Mittwoch, 18. März 2015

Prüfbericht des Stadtrechnungshofes über Wiener Wohnen


PRÜFUNGSERGEBNIS Der Stadtrechnungshof Wien unterzog die von Wiener Wohnen vorgenommenen Sanierungsmaßnahmen in der Wohnhausanlage Am Schöpfwerk mit Fokus auf die Objekte "Hochhaus" und "Nordring" einer stichprobenweisen Prüfung und teilte das Ergebnis seiner Wahrnehmungen nach Abhaltung einer diesbezüglichen Schlussbesprechung der geprüften Stelle mit. Die von der geprüften Stelle gemäß den Bestimmungen der Geschäftsordnung für den Magistrat der Stadt Wien abgegebene Stellungnahme wurde berücksichtigt. Allfällige Rundungsdifferenzen bei der Darstellung von Berechnungen wurden nicht ausgeglichen. 1. Prüfungsanlass Der Stadtrechnungshof Wien hat in der jüngsten Vergangenheit einen seiner Schwerpunkte auf die Prüfung diverser Hochbaumaßnahmen größeren Umfanges gelegt, um aus dem dabei ermittelten Querschnitt an Erkenntnissen dienststellenübergreifende bzw. gleichartige Defizite zu analysieren und seine Empfehlungen auf eine breite Basis hin auszurichten. Bislang prüfte der Stadtrechnungshof Wien in diesem Zusammenhang Bauvorhaben, die von Firmen der Wien Holding GmbH, von verschiedenen Magistratsabteilungen, das waren etwa die Magistratsabteilungen 34, 51 oder 68, aber auch von Einrichtungen, an denen die Stadt Wien mehrheitlich beteiligt ist, abgewickelt worden waren. Gleich oder ähnlich lautende Kritikpunkte waren vor allem auf den Gebieten der Projektorganisation, der Zieldefinition, der Bedarfsplanung sowie im Rahmen der Vergabeverfahren und des oft nur marginalen Einsatzes professioneller Projektmanagementinstrumente auszusprechen. Die Ausführungsphase war mehrfach durch Unsicherheiten infolge kurzfristiger Projektänderungen und der damit einhergehenden Mehrerfordernisse aus finanzieller und zeitlicher Sicht geprägt. Zusätzlich wollte der Stadtrechnungshof Wien den Blickwinkel der Nachhaltigkeit, also den verantwortungsbewussten Umgang mit den zur Verfügung stehenden ökologi- StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 7 von 35 schen, ökonomischen und sozialen Ressourcen öffnen und in das Bewusstsein der handelnden Personen rücken. 2. Daten und Fakten über die Wohnhausanlage Am Schöpfwerk Die in den Jahren 1976 bis 1980 in mehreren Bauphasen errichtete Wohnhausanlage Am Schöpfwerk liegt innerhalb der Straßenzüge Am Schöpfwerk, Lichtensterngasse, Zanaschkagasse und der parallel zur U-Bahn-Trasse verlaufenden Schöpfwerkpromenade im 12. Wiener Gemeindebezirk. Analog der Himmelsrichtungen der genannten Straßenzüge werden die einzelnen Gebäude dem Nord-, Ost-, Süd- und Westring zugeordnet. Sie umfassten im Prüfungszeitpunkt in Summe 1.707 Wohneinheiten, deren Bewohnerinnen bzw. Bewohnern eine beachtliche anlageninterne Infrastruktur zur Verfügung steht. So sind Bildungs- und Freizeiteinrichtungen wie eine Volks- und eine Kooperative Musikmittelschule, ein Kindergarten und ein Hort sowie Kinderspielplätze ebenso vorhanden wie eine Kirche an der Lichtensterngasse, eine Polizeiinspektion und eine Postfiliale am Nordring. Geschäfts- bzw. Dienstleistungslokale und ärztliche Ordinationen runden das infrastrukturelle Angebot ab. Die Gebäude sind von einem acht Personen umfassenden Architektenteam in unterschiedlicher architektonischer Ausprägung errichtet worden. Dominant sticht das gekoppelte Doppelhochhaus am Nordring nächst der Station "Am Schöpfwerk" der UBahnlinie U6 hervor, das im Prüfungszeitpunkt auf 17 Geschossen 258 Wohneinheiten beherbergte und über vier Stiegenhäuser erschlossen ist. Wesentlich niedriger ausgeführt sind die sogenannten Oktogone an der Zanaschkagasse, die durch ihren achteckigen Grundriss geprägt sind. Durch die bauliche Verbindung der einzelnen oktogonalen Bauteile entstehen innerhalb dieses Verbundes großzügige Freiflächen und letztlich ein Ensemble, das eine gehobene Wohnqualität vermittelt. Ein typisches Merkmal der übrigen Gebäude bilden die großen, getreppt angeordneten Terrassen an den Schmalseiten der Baukörper, die die Wohnhausanlage Am Schöpfwerk schon aus der Ferne erkennen lassen. StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 8 von 35 3. Abgrenzung des Prüfungsumfanges Wie bereits erwähnt, besteht die Wohnhausanlage Am Schöpfwerk aus vier Teilen, die auch eigenständige wirtschaftliche Einheiten bilden. Für die Abwicklung und Beaufsichtigung der thermischen Sanierung der vier Einheiten zog Wiener Wohnen ein privates, auf die Sanierung und den Neubau von Wohnhausanlagen spezialisiertes Ingenieurbü- ro heran. Wie sich in der Prüfungsvorbereitung zeigte, legte dieses Ingenieurbüro allen Einheiten eine sehr ähnliche Vorgehensweise bei der Planung und Bauabwicklung zugrunde, weshalb der Stadtrechnungshof Wien seine Einschau aus Gründen der Effizienz auf die Sanierung des Hochhauses (Am Schöpfwerk 31) und des sogenannten Nordrings (Am Schöpfwerk 29) beschränkte. 4. Bauhistorie der Bauteile Hochhaus und Nordring 4.1 Hochhaus Das 16-stöckige Hochhaus, bestehend aus vier Stiegen mit insgesamt 258 Wohnungen, einem Magazin sowie drei Lokalen verfügt über eine Nutzfläche von insgesamt rd. 20.560 m 2 . Die tragenden Bauteile wurden in Schüttbetonbauweise errichtet. Um den bei der Errichtung der Wohnhausanlage anerkannten bautechnischen Vorgaben zu entsprechen, wurden die Außenwände im Bereich der Wohnungen mit 8 cm dicker Mineralwolle gedämmt. Die Schauflächen wurden mit vorgehängten, großtafeligen Asbestzementplatten verkleidet und die Flachdächer ebenfalls mit 8 cm dickem Dämmmaterial versehen. Teilflächen im Erdgeschoßbereich, insbesondere in Durchfahrten bzw. Durchgängen, blieben jedoch ungedämmt. Sowohl die Fenster der Wohnungen als auch die Balkontüren waren in HolzVerbundbauweise ausgeführt worden. Die Stiegenhausfenster aus Stahl verfügten lediglich über eine Einscheibenverglasung. Schon nach wenigen Jahren der Nutzung zeigten sich in allen vier Bauteilen der Wohnhausanlage Am Schöpfwerk Baumängel größeren Umfanges, die teils auf mangelnde Wärmedämmung, fehlende oder zu geringe Wohnraumlüftung und auf Planungs- und Verarbeitungsfehler zurückzuführen waren. Ebenso erwies sich die Abdichtung der Flachdächer als hochgradig undicht, wodurch es zu teils erheblichen Wassereintritten in StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 9 von 35 die Wohnungen und Stiegenhäuser kam. Somit mussten bereits im Jahr 1984, also nach nur vierjähriger Bestandsdauer, die Abdichtungen der Flachdächer erneuert werden. Etwa im gleichen Zeitraum zeigten sich Undichtheiten und Zugerscheinungen an den Holzfenstern sowie Schäden an den Fensterstöcken und Fensterflügeln. In den Folgejahren verschlimmerte sich deren Zustand dahingehend, dass die Beschichtung groß- flächig verwitterte und das ungeschützte Holz - insbesondere im unteren Drittel der Fenster - vermorschte. Außerdem erwiesen sich die Fensterflügel aufgrund ihrer Größe und Ausladung im Gebrauch als ungeeignet. Die Konstruktionsmängel und die zahlreichen Schäden veranlasste die damalige Magistratsabteilung 27 (nunmehr Wiener Wohnen) im Jahr 1990 dazu, die Fenster im Bereich der Stockwerke eins bis acht generell gegen Holzfenster mit Isolierverglasung und ab dem neunten Stockwerk gegen Kunststofffenster zu tauschen. 