“Mit Krallen und Zähnen
verteidigen”
Wiens SPÖ-Wohnbaustadtrat Michael Ludwig über
Billigmieter, EU-Gesetze und die Zukunft von Rot-Grün
INTERVIEW: JOSEPH GEPP, FLORIAN KLENK
FOTO: HANS HOCHSTÖGER
INTERVIEW: JOSEPH GEPP, FLORIAN KLENK
FOTO: HANS HOCHSTÖGER
Trägt ein
altertümliches Mietrecht Mitschuld an teuren Räumaktionen wie jener von
vergangener Woche in der Mühlfeldgasse in der Leopoldstadt? Diese und andere
Fragen richtete der Falter an Wiens SPÖ-Wohnbaustadtrat Michael
Ludwig.
Falter: Herr Ludwig, wir haben uns im
Grundbuch informiert, wie viel die Mieter des Hauses Mühlfeldgasse an Zins
bezahlen. Die Mieten für einzelne Wohnungen betragen etwa 46 oder 87 Euro.
Aufgrund eines veralteteten Mietrechts zahlen Altmieter oft extrem wenig.
Öffnet dies nicht das Einfallstor für Spekulanten, die Mieter mit rabiaten
Methoden vor die Tür setzen wollen?
Michael Ludwig: Häuser wie das in der Mühlfeldgasse sind Einzelfälle in
Wien. Wir verfolgen seit mittlerweile 40 Jahren das Instrument der sogenannten
sanften Stadterneuerung. Auf diesem Weg arbeiten wir erfolgreich mit privaten
Hauseigentümern zusammen. Wenn diese beispielsweise ihre Objekte sanieren
möchten, gibt es dafür finanzielle Unterstützung, etwa durch den Wohnfonds
Wien. Der Anteil an Substandardwohnungen in Wien konnte durch solche Maßnahmen
auf drei Prozent reduziert werden. In der Mühlfeldgasse verbinden sich schlechte
Bausubstanz mit sehr billigen Mieten -aber das sind Restbestände aus alten
Zeiten.
Das Mietrecht trägt also keinerlei Mitschuld
an solchen Problemfällen?
Ludwig: Es ist unbestritten, dass das Mietrecht – auch trotz der
Maßnahmen auf Wiener Ebene – reformiert werden muss. Aber hier gibt es eben
Interessengegensätze; die SPÖ vertritt die Mieterinnen und Mieter und die ÖVP
die Hauseigentümer.
Welche Reformen wären notwendig?
Ludwig: Ich habe ein Transparenzpaket vorgeschlagen, in dem ich etwa die Deckelung der sogenannten Zuschläge bei den Richtwertmieten anrege. Ein großes Problem ist etwa der Lagezuschlag, insbesondere bei Gründerzeithäusern im innerstädtischen Bereich. Der wirkt extrem preistreibend.
Ludwig: Ich habe ein Transparenzpaket vorgeschlagen, in dem ich etwa die Deckelung der sogenannten Zuschläge bei den Richtwertmieten anrege. Ein großes Problem ist etwa der Lagezuschlag, insbesondere bei Gründerzeithäusern im innerstädtischen Bereich. Der wirkt extrem preistreibend.
Die Hauseigentümer lehnen diesen Vorschlag
radikal ab. Unter diesen Umständen könnten sie ihre Häuser nicht mehr erhalten
und keine legitime Rendite mehr erwirtschaften, behaupten sie.
Ludwig: Alle Beteiligten müssen bei den Mietrechtsverhandlungen
von ihren Maximalforderungen abrücken. Natürlich müssen Hauseigentümer die
Möglichkeit haben, ihre Bausubstanz zu erhalten. Umgekehrt sollen aber auch die
Mieter geschützt werden, bei der Höhe der Miete genauso wie bei der Dauer des
Mietverhältnisses. Wir haben in Wien den zweitniedrigsten Richtwert überhaupt –
ich verstehe also durchaus, dass die Hauseigentümer auf Zuschläge pochen. Aber
es muss bei den Zuschlägen einen vernünftigen, nachvollziehbaren Spielraum
geben. Dass wir derzeit bei Neuvermietungen am privaten Wohnmarkt eine
Preisexplosion erleben, das lässt sich nicht nur mit Sanierungsbedarf erklären.
Hier sind auch massive ökonomische Interessen im Spiel. Die Renditen am
Immobilienmarkt sollen nicht über Gebühr ausfallen und trotzdem den Erhalt der
Bausubstanz gewährleisten – diese gute Wiener Tradition soll erhalten bleiben.
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