17. März 2015, 09:00
Gewerbliche Bauträger
errichten hauptsächlich Eigentumswohnungen. An leistbaren Mietwohnungen
insbesondere für das große Segment der Zuwanderer fehle es aber, sagen Experten
"Ich fürchte, dass die Schere
zwischen Arm und Reich weiter aufgeht." - Das sagte ausnahmsweise nicht
ein Vertreter des gemeinnützigen Sektors, sondern Thomas Malloth,
Fachverbandsobmann der Immobilientreuhänder, kürzlich bei einer Buchvorstellung
(siehe Artikel). Insbesondere für
die Armen gebe es ein immer geringeres Angebot am Wohnungsmarkt.
Dass sich
die Immobilienwirtschaft nicht in erster Linie dazu berufen fühlt, ein
ausreichendes Angebot für das untere Segment zu schaffen, ist bekannt und auch
durchaus verständlich. Diese Aufgabe überlässt man der öffentlichen Hand.
"Wien macht da aber immer noch zu wenig", so Malloth.
Michael Pisecky, Obmann der Wiener Immobilientreuhänder, sieht das
genauso. Er weist darauf hin, dass der überwiegende Teil der vielen Zuwanderer
von zuletzt rund 25.000 Menschen auf den (teuren) privaten Markt angewiesen
sei. Denn: "Bisherige Nicht-Wiener haben keinen Anspruch auf eine
Gemeindewohnung und verfügen meist auch nicht über ausreichende Mittel für eine
geförderte Mietwohnung", außerdem gebe es dort lange Wartelisten.
Mit etwa 7300 neuen, geförderten
Wohnungen habe die Stadt Wien im Jahr 2014 "nicht einmal die Hälfte der
tatsächlich benötigten Wohnungen errichtet", so Pisecky. Schon jetzt
würden laut einer aktuellen Studie des ÖVI über 50 Prozent der Niedrigverdiener
in privaten Mietwohnungen leben.
"Neue Mietwohnungen nötig"
Auch wenn es nun erste zaghafte Anzeichen für ein langsames
Umdenken gibt: Bisher entstanden im gewerblichen Neubau fast ausschließlich
Eigentumswohnungen. In diesem Segment sind höhere Margen möglich, und das Geld
fließt noch dazu viel schneller zurück. So wurde zwar neuer Wohnraum
geschaffen, aber kaum für die Klientel, die diesen am dringendsten braucht.
Auch im geförderten Bereich entstehen vor allem Wohnungen für die
Mittelschicht - sofern überhaupt noch Förderungen zur Verfügung stehen bzw.
dies nicht an anderen Umständen, etwa den teuren Grundstücken, scheitert. Hohe
Eigenmittel tun ein Übriges, dass der geförderte Sektor nicht vorrangig der
Wohnbedarfsdeckung des unteren Einkommenssegments dient.
Die Stadt Wien hat nun immerhin - wohl auch wegen des beginnenden
Wahlkampfs - die Wiederaufnahme des Baus von Gemeindewohnungen bekanntgegeben.
Vom Verband Wiener Wohnungslosenhilfe (VWWH) wurde das prompt freudig begrüßt.
"Für unsere Klientinnen und Klienten sind leistbare Wohnungen das Um und
Auf", kommentierte Verbandsvorsitzende Waltraud Kothbauer. Sie sieht schon
seit mehreren Jahren einen immensen Mehrbedarf an leistbaren Wohnungen. Vor
allem durch das enorme Bevölkerungswachstum werde der Markt für das Klientel
der Wohnungslosenhilfe immer kleiner; konkret würden jährlich 500 bis 700
zusätzliche Wohnungen fehlen. "Es ist wichtig, dass die Stadt Anreize
setzt. Nur so kann der enorme Mehrbedarf in den nächsten Jahren gedeckt
werden."
Bauprogramm der ARE
Auch der Bund will aushelfen: Wirtschaftsminister Reinhold
Mitterlehner (VP) startete mit der ihm unterstehenden
Bundesimmobiliengesellschaft bzw. deren Tochter Austrian Real Estate (ARE) ein
Sonderprogramm, das dazu führen soll, dass die ARE erstmals auch Mietwohnungen
baut - und zwar, wenn alles nach Plan läuft, im Umfang von einer Milliarde
Euro. Österreichweit sollen damit in sechs Jahren 10.000 leistbare Wohnungen
geschaffen werden, vorrangig in den Ballungsgebieten. Rund 6000 davon sollen
Mietwohnungen sein.
Ob das reichen wird, um den Bedarf der
wachsenden Wiener Bevölkerung zu decken, ist fraglich. Eines scheint aber klar:
Das internationale Großkapital hat kein sehr ausgeprägtes Interesse daran, ins
Segment "social housing" zu investieren - das hat sich auf der Gewerbeimmobilienmesse
Mipim in Cannes vergangene Woche wieder
einmal bestätigt. (mapu, DER STANDARD, 14.3.2015)
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