4.2 Nordring Der langgestreckte Baukörper umfasst zehn Stiegen mit 609 Wohnungen, elf Magazinen, 24 Lokalen, zwei Büros sowie fünf Ordinationen. An den höchsten Stellen verfügt der Gebäudekomplex über neun Geschosse, die an den Schmalseiten abgetreppt sind, wodurch Terrassen und Freiflächen entstehen. Mit insgesamt rd. 59.250 m 2 Nutzfläche ist der Nordring der flächengrößte Bauteil der Wohnhausanlage. Die Bauweise des Nordringes unterscheidet sich vom Hochhaus darin, dass die tragenden Bauteile als sogenannte Sandwich-Konstruktion ausgeführt wurden. Die 4 cm dicke Wärmedämmung aus Polystyrolschaumstoff war dabei zwischen der rd. 18 cm dicken Außenwand aus Stahlbeton und den 8 cm dicken vorgehängten Stahlbetonfertigteilen eingebettet. Auch diese Konstruktion erwies sich als bauphysikalisch problematisch. Dies deshalb, weil sich in zahlreichen Wohnungen insbesondere in exponierten Bereichen, wie etwa bei Attiken, Außenecken, Durchfahrten und auch im Bereich der außenseitig mit Klin- StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 10 von 35 kerziegeln verkleideten Fensterparapete, Schimmel innerhalb der Wohneinheiten bildete. Ferner verursachten auch undichte Blumentröge, die die Terrassen und Loggien zur Gebäudefluchtlinie hin abschlossen und auch der Absturzsicherung dienten, Nässeschäden in den angrenzenden Wohnungen. Bedingt durch ihre geometrische Form wirkten die Tröge ähnlich wie Kühlrippen, was die Schimmelbildung weiter förderte. Aufgrund ähnlich fortgeschrittener Witterungsschäden wie beim Hochhaus wurden auch am Nordring die Terrassentüren und Terrassenfensterelemente aus Holz in den Jahren 1990 bis 1995 unter Verwendung von Aluminiumelementen komplett erneuert. Ferner waren Probleme mit der Abdichtung und der Ausbildung des Gefälles auf den Terrassen bzw. Loggien latent, da anfallendes Niederschlagswasser nicht ordnungsgemäß abgeführt wurde, sondern in die Wohnungen gelangte und dort Nässeschäden verursachte. Im Gegensatz zum Hochhaus, an dem die Zugänge aller Wohnungen aus Gründen der Barrierefreiheit in der gleichen Ebene liegen wie die Aufzugsstationen, ist dies am Nordring nicht generell der Fall. So sind z.B. einige Wohnungen auf den Stiegen 7, 9, 11 und 13 um einen Halbstock versetzt und nur über Stufen erreichbar. In den Stiegen 8, 10, 12 und 14, die in den sogenannten Querriegeln situiert sind, sowie in der Stiege 5 existieren Aufzugsstationen nur in jedem zweiten Geschoß, sodass die Wohnungen hier ebenfalls nicht barrierefrei erreichbar sind. Die Wohnhausanlage entspricht zwar dem Baukonsens aus dem Jahr 1980, erfüllt hinsichtlich der Barrierefreiheit aber nicht mehr die aktuellen Bestimmungen der BO für Wien. 5. Entwicklungsphase 5.1 Entwicklung des Sanierungskonzeptes und der Sanierungskosten 5.1.1 Entwicklungsstadium im Jahr 2004 Wissend um den schlechten Bauzustand der Wohnhausanlage setzte Wiener Wohnen gemeinsam mit der ehemaligen Magistratsabteilung 24 - Hochbau bereits im Jahr 1997 die Mieterinnen bzw. Mieter über die Notwendigkeit zur Durchführung von Sanierungs- StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 11 von 35 arbeiten in Kenntnis. Wiener Wohnen zielte darauf ab, ein Verfahren nach § 18 MRG zu vermeiden und die Baumaßnahmen ohne Erhöhung der Hauptmietzinse zu finanzieren. Nach einem gemeinsamen Start-Workshop und zahlreichen Gesprächen mit Mietervertreterinnen bzw. Mietervertretern erarbeiteten die oben genannten Dienststellen die ersten Grundlagen für die erforderlichen Sanierungsarbeiten. Eine konkrete Entscheidung über den Umfang der Maßnahmen und deren Finanzierung konnte jedoch im damaligen Zeitraum noch nicht erzielt werden. Erst im Jahr 2004 lag ein zunächst nur auf überschlägigen Untersuchungen des Baubestandes und des Schadensgrades beruhendes Sanierungskonzept vor. Dieses umfasste bei allen vier Bauteilen generell das Ausmalen der Stiegenhäuser, die Sanierung der Terrassen und deren Verblechungen, die Instandsetzung der Fenster und Balkon- bzw. Terrassentüren, beim Nordring die komplette Erneuerung der Fenster und Balkontüren, beim Hochhaus zusätzlich die Fassadensanierung, die Sanierung der vorgehängten Fassadenverkleidung aus Asbestzementplatten, den Einbau eines Notrufkommunikationssystems bei den Aufzügen sowie den Einbau von Differenzdruckreglern und Ventilen in den Warmwasserleitungen. Neben den baulichen Maßnahmen sah das Konzept auch eine Erhöhung der subjektiven Sicherheit in der gesamten Wohnhausanlage durch die Verbesserung der Beleuchtung der Stiegenhäuser und deren Zugänge vor. Den Schwerpunkt des Sanierungskonzeptes bildeten sohin Sanierungsmaßnahmen an Fenstern und Türen sowie an der Fassade des Hochhauses, tiefergehende Veränderungen der Bauhülle bzw. der bauphysikalischen Situation waren hingegen nicht vorgesehen. An Sanierungskosten wurden im damaligen Zeitpunkt für alle vier genannten Einheiten rd. 22 Mio.EUR (entspricht rd. 140,-- EUR/m2 Wohnnutzfläche) geschätzt, wovon auf das Hochhaus rd. 2,10 Mio.EUR und auf den Nordring rd. 10,30 Mio.EUR entfielen. 5.1.2 Baumanagementvertrag Wiener Wohnen legte das dargestellte Sanierungskonzept in der Folge der Vergabe der Baumanagementleistungen zugrunde, die nach Durchführung eines zweistufigen, nicht offenen Verfahrens im Jänner 2005 einer aus einer Ingenieurgesellschaft und einer StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 12 von 35 Energieberatungsgesellschaft bestehenden Arbeitsgemeinschaft übertragen wurden. Der vertragliche Umfang der Managementleistungen bestand aus folgenden Leistungselementen: - Bauschadenserhebung und Erstellung von Sanierungskonzepten für jeden Bauteil, - Generalplanung, - Bauzeit- und Finanzierungsplanung, wobei ein Baubeginn im Sommer 2006 anzustreben war, - Mitwirkung in behördlichen Verfahren und bei Verhandlungen mit Dritten, - Mitwirkung bei Vergabeverfahren, wobei die Auftragnehmerin eine Generalunternehmerausschreibung für alle vier Bauteile gemeinsam im offenen Verfahren nach den Bestimmungen des jeweils geltenden BVergG zu erstellen hatte. Die Zuschlagsentscheidung und die Zuschlagserteilung behielt sich Wiener Wohnen selbst vor. - Mieterinnen- bzw. Mieterbetreuung samt Führen eines Informationslokals an mindestens 1,50 Tagen pro Woche, - Durchführung einer Energiebuchhaltung, - Baumanagement und örtliche Bauaufsicht, - Leistungen nach dem Baustellenkoordinationsgesetz sowie - Durchführung eines Energieeinspar-Contracting-Projektes. Die Auftragssumme wurde als Prozentsatz der Herstellungskosten vereinbart und betrug monetär insgesamt rd. 1,70 Mio.EUR. Auf die Planungs- und Managementleistungen für das Hochhaus entfielen rd. 150.000,-- EUR, auf jene für den Nordring rd. 790.000,-- EUR. Im Vergleich mit ähnlichen Dienstleistungen bei anderen Sanierungsvorhaben des Magistrats der Stadt Wien war die Vergabe der genannten Leistungen für die Sanierung der gegenständlichen Wohnhausanlage mit rd. 8,5 % der Nettoherstellungskosten als günstig einzustufen. Im Zusammenhang mit der Ausschreibung der Baumanagementleistungen war jedoch der Umstand bemerkenswert, dass Wiener Wohnen die Leistungen nach den Bestimmungen des Wiener Landesvergabegesetzes (LGBl.Nr. 50/2000) ausgeschrieben und vergeben hatte, obwohl im damaligen Zeitpunkt bereits das BVergG 2002 anzuwenden StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 13 von 35 gewesen wäre. Zu erwähnen war dazu, dass dieser Mangel nicht als ursächlich für das günstige Wettbewerbsergebnis anzusehen war. Wie dem Baumanagementvertrag zu entnehmen war, beabsichtigte Wiener Wohnen die Bauabwicklung nicht wie sonst üblich einem externen Dritten als Gesamtleistung treuhänderisch zu übertragen. Vielmehr übernahm sie neben ihrer Rolle als Auftraggeberin auch die Funktion der Projektleitung. Die Aufgaben der Baumanagerin sollten sich dabei auf die Leitungsfunktionen der Generalplanung und der Bauabwicklung und der damit verbundenen Teilverantwortungen beschränken. Wiener Wohnen war somit aktiv in die Projektabwicklung eingebunden, wobei im Zeitpunkt des Projektstarts bis zum Jahr 2007 die Aufgaben der Bauherrenvertretung noch dezentral dem Kundendienstzentrum für den 12. Bezirk oblagen. Im Jahr 2010 wurde im Rahmen einer internen Organisationsänderung ein zentrales Bausanierungsmanagement eingerichtet und von diesem die Projektleitungsaufgaben übernommen. 