. Die
Ursachen für die enormen Verluste für Rot und Schwarz lägen nicht
in den beiden Ländern. Die Bundespolitik hat das zu verantworten.
Sie haben lange Zeit gesagt, dass alles in Ordnung sei, dass sie das
Land toll aus der Krise geführt hätten. Leider sind wir aus der
Krise noch lange nicht heraus.
Das
ist so, als würde man erkrankt die Befunde nicht zur Kenntnis
nehmen, um die Therapie zu vermeiden. Als Folge wird die Krankheit
nur heftiger, wodurch sie eine stärkere, schmerzhaftere und
aufwendigere Therapie erforderlich macht.
Stürzt
Michael Häupl, dürfte er auch Faymann mit in den Abgrund reißen.
Seit Faymanns Amtsantritt fuhr die SPÖ bei 16 von 18 Wahlen ein
zuweilen deftiges Minus ein. Es ist erstaunlich, mit welcher
Gelassenheit SPÖ-Chef Faymann stets die Verluste (14 der 18 waren
freilich Landtagswahlen) weggesteckt hat. Doch diesmal entscheidet
eine simple Regionalwahl, Wien, über Faymanns Zukunft.
Etwas
besser geht es dem Vizekanzler: Die letzte Wahl, bei der die
Volkspartei ein Plus zu verzeichnen hatte, ging im Oktober 2009 (!)
über die Bühne. Seit damals wurde der Obmann bereits zweimal
ausgetauscht. Mitterlehner sitzt fest im Sattel, will aber seinem
oberösterreichischen Landsmann Josef Pühringer, der Ende September
Wahlen zu schlagen hat, unter keinen Umständen die Suppe versalzen.
Damit
steht im Raum: Die SPÖ könnte am 11. Oktober so stark verlieren,
dass sich eine Zweierkoalition nur mehr mit der FPÖ ausgeht. Doch
Rot-Blau ist unrealistisch, nachdem die Wiener SPÖ traditionell weit
links ist. Damit könnten die Neos, die den Einzug in den Landtag
schaffen dürften, zu ihrer ersten Regierungsbeteiligung kommen –
in einer Dreierkoalition.
Hans
Niessl steht alleine da. Seine Parteikollegen in der SPÖ
lehnen
es ab, dass der burgenländische Landeshauptmann nach den
Landtagswahlen auch mit den Freiheitlichen über eine Koalition
spricht.
Die
klarsten Worte gegen eine Regierungsbeteiligung mit der FPÖ fand der
Wiener Bürgermeister Michael Häupl. "Eine Koalition mit diesen
Freiheitlichen ist nicht möglich." Das gelte auch nach der
Wien-Wahl am 11. Oktober. Die Gültigkeit seiner Aussage wollte Häupl
für Wien verstanden wissen. Dass sein burgenländischer Amts- und
Parteikollege Niessl ein rot-blaues Bündnis nicht ausschließt.
Offensiv für eine schwarz-blaue Regierung in der Steiermark tritt
ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka ein.
("Die
Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2015)
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