Diese Studie ist aber bei näherem Hinsehen eine total spezifische
Lebensqualitäts-Untersuchung rein aus der Interessenlage von Menschen, die mit
dem Leben von weit mehr als 90 Prozent der Wiener absolut nichts zu tun hat.
Bei dieser Studie liegt Wien vor allem bei jenen Faktoren gut, für die das
Rathaus absolut nichts kann. Bei denen die herrschenden Rathausmänner auch oft
alles tun, damit es diese Attraktivität künftig nicht mehr gibt.
Konkret:
Mercer vergleicht in seiner Studie die Lebensqualität für ausländische Manager
und Spitzenbeamte in 230 verschiedenen Städten, die von ihren Arbeitgebern
dorthin entsandt worden sind. Das sind also praktisch durchwegs Menschen, deren
monatliches Nettoeinkommen weit über 3600 Euro liegt. Jedoch: 90 Prozent der
Wiener Lohnbezieher bekommen weniger als diesen Betrag. Diese 90 Prozent werden
daher geradezu verhöhnt, wenn sich die Stadt lautstark der Lebensqualität für
jene oberen Zehntausend berühmt.
Die Bedürfniswelten von Wienern und von Expats
Das
heißt nun gewiss nicht, dass es schlecht ist, wenn sich solche „Expats“ in Wien
wohlfühlen. Ganz im Gegenteil: Sie bringen Wohlstand und Geld in die Stadt, sie
geben oft anderen Menschen Anstellung. Nur leben sie halt in ganz anderen
Bedürfniswelten.
Was
aber an der propagandistischen Auswertung dieser Studie durch das Rathaus
wirklich absurd ist: Die Faktoren, bei denen Wien punktet, sind in keiner Weise
Verdienste des Rathauses. Oder sie werden von Rotgrün sogar bekämpft.
Die klassische Musik
Da
liegt etwa das Opern-, Theater- und Musikangebot an der Spitze der Pluspunkte.
Wien ist in der Tat hier Weltrekordhalter: Jeden Tag werden hier 10.000
Eintrittskarten allein für die klassische Musik verkauft, also vor allem in
Staatsoper, Volksoper, Musikverein und Konzerthaus (wobei die zwei
letztgenannten fast täglich mehrere Aufführungen in ihren großen und in den
diversen kleineren Sälen haben).
Allein:
All diese Institutionen erfreuen sich nicht gerade der liebevollen Zuwendung
des Rathauses. Die beiden Opernhäuser müssen zur Gänze vom Bund getragen werden
(zum Ärger anderer Bundesländer, wo es keine Bundestheater gibt). Und die
beiden Konzerthäuser sind fast kostendeckend und bekommen nur ganz wenig Geld
von der Gemeinde. Das Konzerthaus, das nach wie vor auf hohen Schulden für den
Jahre zurückliegenden – und toll gelungenen! – Umbau sitzt, wird mit diesen
Schulden de facto unter Druck gesetzt, als Anrainer nur ja keinen Einspruch
gegen den Bau eines hässlichen Hochhauses einzulegen (bei dem Spekulanten und höchstwahrscheinlich
auch Parteien dick verdienen).
Die
Kulturausgaben der Gemeinde fließen hingegen überwiegend zu Institutionen und
Veranstaltungen, die wohl keinen einzigen ausländischen Manager zur
Übersiedlung nach Wien veranlasst haben: etwa in ideologielastige Kleintheater
oder in den Schlagerwettbewerb „Song contest“.
Die guten internationalen Schulen
Auch
beim nächsten Punkt, der von der Mercer-Studie besonders hervorgehoben wird,
schmückt sich Wien absolut mit fremden Federn: Das ist das gute Angebot an
internationalen Schulen in Wien. Dieses Angebot ist in der Tat ausreichend und
sehr gut. Nur: Die sind alle privat! Sie werden nicht von der Gemeinde
betrieben wie die öffentlichen Volks-, Haupt- und Mittelschulen. In etlichen
dieser Schulen kostet das Schulgeld für ein einziges Kind so viel, wie das
gesamte Nettoeinkommen von zwei(!) Wiener Durchschnittsverdienern ausmacht.