5.1.3 Entwicklungsstadium im Jahr 2005 Etwa zehn Monate nach Auftragserteilung im Oktober 2005 präsentierte die Baumanagerin ein überarbeitetes, auf genaueren Untersuchungen des Baubestandes und diesbezüglichen Wirtschaftlichkeitsüberlegungen basierendes Sanierungskonzept als Grundlage für die Beantragung von Fördermitteln nach dem WWFSG 1998. Das Sanierungskonzept ging nunmehr davon aus, anstatt einer bloßen Instandsetzung auch die Fenster im Hochhaus generell zu erneuern. Außerdem wurden nunmehr zusätzlich ein Umbau des Eingangsbereiches im Hochhaus, die Verglasung von bestimmten Bereichen des Laubenganges sowie die Erhöhung der Wärmedämmung der Fassadenflä- chen bei drei Bauteilen ins Auge gefasst. Die Schätzkosten erhöhten sich dadurch um rd. 3,20 Mio.EUR auf sodann rd. 25,20 Mio.EUR, wobei der Anteil für das Hochhaus rd. 2,70 Mio.EUR betrug. Beim Bauteil Nordring wurden die Schätzkosten um rd. 1 Mio.EUR reduziert, ohne das Sanierungskonzept zu ändern. Die Baumanagerin beantragte in der Folge im Namen von Wiener Wohnen beim Wohnfonds Wien für alle vier Bauteile Förderungsmittel nach dem WWFSG 1998 in der zuvor dargelegten Höhe. Nach entsprechender Prüfung wurden die Förderungsmittel für das StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 14 von 35 Hochhaus im Dezember 2006 und für den Bauteil Nordring im Jänner 2007 in der beantragten Höhe zugesichert. 5.1.4 Entwicklungsstadium im Jahr 2007 Ebenfalls im Jänner 2007 kamen die Baumanagerin und Wiener Wohnen überein, den Sanierungsumfang neuerlich zu erweitern. Ursache dieser Projektänderung war einerseits die sich durch die Sanierungsverordnung 2007 ergebende Möglichkeit, für thermische Sanierungsmaßnahmen zusätzliche Fördermittel zu erlangen, sofern damit rechnerisch ein Niedrigenergiehausstandard erreicht wird. Der geforderte Standard, der im damaligen Zeitpunkt bei höchstens 31 kWh/m2 a lag, war bei der gegenständlichen Sanierung durch die Erneuerung der Fenster mit einem Wärmedämmwert von 1,1 W/m 2K und durch die Erneuerung der Wohnungseingangstüren auf den offenen Laubengängen erreichbar. Außerdem begründete Wiener Wohnen den Fenstertausch damit, dass im Zuge des Fenstertausches auch ein dem Stand der Technik entsprechender Anschluss des Fensterstockes an die Leibung hergestellt werden sollte, wodurch Bauschäden vorgebeugt werden könnten. Die Erreichung des Niedrigenergiehausstandards erforderte außerdem die Dämmung der Kellerdecken gegen die Erdgeschoßräume, den Austausch der nur einfach verglasten Stiegenhausfenster sowie die Erneuerung sämtlicher Heizkörper in jenen Wohnungen, in welchen eine Nachrüstung mit Thermostatventilen technisch nicht möglich war. Wiener Wohnen erwartete durch die genannten Maßnahmen eine Energieeinsparung im Hochhaus in der Größenordnung von rd. 37 %, im Bauteil Nordring eine solche von sogar rd. 57 %. Neben den Maßnahmen zur Energieeinsparung entschloss sich Wiener Wohnen ferner auf vehementen Wunsch der Mieterinnen bzw. Mieter, Gegensprechanlagen einzubauen und Satellitenanlagen in den einzelnen Bauteilen zu installieren. Ferner sollten elektro- und brandschutztechnische Optimierungen stattfinden und die auf den Blumentrö- gen aufgesetzten Absturzsicherungen dem aktuellen Stand der Technik angepasst werden etc. Die Baumanagerin ermittelte für das nunmehr aktuelle Sanierungskonzept ein Mehrkostenerfordernis von insgesamt rd. 15 Mio.EUR. Beim Hochhaus erhöhten sich die Kosten StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 15 von 35 um rd. 1,80 Mio.EUR auf rd. 4,50 Mio.EUR, beim Bauteil Nordring von rd. 4,90 Mio.EUR auf rd. 14,20 Mio.EUR. Die Kostenerhöhung auf nunmehr insgesamt rd. 40,30 Mio.EUR wurde im März 2007 seitens der damaligen Direktorin von Wiener Wohnen genehmigt. Wie erwähnt, beabsichtigte Wiener Wohnen entgegen einem diesbezüglichen Rat der Baumanagerin die Bauleistungen für alle vier Bauteile in Form von Generalunternehmerleistungen zu vergeben. Die Baumanagerin schrieb die Leistungen im November 2007 auftragsgemäß im offenen Verfahren aus, wobei in den Allgemeinen Angebotsbestimmungen die finanzierbaren Herstellungskosten - d.s. die Gesamtkosten abzüglich der Honorare und Nebenkosten - mit 37 Mio.EUR gedeckelt waren. Nach Ablauf der Angebotsfrist langte lediglich ein Angebot einer aus zwei Bauunternehmungen bestehenden Bietergemeinschaft ein, das mit einer Angebotssumme von rd. 90 Mio.EUR die gedeckelten Herstellungskosten jedoch erheblich überschritt. Wiener Wohnen führte die Überschreitung u.a. auf einen überhöhten Generalunternehmerzuschlag und das ausgeschriebene Energiespar-Contracting-Projekt zurück. Angesichts der misslungenen Ausschreibung sah sich Wiener Wohnen veranlasst, das Ausschreibungsverfahren im März 2008 gem. § 139 BVergG 2006 zu widerrufen. 5.1.5 Entwicklungsstadium im März 2008 Wiener Wohnen beschloss in der Folge, die Bauleistungen für jeden Bauteil getrennt nach Einzelgewerken zu vergeben. Außerdem nahm Wiener Wohnen vom ursprünglich vorgesehenen Energiespar-Contracting-Projekt Abstand, um auch in diesem Bereich weitere Einsparungspotenziale zu nützen. Gleichzeitig verzichtete Wiener Wohnen damit aber auch auf zumindest einen Teil möglicher Performanceverbesserungen hinsichtlich des Gesamtenergiebedarfs der Wohnhausanlage, da das Augenmerk nun primär auf die rein thermische Sanierung gelegt wurde. Die nach Gewerken unterteilten Einzelvergaben sollten aus Kapazitätsgründen nicht en bloc kundgemacht, sondern nach Bedarf und Bauteil in Tranchen aufgelegt werden. Insgesamt entstanden auf diese Weise zehn Vergabetranchen, die die unterschiedlichsten Gewerke und Bauteile zum Inhalt hatten. Die Ausschreibungen für das Hochhaus und einen Teil des Bauteils Nordring StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 16 von 35 waren im Juni 2008 und für den restlichen Teil des Bauteils Nordring im August 2008 geplant. Bereits nach der Ausschreibung einiger Gewerke des Bauteils Oktogone zeigte sich im März 2008, dass die Sanierungskosten zu niedrig geschätzt wurden und mit den präliminierten Kosten daher nicht das Auslangen gefunden werden kann. Seitens der Baumanagerin wurde daraufhin neuerlich eine adaptierte Kostenzusammenstellung vorgelegt, die nunmehr Sanierungskosten für alle Bauteile in der Höhe von rd. 57,60 Mio.EUR auswies. Die Baumanagerin begründete die Kostenerhöhung von rd. 17,30 Mio.EUR hauptsächlich mit unerwartet hohen Ausschreibungsergebnissen. Die neue Schätzung enthielt aber auch weitere zusätzliche Leistungen, wie etwa den Einbau von Leichtmetallportalen bei den Geschäftslokalen, eine Garageninstandsetzung und weitere Maßnahmen zur Wärmedämmung der Kellerdecken. Der tabellarischen Kostenzusammenstellung vom März 2008 waren jedoch außer dem genannten Betrag Prognosekosten zu entnehmen, die auf eine weitere Erhöhung hindeuteten. 5.1.6 Entwicklungsstadium im September 2008 Aus einem Erläuterungsbericht der Baumanagerin vom September 2008 gehen schließ- lich Sanierungskosten von 66,50 Mio.EUR hervor, wovon auf das Hochhaus rd. 8,60 Mio.EUR und auf den Bauteil Nordring rd. 26,50 Mio.EUR entfielen. Neben der Vorsorge für Lohn- und Materialpreiserhöhungen betraf eine wesentliche Erweiterung des Sanierungsumfanges den Beschluss von Wiener Wohnen, anstatt die bestehende Fassadenverkleidung aus Asbestzementtafeln beim Hochhaus lediglich instand zu setzen, die gesamte Fassadenverkleidung samt der Wärmedämmung zu erneuern. Einen Anteil von rd. 3,10 Mio.EUR begründete die Baumanagerin mit weiteren Zusatzmaßnahmen, die vorwiegend den Bauteil Nordring betrafen. Dies waren etwa Maßnahmen zur Erneuerung der Stiegenhauszugänge, der Geschäfts- und Bibliotheksportale und der Stiegenhauselemente, zur Erneuerung der Fenster und Portale des Kindergartens und der Garagenabgänge und Lichtkuppeln. Die damalige Direktorin von Wiener Wohnen genehmigte im Oktober 2008 auch diese Kostenerhöhung. StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 17 von 35 Zu erwähnen war dazu, dass die genannten Sanierungskosten von rd. 66,50 Mio.EUR einem Betrag von rd. 