Gastkommentar
von Andreas Unterberger: Die
Beweise werden immer stärker: Etliche Tages- und Wochenzeitungen
können angesichts der Medienkrise nur noch überleben, wenn ihnen
die Politik über Inserate und Kooperationen ausreichend Steuergelder
zuschiebt. Weitaus am
meisten tut
dies – vor allem in Zeiten vor einer bedrohlichen Wahl – die
Gemeinde Wien, wie vienna.at vor kurzem auf Grund der neuesten Zahlen
errechnet hat.
Das
Rathaus ist im Medienbereich weitaus mehr mit schmutzigen Geschäften
aktiv als jede andere staatliche Institution auf Bundes-, Landes-
oder Gemeindeebene. Laut den Meldungen auf Grund des
Medientransparenzgesetzes sind allein im Vorjahr über 40 Millionen
Euro vom Rathaus und den von ihm beherrschten Unternehmungen an
Medien geflossen. In dieser Zahl ist noch gar nicht berücksichtigt,
dass der Rechnungshof regelmäßig moniert, dass gar nicht alle
Inserat-Meldepflichten gemäß jenem Gesetz wirklich erfüllt werden.
Und dass Experten von Mediaagenturen sagen, viele solche Geldflüsse
an Zeitungen würden getarnt erfolgen.
Der
Großteil des Geldes fließt jedenfalls an Boulevardblätter. Das
Blatt „Österreich“ etwa bekam im letzten März und April ein
Vielfaches von dem, was an jede andere Zeitung floss.
Wie
sich das auf die „Objektivität“ der redaktionellen
Berichterstattung auswirkt, kann jeder Leser dieser Zeitung täglich
merken. Von den eigentlich erwarteten Merkmalen einer Zeitung wie
„Seriosität“ und „Qualität“ wollen wir gar nicht reden.
Gesetzliche Presseförderung
Das,
was das Rathaus da an Geldern – aus Steuern und zusätzlicher
Verschuldung – unter die Verleger bringt, ist ein Vielfaches
dessen, was die gesetzliche Presseförderung der Republik bundesweit
ausmacht. Diese Förderung ist im Gegensatz zu den willkürlich
vergebenen Inserate an objektive gesetzliche und streng überprüfbare
Faktoren geknüpft (wie Lehrredaktionen usw). Bei der Presseförderung
gibt es keinen Platz für die subjektiven – also parteipolitisch
motivierten – Entscheidungen eines Politikers. Daher gibt es bei
der gesetzlichen Presseförderung auch keinerlei Verdacht, dass
dadurch die Blattlinie beeinflusst oder gar gekauft würde.
Ganz
anders bei der Inseratenkorruption. Diese ist eine eigenständige
Erfindung der Wiener SPÖ, die damit vor allem vor der Wahl Medien
besticht, um ihre Wiederwahl als Rathaus-Beherrscher zu unterstützen.
Diese Erfindung hat erst nach der Übersiedlung des Wiener
Wohnbaustadtrates Faymann in die Bundesregierung auch dort in
breiterer Front Einkehr gehalten. Im Bund haben seither auch einige
ÖVP-Minister diese üblen Gewohnheiten ihrer Koalitionspartner
übernommen. Ebenso haben in Wien die Grünen seit ihrem Einstieg in
die Rathaus-Koalition nicht nur nichts gegen die Medienbestechung
unternommen – sie vergeben vielmehr auch selber kräftig Inserate
auf Steuergeld.
Ein
Hintergrund, der die Bedeutung dieser Korruption massiv vergrößert
hat: Weltweit eskaliert die schlimmste Medienkrise seit der
Zwischenkriegszeit. Eine Ursache ist die anhaltende Finanzkrise, die
einen starken Rückgang der Inserate ausgelöst hat. Die zweite
Ursache ist das Internet. Vor allem Leser unter einem Alter von rund
40 Jahren konsumieren Medien überwiegend nur noch im Internet.
Abwanderung der Inserate in die Elektronik
Noch
massiver ist die Abwanderung der Inserenten in die Elektronik. Sie
können dort viel billiger werben. Vor allem bestimmte Rubrikenmärkte
wechselten schon fast zur Gänze weg vom teuren Papier. Wer seine
Gebrauchtauto, seine Wohnung verkaufen will, braucht die ja nur
einmal verkaufen. Daher zahlt er nicht dafür, dass seine
Einschaltung zehn- oder hunderttausend Mal gedruckt wird. Überdies
kann man im Internet eine Wohnung, ein Haus viel detaillierter mit
Bild, Video und zahllosen Details anpreisen als in einem
Zeitungsinserat. Ähnliches spielt sich bei der Partnersuche oder
Suche von Mitarbeitern in niedrigen Einkommensregionen ab.
Wegen
dieser dramatischen Verlagerung vieler Inserate nimmt international
der prozentuelle Anteil der Vertriebseinnahmen (also Abo-Gebühren
plus Kiosk-Umsätze) an den Verlagsbilanzen sogar signifikant zu.
Obwohl auch die Zahl der Käufer deutlich sinkt. Aber die Zahl der
meisten Inserate sinkt eben noch viel rascher, was vor allem für die
Gratiszeitungen zum Problem geworden ist.
Lediglich
Qualitäts- und Bundesländerzeitungen können ihren Marktanteil
(laut Media-Analyse, der einzigen unabhängigen Messmethode) trotz
der Doppelkrise halbwegs halten. Der Boulevard hingegen steckt
weltweit in wachsenden Problemen. Und auch die Gratiszeitungen
stagnieren trotz großer Bemühungen, sie an den Mann zu bringen. Was
aber oft nur bei Schulkindern gelingt, die mit öffentlichen
Verkehrsmitteln fahren.
Dabei
sind die schweren Verluste mancher Tageszeitungen noch geradezu
harmlos im Vergleich zu den Wochen- und Monats-Illustrierten. Deren
Leserzahl war zur Jahrtausendwende doppelt, dreifach, ja bei einigen
Titeln sogar vierfach so hoch wie heute. Daran können auch ständige
Relaunches oder Chefredakteurswechsel nichts ändern.
Zeiten der Magazine sind vorüber
Die
Zeiten dieser Illustrierten und Magazine sind wohl endgültig
vorüber. Auch die sogenannten „investigativen“ Geschichten, auf
die sie sich in letzter Zeit konzentriert haben, locken keinen Käufer
mehr in die Trafik. Denn längst ist vielen klar: Da wird gar nichts
„investigativ“ aufgedeckt. Sondern es wird halt das ausgewertet,
was Rechts- oder Staatsanwälte einem Journalisten aus Akten heraus
zuspielen. Diese Juristen wollen so gegen einen Prozessgegner oder
politischen Gegner Stimmung machen. Aber ein objektives Bild von
einer Rechtssache wird in den darauf aufbauenden Berichten natürlich
nicht vermittelt.
Dazu
kommt noch ein weiterer Faktor, der die Leser vertreibt: Praktisch
alle kriselnden Medien bewegen sich in einem einheitlich linken und
politisch korrekten Mainstream. Das ist freilich nicht gerade der
Trend der Wähler, wie ihn auch die jüngsten Wahlen gezeigt haben.
Das ist aber die weitgehend einförmige Ideologie vieler
Journalisten, auch wenn es der Auflage enorm schadet.
Und
das entspricht vor allem den Wünschen und Vorgaben des weitaus
größten politischen Geldgebers der Zeitungen.
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