Das
wird natürlich bei der Rathaus-Sebstberühmung alles nicht gesagt. Und noch
schlimmer ist die Bedrohung all dieser Schulen durch die Intentionen der
rotgrünen Ideologen. Würden die nämlich voll umgesetzt werden, gäbe es keine
Privatschulen mehr. Denn der Kern ihrer Gesamtschul-Kampagne ist ja, dass alle
Kinder von 6 bis 14 (oder 15) in die gleiche Gesamtschule gehen. Gehen müssen!
Erst
in den letzten Tagen, bei Bekanntwerden der neuerlich verheerenden Erfolge der
„Neuen Mittelschule“, wurde ja von linken Politikern sofort das übliche
Verteidigungs-Argument verwendet: Eh klar, dass die NMS keinen Erfolg hat, weil
die begabtesten und fleißigsten Kinder weiterhin in andere (unausgesprochen:
bessere) Schulen gehen dürfen. Die sind von den Eltern natürlich sehr bewusst
angesteuert worden, weil sie eben die bestmögliche Ausbildung ihrer Kinder
wollen. Das wollen auch alle Expatriates, die Kinder haben.
Linke
Ideologen wollen hingegen, dass alle Menschen auf allen Ebenen gleich gemacht
werden. Sie behaupten, das wäre „gerecht“. Sie sind im Grund erst glücklich,
wenn jeder in die gleichen Schulen gehen muss, wenn jeder ein Matura- oder auch
Uni-Zeugnis bekommt, wenn jeder das gleiche Gehalt bekommt, wenn jeder
Straßenbahn statt Auto fährt, wenn jeder gleich viel fürs Wohnen ausgibt.
Das Wohnungsangebot im Spitzensektor
Womit
wir auch schon beim dritten Punkt sind, den Mercer als wichtigsten Vorteil
Wiens lobt, beim Wohnen. Expatriates finden in Wien noch genug „geeignete“
Mietobjekte, wird in der Studie gelobt. „Geeignet“ für ausländische Manager und
Diplomaten bedeutet im Klartext: teuer und gut.
Aber
genau solche Wohnungen und Häuser sind Rotgrün ein Dorn im Auge. Ihre
Miet-Vorstellungen gehen in die absolute Gegenrichtung. Also dahin, dass jeder
Vermieter maximal 5 Euro pro Quadratmeter verlangen darf (außer in den ersten
20 Jahren eines Neubaus). Das bedeutet: Wohnen wird billig - und damit
zwangsläufig schlecht, weil wie etwa noch immer in Osteuropa zu sehen Häuser
mit Billigstmietern fast nie renoviert werden können. Das bedeutet vor allem
auch, dass der Wohnungsmangel noch viel größer wird als in einem jetzt schon zu
weit mehr als drei Viertel regulierten Zinsmarkt. Denn kein Investor wird noch
bauen, wenn Vermieten zum Verlustgeschäft wird. Und auch für Besitzer schon
bestehender Häuser und Wohnungen wird es oft sinnvoller sein, sich eine
Eigennutzung einfallen zu lassen oder überhaupt den Wohnraum leer stehen zu
lassen.
Rotgrün
haben zum Kampf exakt auf die wenigen Prozent guter Wohnungen und Häuser
geblasen, die noch auf dem freien Markt sind, und unter denen internationale
Manager noch ein ausreichendes Angebot finden. Statt dieses Segment rasch zu
erweitern, damit sich auch der Mittelstand gute Wohnungen leisten kann, soll es
nach der Neid-Devise „Fresst die Reichen“ verschwinden. Wer alles gleich machen
will, macht immer alles nach unten gleich.
Nun:
Für Österreicher ist es nichts Neues, dass in Wien (zum Unterschied von den
meisten anderen Bundesländern) eine beinharte Klassenkämpfertruppe das
politische Sagen hat. Es ist aber wirklich eine totale Chuzpe, wenn diese
Rathausbonzen jetzt eine solche Studie über die Lebensqualität der obersten
Zehntausend stolz als Beleg für die Richtigkeit ihres „Wiener Wegs“
heranziehen. Wenn sie damit von den katastrophalen Daten bei Arbeitslosigkeit,
Mindestsicherung, Verschuldungszunahme, Attraktivität für Investoren,
Massenzuwanderung aus bildungsfremden Kulturen, Versagen insbesondere schon
der Volksschulen ablenken wollen.
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