465,-- EUR/m2 förderbarer Wohnnutzfläche entsprachen. Die förderbare Obergrenze gemäß Sanierungsverordnung 2008 lag damals bei 600,-- EUR/m2 und wurde daher trotz mehrmaliger Kostenerhöhung nicht erreicht. Nachstehende Tabelle veranschaulicht die Verdreifachung der präliminierten Sanierungskosten im Zeitraum von Juni 2004 bis Oktober 2008. Zu erwähnen ist dazu, dass es sich beim genannten Zeitraum um die Phase der Projektentwicklung handelt, in der ab dem Erkennen des Sanierungsbedarfs grundsätzlich eine Bestandsanalyse zur Feststellung des Schadensgrades und des Sanierungsbedarfs durchzuführen und anschließend ein Sanierungskonzept nach den Gesichtspunkten der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu erstellen ist. Den Abschluss dieser Phase sollte grundsätzlich eine exakte Definition des Sanierungsprojektes als Grundlage für die nachfolgende Realisierung bilden. Bauteile Kostenentwicklung über die Bauzeit (Beträge in EUR exkl. USt) Juni 2004 Oktober 2005 Jänner 2007 März 2008 Oktober 2008 Hochhaus 2.076.800,00 2.694.778,00 4.516.560,00 7.938.000,00 8.585.300,00 Nordring 10.315.582,00 9.361.221,00 14.200.417,00 20.808.900,00 26.454.800,00 Ostring 5.344.739,00 9.576.139,00 15.312.240,00 20.956.320,00 23.575.000,00 Oktogone 4.297.507,00 3.610.905,00 6.268.104,00 7.909.650,00 7.920.200,00 Gesamt 22.034.628,00 25.243.043,00 40.297.321,00 57.612.870,00 66.535.300,00 Kostenentwicklung im Zeitraum von Juni 2004 bis Oktober 2008. 6. Finanzierung 6.1 Wohnbauförderung 1968 Die Errichtungskosten der Wohnhausanlage Am Schöpfwerk wurde unter Zuhilfenahme von Fördermitteln aus der WFG 1968 (idF Novelle 1976) finanziert. Die Rückzahlung der Darlehen (Landes- und Hypothekardarlehen) erfolgt in unterschiedlichen Laufzeiten. Während die Laufzeit des Landesdarlehens 47,50 Jahre beträgt, ist die Laufzeit des Hypothekardarlehens mit 25 Jahren fixiert. Um die Finanzierung von Instandhaltungsarbeiten solcherart geförderter Wohnbauten zu ermöglichen, besteht die Möglichkeit der sogenannten Konvertierung der Hypothekardarlehen, wie nachfolgend dargestellt: StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 18 von 35 Nach den Bestimmungen des WFG 1968 wurde für die laufende Instandhaltung lediglich ein Betrag von 0,03 EUR/m 2 und Monat als Reparaturrücklage eingehoben. Erfahrungen zeigten, dass mit diesen geringen Einnahmen die ordnungsgemäße Erhaltung dieser geförderten Wohnhausanlagen nicht finanziert werden kann. Aufgrund der Rechtslage bestand nur die Möglichkeit, notwendige Instandhaltungsarbeiten durch einen nach § 18 MRG erhöhten Hauptmietzins zu finanzieren. Dies hätte aber bei den geförderten Wohnbauten zu einer sprunghaften Erhöhung des Mietzinses von bis zu rd. 5,30 EUR/m2 und Monat geführt, weil neben dem Reparaturdarlehen auch noch die Annuitäten für die langfristigen Wohnbauförderungsdarlehen aus den Hauptmietzinseinnahmen bestritten hätten werden müssen. Das WWFSG 1998 hat daher die Möglichkeit zur Finanzierung der Instandhaltungsarbeiten geschaffen, indem das bestehende Hypothekardarlehen in Darlehen mit längerer Laufzeit und niedrigen Annuitäten konvertiert (§ 68 Abs 4 WWFSG 1998) wird. Durch diese Maßnahme kann der Differenzbetrag zwischen der Annuität des alten Darlehens und der Rückzahlungsbelastung für das Konvertierungsdarlehen für die Erhaltungsarbeiten verwendet werden. Die laufende Mietzinsbelastung ändert sich nicht und ein durchschnittlicher Betrag von rd. 0,60 EUR/m2 und Monat kann für Erhaltungsarbeiten angespart werden. 6.2 Sanierungsverordnung 2008 Die Sanierungsverordnung 2008 legt für eine umfassende thermisch-energetische Sanierung von Gebäuden bzw. für die Gewährung einer Förderung Mindestanforderungen an die Wärmeschutzstandards fest. Ebenso legt die Verordnung energetische Mindeststandards für die Förderung von Einzelbauteilsanierungen, wie beispielsweise Fenster, Tausch von Fenstergläsern, Wände gegen Außenluft, Kellerdecken etc. fest. Ziel ist es, durch Setzung von Maßnahmen den Energieverlust zu minimieren. Ferner sind im Rahmen eines thermisch-energetischen Sanierungskonzeptes Maß- nahmen an bzw. in einem Wohnhaus zu subsumieren, die zu einer erheblichen Verringerung des Heizwärmebedarfs führen. Darunter ist die Sanierung von haustechnischen StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 19 von 35 Anlagen zur Beheizung, zur Belüftung und zur Warmwasseraufbereitung an und in Wohnhäusern, die zu einer Effizienzerhöhung und umwelttechnischen Optimierung der Energieversorgung führen, zu verstehen. Die Sanierungsverordnung 2008 sieht auch eine sogenannte Deltaförderung vor. Können die Zielwerte für eine umfassende thermisch-energetische Sanierung aus technischen, wirtschaftlichen oder rechtlichen Gründen nicht erreicht werden, ist aber mit der Sanierung von einzelnen Bauteilen eine Einsparung vom Ausgangsheizwärmebedarf um mindestens 30 % möglich, kann je nach Einsparungspotenzial eine Förderung gewährt werden. 7. Strukturierung der Projektentwicklungsphase Die lange Phase der Projektentwicklung von mehreren Jahren und die mehrmaligen, teils gravierenden Änderungen bzw. Erweiterungen des Sanierungsumfanges offenbarten aufseiten von Wiener Wohnen eine mangelnde Strukturierung des Prozesses der Projektentwicklung und Unsicherheiten in der Auswahl eines geeigneten Sanierungskonzeptes. Die Vorgehensweise von Wiener Wohnen ließ erkennen, dass den einzelnen im Rahmen der Projektentwicklung erstellten Sanierungsvarianten keine adäquaten Wirtschaftlichkeitsüberlegungen bzw. Wirtschaftlichkeitsberechnungen zugrunde gelegt wurden. Nach Meinung des Stadtrechnungshofes Wien hätten diese nämlich - als zusätzliche Entscheidungshilfe - schon frühzeitig erkennen lassen, dass eine nur oberflächliche Instandsetzung der Fenster der Wohnhausanlagen ohne grundlegender Verbesserung der bauphysikalischen Verhältnisse der gesamten Bauhülle, wie dies seitens Wiener Wohnen anfänglich geplant war, wirtschaftlich und technisch keinen nachhaltigen Erfolg verspricht. Wiener Wohnen war zu empfehlen, den der eigentlichen Projektrealisierung vorangehenden Prozess der Projektentwicklung im Rahmen eines Qualitätssicherungssystems als thematisch eigenständige Phase neu zu strukturieren und die damit in Zusammenhang stehenden Aufgaben zu standardisieren. Den einzelnen Analyse- und Entschei- StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 20 von 35 dungsprozessen sollten außerdem ausreichend detaillierte Bestandsanalysen und nachvollziehbare Wirtschaftlichkeitsberechnungen zugrunde gelegt werden. Aufgrund des langen Zeitraums für die Entscheidung über den Sanierungsumfang sowie dessen Finanzierung verzögerte sich im gegenständlichen Fall der geplante Beginn der Sanierungsarbeiten von Juni 2006 bis Ende 2008 um etwa 30 Monate. Mitursache dieser Verzögerung war allerdings auch der Umstand, dass die getrennte Vergabe der Bauleistungen in Form von Einzelgewerken der vier Bauteile einen wesentlich längeren Zeitraum in Anspruch nahm, als dies erfahrungsgemäß mit einer Generalunternehmervergabe möglich gewesen wäre. 8. Zusammenwirken von der Unternehmung "Stadt Wien - Wiener Wohnen" mit Externen in der Beschaffungsphase 8.1 Vertragliche Vereinbarungen Im Zusammenhang mit der Beschaffung der Bauleistungen war zunächst zu erwähnen, dass die Baumanagerin sowohl für die Erstellung der Ausschreibungsunterlagen, wie die Ausschreibungsplanung und die Erstellung der Leistungsverzeichnisse samt der Ermittlung der Vordersätze, als auch für die Durchführung der Vergabeverfahren selbst verantwortlich war. Im Baumanagementvertrag war diesbezüglich u.a. geregelt, dass die Baumanagerin die Allgemeinen Vertragsbestimmungen der Stadt Wien und die standardisierten Leistungsbeschreibungen für den Hochbau und die Aufzugsinstandsetzung und Aufzugserneuerung zu verwenden hat. Ferner war bedungen, dass die Baumanagerin die Leistungsverzeichnisse mit der Auftraggeberin abzustimmen hat. Die einzelnen Ausschreibungsakten hatte die Baumanagerin vor der Bekanntmachung der Ausschreibung der Auftraggeberin zur Genehmigung vorzulegen. Alle weiteren bis zur Zuschlagsentscheidung notwendigen Verfahrensschritte waren von der Baumanagerin selbstständig durchzuführen. Zwei Monate vor Ablauf der mit fünf Monaten festgelegten Zuschlagsfrist hatte sie der Auftraggeberin einen Vergabevorschlag samt Motivenbericht und Vergabevermerk zu unterbreiten und diesen entsprechend zu dokumentieren. Die Zuschlagsentscheidung sowie die Zuschlagserteilung behielt sich Wiener Wohnen als Bauherr selbst vor. StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 21 von 35 Zur projektbegleitenden Kontrolle der ordnungsgemäßen Abwicklung der einzelnen Vergabeverfahren hatte Wiener Wohnen eine aus zwei Ziviltechnikerbüros gebildete Arbeitsgemeinschaft eingesetzt. Auffallend beim diesbezüglichen Dienstleistungsvertrag war das umfassende und detaillierte Leistungsbild, das eher dem Charakter einer tiefgreifenden Kontrolle entsprach als einer für die begleitende Kontrolle typischen, übergeordneten stichprobeweisen Kontrolle. 8.2 Tatsächliche Vorgangsweise bei der Vergabe der Bauleistungen Wie die Prüfung ergab, wurde nur bei wenigen Vergabeverfahren mit der fünfmonatigen Zuschlagsfrist das Auslangen gefunden. Im Regelfall dauerten die Verfahren zwischen sieben und elf Monate, wobei die Zuschlagsfrist in einigen Fällen zweimal verlängert wurde. Da die Faktenlage auf Schwächen in der internen Organisation von Wiener Wohnen bzw. auf unklar definierte Geschäftsprozesse hindeutete, sah sich der Stadtrechnungshof Wien dazu veranlasst, diesem Gesichtspunkt besonderes Augenmerk beizumessen. Grundsätzlich ist die Zuschlagsfrist jene Frist, innerhalb der die Erteilung des Zuschlages vorgesehen und innerhalb der der Bieter an sein Angebot gebunden ist. Laut § 112 BVergG 2006 ist die Zuschlagsfrist kurz zu halten und darf fünf Monate nicht überschreiten, sofern nicht in Einzelfällen aus zwingenden Gründen bereits in den Ausschreibungsunterlagen ein längerer Zeitraum angegeben war. Dieser darf sieben Monate nicht überschreiten. Ist in der Ausschreibung keine Zuschlagsfrist angegeben, so beträgt sie einen Monat. Im gegenständlichen Fall der Wohnhausanlage Am Schöpfwerk war generell ein solcher von fünf Monaten angegeben. Wie die Prüfung ergab, war die Ursache der mehrmaligen Verlängerung der Zuschlagsfrist in den aufwendigen und zeitraubenden internen Prüfungs- und Freigabeprozessen bei Wiener Wohnen und der organisatorischen Struktur zu suchen. StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 22 von 35 Dazu war zu bemerken, dass mit der Verlängerung der Zuschlagsfrist über die im BVergG 2006 festgelegte Frist von fünf bzw. sieben Monaten hinaus grundsätzlich keinerlei Rechtsfolgen für den Auftraggeber verbunden sind. Dennoch gibt der Stadtrechnungshof Wien im Sinn einer Empfehlung zu bedenken, dass eine Fristverlängerung zu wirtschaftlichen Nachteilen führen kann, wenn etwa der präsumtive Billigst- bzw. Bestbieter seine Zustimmung verweigert und ein nachgereihter Bieter mit den ausgeschriebenen Leistungen beauftragt werden muss. Die Vorgangsweise von Wiener Wohnen bei der Vergabe der Bauleistungen war am Beispiel der Vergabe der Fliesenlegerarbeiten für den Bauteil Nordring zu demonstrieren. Nach vertragsgemäßer Erstellung der Ausschreibungsunterlagen durch die Baumanagerin und deren Freigabe durch Wiener Wohnen wurde das offene Vergabeverfahren am 1. November 2008 europaweit bekannt gemacht. Nach der sechswöchigen Angebotsfrist langten Angebote von zwei Bietern in der Höhe von rd. 500.000,-- EUR bzw. rd. 600.000,-- EUR ein. Über die lediglich fünf Minuten dauernde Angebotseröffnung fanden sich im Vergabeakt zwei redundante Protokolle, nämlich jenes der Baumanagerin und eines von Wiener Wohnen. Auf letzterem schienen die Unterschriften des zuständigen Sachbearbeiters, der Teamleiterin und des Leiters Technik auf. Einen Tag nach der Angebotseröffnung ersuchte die Baumanagerin den Zweitbieter um Nachreichung der fehlenden Kalkulationsformblätter. Am gleichen Tag erfolgte durch den Sachbearbeiter von Wiener Wohnen eine Abfrage der Eignung des Billigstbieters beim ANKÖ, obzwar diese Agenda in den vertraglichen Aufgabenbereich der Baumanagerin fiel. Dies galt ebenso für das an den Billigstbieter gerichtete Ersuchen um Nachreichung der geforderten Kalkulationsformblätter, das ebenfalls von Wiener Wohnen erfolgte. Mitte Jänner 2009 wurde Wiener Wohnen seitens der Baumanagerin neuerlich um Abfrage der Eignung beim ANKÖ ersucht. Diese erfolgte im März 2009 wieder durch Wiener Wohnen. Am 25. Jänner 2009 lag das Protokoll über die EDV-mäßige Angebotsprüfung durch die Baumanagerin vor. In der Folge wiederholte sie den Versuch, vom Zweitbieter erforderliche Nachweise über dessen Eignung zu erhalten, ein zweites und ein drittes Mal. StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 23 von 35 Am 24. März 2009 folgten die rechnerische Angebotsprüfung und die Prüfung der Eignung der Bieter und die Ermittlung des Billigstbieters ebenfalls durch die Baumanagerin. Mit einem eigenen Formular prüfte diese auch die Preisangemessenheit der Angebote. Der Referatsleiter Technik von Wiener Wohnen bestätigte mit seiner Unterschrift die Richtigkeit der Preisangemessenheitsprüfung. Dies jedoch erst nach rd. einem Monat am 20. April 2009, woraufhin sich Wiener Wohnen am 5. Mai 2009 zur Verlängerung der Zuschlagsfrist um einen Monat bis zum 18. Juli 2009 entschloss. Am 22. Juni 2009 erstellte der zuständige Baureferent von Wiener Wohnen den auf der Angebotsprüfung durch die Baumanagerin beruhenden Kostenübersicht. Am 23. Juni 2009 genehmigte der Leiter der Kundendienststelle von Wiener Wohnen die von der Baumanagerin erarbeitete Zuschlagsentscheidung, woraufhin diese den Bietern bekannt gegeben wurde. Am 10. Juli 2009, rd. sieben Monate nach der Angebotseröffnung, erfolgte schließlich der Zuschlag an den Billigstbieter. Obiges Beispiel zeigt anschaulich, dass die Aufgabenteilung nicht vertragsgemäß erfolgte, sondern Mitarbeiter von Wiener Wohnen ebenfalls Aufgaben übernahmen, die eigenverantwortlich durch die Baumanagerin hätten erfolgen sollen. Außerdem waren nicht allein die für die in Rede stehenden Sanierungsprojekte zuständigen Organisationseinheiten von Wiener Wohnen, nämlich das Kundendienstzentrum für den 12. Bezirk bzw. das zentrale Bausanierungsmanagement befasst, sondern insbesondere zum Zweck der Überprüfung einzelner Verfahrensschritte verschiedene Stabsstellen der Geschäftsleitung. Dies, obwohl Wiener Wohnen für diese Leistungen um rd. 0,40 Mio.EUR eine begleitende Kontrolle beauftragt hatte. Es sei vorweg erwähnt, dass die vom Stadtrechnungshof Wien geprüften Vergabeverfahren formal mit hoher Qualität und Genauigkeit abgewickelt wurden. Der Stadtrechnungshof Wien gelangte nach eingehender Prüfung zu der Erkenntnis bzw. zur Überzeugung, dass dies im gegenständlichen Fall zum überwiegenden Teil auf die vorhandene Erfahrung und Qualifikation der externen Baumanagerin zurückzuführen war. Die Mitwirkung von Wiener Wohnen in den einzelnen Vergabeverfahren trug, soweit dies StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 24 von 35 aus den Prüfungsunterlagen zu erkennen war, nur marginal zur Qualitätsverbesserung bei. Wiener Wohnen erklärte hiezu, dass bei vielen der von ihr beauftragten Baumanagerinnen die für die Abwicklung ihrer Sanierungsprojekte erforderliche Erfahrung und Fähigkeit nicht gegeben und daher eine Unterstützung in der Aufgabenerfüllung durch Mitarbeiter von Wiener Wohnen sowie eine tiefgehende Überprüfung unerlässlich sei. Der Stadtrechnungshof Wien hielt dem entgegen, dass auch bei der Vergabe von Dienstleistungsaufträgen zur Abwicklung von Wohnhaussanierungen die Grundsätze des Vergaberechts anzuwenden sind. Dazu zählt u.a. die ausschließliche Vergabe an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmen. Insbesondere bei Dienstleistungsaufträgen zur Abwicklung von Bau- und Sanierungsleistungen sollte der Angebotspreis nicht allein maßgebend sein, sondern vor allem die Eignung der Bieter für die jeweilige Aufgabenstellung in Betracht gezogen und diese auch eingehend geprüft werden. Sollte sich in Einzelfällen nach Auftragserteilung herausstellen, dass die nötige Erfahrung und Fachkompetenz fehlt, wären die in den Vergabevorschriften bzw. Verträ- gen hiefür festgelegten Konsequenzen zu ziehen. Es wurde daher empfohlen, bei künftigen Dienstleistungsaufträgen die Eignungs- und Zuschlagskriterien dahingehend zu gestalten. Die Übernahme von Teilleistungen externer Baumanager durch Mitarbeiter von Wiener Wohnen entsprach in keiner Weise dem Prinzip der Aufgabenteilung und erwies sich aufgrund der damit regelmäßig einhergehenden Verzögerungen im Projekt als nachteilig. Abgesehen davon erübrigte sich eine intensive Überprüfung der Leistungen Externer ohnehin, wenn eine begleitende Kontrolle eingesetzt wurde, deren primäre Aufgabe es wäre, genau solche Schwächen in der Leistungserbringung einzelner Beteiligter aufzuzeigen. Die Prüfung ergab ferner, dass von der Geschäftsleitung von Wiener Wohnen auf die Abwicklung der Sanierungsmaßnahmen häufig Einfluss genommen und diese sowie die Aufgabenerfüllung der Mitarbeiter von Wiener Wohnen auch intensiv überwacht wurde. StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 25 von 35 Diverse Berichts- und Rechtfertigungspflichten sowie häufige Eingriffe in die Sanierungsvorhaben durch die Geschäftsleitung, wie Rückfragen oder die Einforderung von Nachweisen, ließen eine selbstständige und eigenverantwortliche Abwicklung der Sanierungsvorhaben durch die zuständigen operativen Organisationseinheiten nicht zu. Diese Gesichtspunkte wären nach Ansicht des Stadtrechnungshofes Wien im Zuge der an späterer Stelle dieses Berichtes beschriebenen Neuorganisation des Bereiches Baumanagement zu berücksichtigen. 8.3 Rolle der Vergabekommissionen Hinsichtlich der Bauabwicklungen gelangte bei der gegenständlichen Prüfung ein weiterer Aspekt in den Fokus des Stadtrechnungshofes Wien. Bei einigen Vergaben mit einer Auftragssumme von mehr als 1 Mio.EUR waren lt. Erlass der Magistratsdirektion MD- 1103-29/99 vom 24. Juli 2000, Ausschreibung und Vergabe von Bauleistungen, örtliche Bauaufsicht, begleitende Kontrolle, Einbindung Dritter; Vergabekommissionen, Vergabekommissionen mit dem Vergabeakt zu befassen. Diesen Kommissionen gehörten neben der oder dem Vorsitzenden ein des Vergaberechts fachkundiger Mitarbeiter von Wiener Wohnen und ein rechtskundiger Bediensteter der MDR an. Im Fall der Vergabe der Lieferung und Montage der Holz-Aluminium-Fenster für den Nordring mit einer Angebotssumme von rd. 5,20 Mio.EUR waren bei der diesbezüglichen, rd. eine halbe Stunde dauernden Kommissionssitzung acht Personen anwesend, und zwar neben zwei Mitarbeiterinnen der MDR fünf Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter von Wiener Wohnen und ein Vertreter der Baumanagerin. Hinsichtlich Wiener Wohnen waren dies die gleichen Personen, die zuvor mit der Abwicklung des Vergabeverfahrens befasst waren, sodass zumindest von diesen keine neuen Erkenntnisse zu erwarten waren. Der Vergabeakt wurde zwar kurz mit Fokus auf formalrechtliche Belange besprochen, ein daraus abzuleitender Handlungsbedarf für Wiener Wohnen ergab sich daraus aber nicht. Der eigentliche Problempunkt, nämlich ein möglicherweise überhöhtes Preisniveau des Billigstbieters, auf das in der Folge noch näher eingegangen wird, wurde nicht angesprochen, da die Vergabekommission in erster Linie rechtliche Aspekte beleuchtete. StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 26 von 35 Das mit der Vorbereitung der Befassung der Vergabekommission einhergehende Prozedere war Mitursache dafür, dass im gegenständlichen Fall die Zuschlagsfrist zweimal verlängert werden musste und das Vergabeverfahren insgesamt schließlich einen Zeitraum von rd. neun Monaten in Anspruch nahm. Angesichts des Umstandes, dass Wiener Wohnen im Rahmen einer umfassenden Änderung der Unternehmensorganisation beabsichtigte, eine aus rd. 35 Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern bestehende Organisationseinheit "Vergabe und Beschaffung" einzurichten, könnte nach Ansicht des Stadtrechnungshofes Wien die Behandlung von Vergabeakten von Wiener Wohnen durch Vergabekommissionen in Zukunft einer Änderung bedürfen. Wiener Wohnen wurde daher empfohlen, an die MDR heranzutreten, um diese Thematik gemeinsam zu erörtern. 8.4 Vergabe von Einzelgewerken Hinsichtlich der vergaberechtskonformen Abwicklung der Beschaffungsvorgänge ergab die Prüfung durch den Stadtrechnungshof Wien folgende Feststellungen: So war - wie die Durchrechnung der einzelnen Bauleistungen ergab - bei den Vergaben beim Bauteil Nordring kein einziger Reihungssturz festzustellen. Es zeigte sich in einigen Fällen zwar, dass die ursprünglich gegebenen Wettbewerbsvorteile der beauftragten Billigstbieter gegenüber den übrigen Bietern verloren gingen, ein finanzieller Nachteil für Wiener Wohnen durch spekulative Preisbildung ergab sich jedoch nicht. Aufgefallen war etwa beim Leistungsverzeichnis für die Baumeisterarbeiten, die mit einer Auftragssumme von rd. 7,10 Mio.EUR vergeben wurden, dass von den rd. 390 ausgeschriebenen Leistungspositionen rd. 150 Positionen für die geplanten Leistungen entbehrlich waren. Die entfallenen Positionen repräsentieren einen Betrag von rd. 0,70 Mio.EUR, d.s. etwa 10 % der Auftragssumme. Der Umstand, dass die Baumeisterarbeiten mit rd. 7,10 Mio.EUR auch abgerechnet wurden, ließ erkennen, dass sich die Abrechnungssumme der übrigen Positionen gegenüber dem Angebot um den gleichen Betrag von rd. 0,70 Mio.EUR erhöht hat. Wenngleich auch hier ein Reihungssturz ausgeblieben ist, sei dennoch darauf hingewiesen, dass unrichtige Leistungsmengen oder sogenannte Sicherheitspositionen in der Ausschreibung präsumtive Bieter zu Preisspekulationen ermuntern können. Der Stadtrechnungshof Wien räumte aber ein, dass bei Bestandsob- StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 27 von 35 jekten Unwägbarkeiten bei Art und Umfang der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen nicht gänzlich auszuschließen sind und mit sogenannten Sicherheitspositionen der Durchführung von unvorhergesehenen Leistungen im Weg von Zusatzangeboten vorgebeugt werden kann. Bei den Fliesenlegerarbeiten für den Bauteil Nordring fiel auf, dass der Auftragssumme des Billigstbieters in der Höhe von rd. 440.000,-- EUR eine Abrechnungssumme von nur rd. 310.000,-- EUR gegenüberstand. Die Reduktion des Leistungsumfanges beruhte auf einer mengenmäßigen Verringerung von Positionen, die von der Baumanagerin offenkundig für diverse Abdichtungs- und Drainagierungsarbeiten auf den Loggien ebenfalls zur Sicherheit vorgesehen wurden, sich bei der Durchführung der Arbeiten aber als nicht erforderlich erwiesen. Bei dieser Ausschreibung deuteten die Preise einiger Positionen des Auftragnehmers zwar auf eine spekulative Preiskalkulation hin, aufgrund der Reduktion des Leistungsumfanges wurde diese jedoch auch hier nicht schlagend. Die Vergabe der Fenstertischlerarbeiten bedurfte einer vertieften Betrachtung, wobei der Blickwinkel in diesem Fall auf alle vier Bauteile der gegenständlichen Wohnhausanlage auszudehnen war. Die Fenstertischlerarbeiten aller vier Bauteile repräsentierten den nicht unerheblichen Auftragswert von insgesamt rd. 14 Mio.EUR. Sämtliche Fenster und Balkontüren wurden im Jahr 2008 als Holz-Aluminium-Konstruktionen ausgeschrieben und in der Folge auch gefertigt. Bei den jeweils europaweiten offenen Vergabeverfahren nahmen u.a. fünf namhafte Fensterhersteller teil. Auffallend war dabei, dass die Firmen bei jedem Bauteil bei vergleichbaren Konstruktionen unterschiedliche Angebotspreise abgegeben haben und auf diese Art und Weise bei jedem Bauteil ein anderes dieser Unternehmen als Billigstbieter aus dem Wettbewerb hervorging. Die Baumanagerin schloss im Rahmen der Angebotsprüfung eine konzertierte Vorgangsweise der Unternehmen bei der Angebotskalkulation der vier Ausschreibungen nicht aus. Sie vertiefte die Prüfung daher auf genauere Analysen und Vergleiche der Angebotspreise mit der Kostenschätzung, den Preisen der im Jahr 2008 aufgehobenen Generalunternehmerausschreibung sowie den Angebotspreisen eines Bauvorhabens von Wiener Wohnen im 22. Wiener Gemeindebezirk, bei der zwei dieser Unternehmen mit ähnlichen Fenstertischlerarbeiten beauftragt waren. Die Untersuchung ergab, dass die Angebots- StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 28 von 35 preise ausgewählter wesentlicher Positionen bei der Wohnhausanlage Am Schöpfwerk bis zu rd. 50 % teurer waren, als die Kostenschätzung der Baumanagerin. Gegenüber der im März 2008 widerrufenen Generalunternehmerausschreibung waren die Preise um bis zu 20 % teurer. Eine Ausnahme bildete der Bauteil Oktogone. Die Angebotspreise lagen bei diesem Bauteil um rd. 5 % unter der Kostenschätzung und um sogar 15 % unter den Preisen der Generalunternehmerausschreibung. Es gelang jedoch im Rahmen des Vergabeverfahrens nicht, die Bieterkalkulationen wegen Unangemessenheit der Preise infrage zu stellen oder Nachweise für eine unzulässige Bieterabsprache zu identifizieren. Wiener Wohnen war daher gezwungen, die Fenstertischlerarbeiten aller vier Bauteile mit jenen Preisen zu vergeben und abzurechnen, die im Weg der offenen Wettbewerbe erzielt wurden. Auch eingehende Diskussionen und Analysen bei der Prüfung durch den Stadtrechnungshof Wien brachten keine neuen Erkenntnisse. 8.5 Behandlung von Zusatzangeboten Kurz nach Erteilung des Auftrages für die Lieferung und Montage der Fenster und Balkontüren für den Bauteil Nordring entschloss sich Wiener Wohnen im Mai 2009 anstatt der beauftragten Fenster mit einer Zweischeibenverglasung und einem Wärmedämmwert (Wärmedurchgangskoeffizient "U") von 1,3 W/m 2K, Fenster mit einer Dreischeibenverglasung und einem verbesserten Wärmedämmwert von 1,1 W/m 2K einbauen zu lassen. Neben einer weiteren deutlichen Energieeinsparung für die Mieterinnen bzw. Mieter begründete Wiener Wohnen dies damit, dass mit der Verringerung des Heizwärmebedarfs beim Bauteil Nordring ein Niedrigenergiehausstandard und damit die höchste Förderungsstufe gemäß Sanierungsverordnung 2005 erreicht werde. Unter diesen Gegebenheiten könnten nicht rückzahlbare Förderungsmittel von 75,-- EUR/m2 Wohnnutzfläche (d.s. rd. 0,90 Mio.EUR) erlangt und damit das Budget von Wiener Wohnen weiter entlastet werden. Als Nebeneffekt könnte durch eine Reduktion der Leibungstiefen der thermische Baukörperanschluss der Fenster an das Mauerwerk und auch das äußere Erscheinungsbild der Fassadenflächen verbessert werden. StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 29 von 35 Die Baumanagerin holte in der Folge vom Auftragnehmer ein Zusatzangebot für diese Leistungsänderung in der Höhe von rd. 480.000,-- EUR ein, das seitens Wiener Wohnen nach entsprechender Prüfung genehmigt und beauftragt wurde. Zu erwähnen war dazu, dass das Zusatzangebot des Auftragnehmers am 22. Juni 2009 bei Wiener Wohnen einlangte und am 5. März 2010 seitens Wiener Wohnen beauftragt wurde. Die Prüfung und Genehmigung des Angebotes nahm somit einen ähnlich langen Zeitraum von achteinhalb Monaten in Anspruch, wie die Mehrzahl der Hauptangebote der beauftragten Bauleistungen. Mitursache für die relativ lange Bearbeitungszeit war in diesem Fall die Behandlung des Angebotes im Weg der Preisprüfungskommission. Im Übrigen trafen diese Feststellungen auf die Mehrzahl der bei der gegenständlichen Sanierung der beiden Bauteile der Wohnhausanlage Am Schöpfwerk zu, wobei Bearbeitungszeiten zwischen sieben und zehn Monaten zu beobachten waren. Im Fall der Waschküchen- und Brandrauchentlüftungen beim Bauteil Nordring belief sich die Dauer der Bearbeitung auf mehr als zwei Jahre. 9. Ausführungsqualität der Bauleistungen Hinsichtlich der Ausführungsqualität der Sanierungsmaßnahmen ergab sich kein Anlass zur Kritik. Wie festzustellen war, wurden die Ausführung der Leistungen fachgerecht beaufsichtigt und Verarbeitungsmängel bzw. Vertragsabweichungen beanstandet. Zur Feststellung der normgemäßen Qualifikation der Fenster bzw. Balkontüren hinsichtlich der Holzgüte, der Herstellungsqualität, der Luftdichtheit und der Schichtdicken der Beschichtung holte die Baumanagerin entsprechende Prüfgutachten durch die Magistratsabteilung 39 ein. Wie sich zeigte, ergaben diese Gutachten wiederholt Mängel hinsichtlich der Dichtheit, der Anschlussfuge zum Mauerwerk und der Dicke der Beschichtung. Die Mängel wurden - wie die Prüfung ergab - jedoch generell behoben. Bei der Herstellung der Wärmedämmung mit Mineralwolleplatten an der Fassade des Hochhauses stellte die Magistratsabteilung 39 eine norm- und vertragswidrige Ausführung des Klebers und der Verdübelung fest, wobei von 57 Messstellen 16 Messstellen Mängel zeigten. Vor allem wurde festgestellt, dass die Dämmplattenfugen nicht ausgekeilt oder ausgeschäumt waren, das normgemäße Dübelschema nicht eingehalten wur- StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 30 von 35 de, die Dübel nicht durch den Kleber hindurch montiert und die Schichtdicke des Klebers zu gering war etc. In diesem Fall ließ die Baumanagerin die betroffenen Fassadenflächen komplett abbrechen und neu herstellen. An den übrigen Bauteilen stellten hinzugezogene Sachverständige fest, dass die Mineralwolleplatten in höherer Qualität verdübelt und verklebt wurden, als die Norm es vorgibt. Als eine der Mitursachen sowohl für die hohe Ausführungsqualität der Bauleistungen als auch für die Konformität der Vergabeverfahren mit den Vergabevorschriften war der Umstand anzusehen, dass auch die begleitende Kontrolle ihre vertraglichen Pflichten akribisch und gewissenhaft wahrnahm. Wie die Baumanagerin dazu erklärte, wurde sie von der begleitenden Kontrolle mit diversen Hinweisen auf Mängel und Vertragsverletzungen intensiv und mit Nachdruck konfrontiert, was teils auch zu heftigen und eingehenden Diskussionen und Dissonanzen der Beteiligten geführt habe. 10. Abrechnungsstand Juni 2013 Im Juni 2013 legte die Baumanagerin Wiener Wohnen eine vorläufige Endabrechnung über die Sanierung aller vier Bauteile vor, die Gesamtkosten von 62,90 Mio.EUR und somit eine Einsparung gegenüber den zuletzt genehmigten Kosten in der Höhe von rd. 3,60 Mio.EUR auswies. Laut dieser Kostenabrechnung standen beim Hochhaus den genehmigten Kosten in der Höhe von rd. 8,60 Mio.EUR Ausgaben von rd. 8 Mio.EUR gegenüber. Beim Bauteil Nordring, für den Mittel von rd. 26,50 Mio.EUR genehmigt wurden, ergab sich eine Einsparung von rd. 2,50 Mio.EUR. Die genehmigten Kosten des Bauteils Oktogone in der Höhe von 7,90 Mio.EUR wurden um 0,50 Mio.EUR unterschritten, jene des Bauteils Ostring waren im damaligen Zeitpunkt voll ausgeschöpft. 11. Sonstige Feststellungen des Stadtrechnungshofes Wien Im Rahmen der gegenständlichen Prüfung wurden das Hochhaus und der Bauteil Nordring der Wohnhausanlage Am Schöpfwerk durch den Stadtrechnungshof Wien zwecks Prüfung der Ausführungsqualität und allenfalls vorhandener Mängel mehrmals begangen. Dabei fiel besonders ins Auge, dass an den Außenanlagen im Bereich des Hoch- StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 31 von 35 hauses und des Bauteils Nordring einige auch die Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit betreffende Mängel vorhanden und vom gegenständlichen Sanierungsprojekt nicht erfasst worden waren. So wurde etwa festgestellt, dass Stufen von Außentreppen teils gebrochen waren oder Handläufe bei diversen Treppenanlagen bzw. Rampen entweder zur Gänze fehlten oder nur einseitig vorhanden waren. Bei einigen Laubengängen fehlten Absturzsicherungen zu den umliegenden Außenflächen. Ferner ergab die Prüfung, dass die Baumanagerin bereits im Februar 2011 die Übereinstimmung der Geländer und Absturzsicherungen mit dem Stand der Technik in allen vier Bauteilen überprüft hatte. Dabei wurden diverse Mängel hinsichtlich der Höhe und der Dichtheit der Geländer und Absturzsicherungen festgestellt und in einem Untersuchungsbefund festgehalten. Im Bauteil Nordring waren die Füllungen der im Rahmen des gegenständlichen Projektes sanierten Geländer in den Stiegenhäusern durch Vandalismus bereits wieder beschädigt. Im Zeitpunkt der Begehung durch den Stadtrechnungshof Wien im Sommer 2013 waren diese Mängel nach wie vor vorhanden. 12. Nochmalige Erweiterung des Sanierungsumfanges Der Stadtrechnungshof Wien konfrontierte daher die zuständigen Mitarbeiter von Wiener Wohnen mit seinen Feststellungen und empfahl, die Mängel im Rahmen des laufenden Sanierungsprojektes zu beheben. Wiener Wohnen erklärte dazu, aufgrund der erzielten Einsparungen bereits den Beschluss gefasst zu haben, den Sanierungsumfang neuerlich auszudehnen und dabei die vom Stadtrechnungshof Wien genannten baulichen und die Sicherheit betreffenden Mängel ebenfalls beheben zu wollen. Seitens der Geschäftsführung war im April 2012 hiefür eine Erhöhung des Sanierungsbudgets in der Höhe von 1 Mio.EUR genehmigt worden. Eine Rücksprache des Stadtrechnungshofes Wien mit der Baumanagerin ergab, dass die Arbeiten bereits im Gange seien. Gegenstand der Zusatzleistungen wären vor allem die Behebung der genannten Sicherheitsmängel an den Außenanlagen und den Geländern und Absturzsicherungen, der Einbau noch fehlender Brandrauchentlüftungen in den Stiegenhäusern, die Betonsanierung sowie die Brandschutzverkleidung von Elektroleitungen in den Tiefgaragen im Bereich des Bauteils Nordring und die Erneuerung StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 32 von 35 der Verfliesung der Fassenden im Erdgeschoßbereich des Bauteils Ostring. Im Zuge der bereits in Angriff genommenen Arbeiten wurde außerdem erkannt, dass bei der Errichtung der Wohnhausanlage im Jahr 1980 nicht feuchtigkeitsbeständiger Gipsputz an den Schauflächen verwendet wurde, der nunmehr durch geeignetes Material ersetzt werde. Aufgrund günstiger Ausschreibungsergebnisse rechnet die Baumanagerin für die Leistungen mit einer Abrechnungssumme von rd. 0,80 Mio.EUR, womit sich auch in diesem Fall eine Einsparung ergäbe. 13. Reorganisationsmaßnahmen Zeitgleich mit der Prüfung der Wohnhausanlage Am Schöpfwerk begann Wiener Wohnen mit der Umsetzung der Reorganisationsmaßnahmen. Künftig soll u.a. die bislang von Externen durchgeführte begleitende Kontrolle nunmehr von der Wiener Wohnen Kundenservice GmbH, einer Tochtergesellschaft von Wiener Wohnen, umgesetzt werden. Der neu strukturierte Bereich Wiener Wohnen - Baumanagement (vormals zentrales Bausanierungsmanagement) werde verstärkt seine Agenden als Auftraggeber bzw. als Projektleiter wahrnehmen, ohne jedoch in die Aufgabenbereiche externer Baumanager eingreifen zu wollen, wie dies bei der gegenständlichen Prüfung der Fall war. 14. Zusammenfassung der Empfehlungen Empfehlung Nr. 1: Der Prozess der Projektentwicklung wäre im Rahmen eines Qualitätssicherungssystems als thematisch eigenständige Phase neu zu strukturieren und die damit in Zusammenhang stehenden Aufgaben zu standardisieren. Den einzelnen Analyse- und Entscheidungsprozessen sollten außerdem ausreichend detaillierte Bestandsanalysen und nachvollziehbare Wirtschaftlichkeitsberechnungen zugrunde gelegt werden. Stellungnahme der Unternehmung "Stadt Wien - Wiener Wohnen": Wiener Wohnen arbeitet bereits an neuen singulären Prozessen zur Projektentwicklung und Projektabwicklung, die u.a. Änderungen der in der Vergangenheit angewandten Baumanagerverträge StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 33 von 35 zum Inhalt haben, wodurch eine Effizienz-, Effektivitäts- und Qualitätssteigerung erwartet wird. Die derzeitigen Vertragsversionen, welche die Planung sowie die Durchführung der Sanierungsmaß- nahmen zum Inhalt haben, werden grundlegend überarbeitet und künftig in zwei Teilen vergeben. Parallel zu den Änderungen der Baumanagerverträge und deren Inhalt werden durch die Implementierung der ProjektmanagementRichtlinie künftig alle Bau- und Sanierungsprojekte auf Basis einer unternehmensweiten, standardisierten Projektmanagement-Richtlinie abgewickelt. In dieser Richtlinie wird sichergestellt, dass standardisierte Projekthandbücher, Kostencontrolling-Berichte, Termincontrolling-Grundlagen, Wirtschaftlichkeitsberechnungen etc. künftig bei Wiener Wohnen Anwendung finden. Durch diese Maßnahmen wird eine Verbesserung der Termin- und Kostentreue sowie eine Steigerung der Qualitäten bei der Abwicklung von Sanierungsprojekten erwartet. Darin sind u.a. die Aufgaben der Projektleitung, der örtlichen Bauaufsicht und der begleitenden Kontrolle bei der Abwicklung von Projekten und der Abwicklung von Bauvorhaben beschrieben. Einen Teil der Implementierung stellt darüber hinaus das Aus- und Weiterbildungsprogramm für die Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter dar, das an die neuen künftigen Anforderungen angepasst und stufenweise umgesetzt wird. Empfehlung Nr. 2: Es wurde empfohlen, die vertraglich festgelegten Zuschlagsfristen möglichst einzuhalten, um zu vermeiden, im Fall einer Nichtzustimmung des Billigst- bzw. Bestbieters zur Fristverlängerung einen nachgereihten Bieter beauftragen zu müssen. StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 34 von 35 Stellungnahme der Unternehmung "Stadt Wien - Wiener Wohnen": Der Empfehlung wird entsprochen. Empfehlung Nr. 3: Bei künftigen Dienstleistungsaufträgen zur Abwicklung von Bau- und Sanierungsleistungen sollte der Angebotspreis nicht allein maßgebend sein. Vor allem die nötige Erfahrung und Fachkompetenz der Bieterinnen bzw. Bieter für die jeweilige Aufgabenstellung sollten in Betracht gezogen und diese auch eingehend geprüft werden. Stellungnahme der Unternehmung "Stadt Wien - Wiener Wohnen": Auch bei künftigen Vergaben von Baumanagerverträgen wird die fachliche Qualifikation besonders berücksichtigt werden. Empfehlung Nr. 4: Im Zuge der Neuorganisation des Bereiches Baumanagement sollte darauf Bedacht genommen werden, Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter selbstständig und eigenverantwortlich die Abwicklung der Sanierungsvorhaben durchführen zu lassen. Stellungnahme der Unternehmung "Stadt Wien - Wiener Wohnen": Durch die in Empfehlung Nr. 1 erwähnten Maßnahmen werden den Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern von Wiener Wohnen Werkzeuge zur Verfügung gestellt, um eine selbstständige und eigenverantwortliche Abwicklung von Sanierungsvorhaben zu ermöglichen. Empfehlung Nr. 5: Im Zuge der Änderungen in der Unternehmensorganisation und der Einrichtung einer Organisationseinheit "Vergabe und Beschaffung" wurde empfohlen, Vergabeakte selbstständig erschöpfend zu behandeln. Damit einhergehend sollten Überlegungen angestellt werden, ob eine Anpassung des Procederes hinsichtlich der Befassung der Vergabekommissionen erforderlich wäre. StRH VI - StW-WW-1/14 Seite 35 von 35 Stellungnahme der Unternehmung "Stadt Wien - Wiener Wohnen": Der Empfehlung wird entsprochen. Hinsichtlich der Vorgangsweise für künftige Vergabekommissionen wird Wiener Wohnen Gespräche mit der Magistratsdirektion - Geschäftsbereich Recht suchen und führen, da ein beidseitiges Interesse an einer effektiven und effizienten Abwicklung besteht. Der Stadtrechnungshofdirektor: Dr. Peter Pollak, MBA Wien, im März 2014

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