Donnerstag, 16. Oktober 2014

Ludwig und das Mietrecht

“Mit Krallen und Zähnen verteidigen”

Aus dem FALTER 32/2014
Wiens SPÖ-Wohnbaustadtrat Michael Ludwig über Billigmieter, EU-Gesetze und die Zukunft von Rot-Grün


INTERVIEW: JOSEPH GEPP, FLORIAN KLENK

FOTO: HANS HOCHSTÖGER
Trägt ein altertümliches Mietrecht Mitschuld an teuren Räumaktionen wie jener von vergangener Woche in der Mühlfeldgasse in der Leopoldstadt? Diese und andere Fragen richtete der Falter an Wiens SPÖ-Wohnbaustadtrat Michael Ludwig.
Falter: Herr Ludwig, wir haben uns im Grundbuch informiert, wie viel die Mieter des Hauses Mühlfeldgasse an Zins bezahlen. Die Mieten für einzelne Wohnungen betragen etwa 46 oder 87 Euro. Aufgrund eines veralteteten Mietrechts zahlen Altmieter oft extrem wenig. Öffnet dies nicht das Einfallstor für Spekulanten, die Mieter mit rabiaten Methoden vor die Tür setzen wollen?
Michael Ludwig: Häuser wie das in der Mühlfeldgasse sind Einzelfälle in Wien. Wir verfolgen seit mittlerweile 40 Jahren das Instrument der sogenannten sanften Stadterneuerung. Auf diesem Weg arbeiten wir erfolgreich mit privaten Hauseigentümern zusammen. Wenn diese beispielsweise ihre Objekte sanieren möchten, gibt es dafür finanzielle Unterstützung, etwa durch den Wohnfonds Wien. Der Anteil an Substandardwohnungen in Wien konnte durch solche Maßnahmen auf drei Prozent reduziert werden. In der Mühlfeldgasse verbinden sich schlechte Bausubstanz mit sehr billigen Mieten -aber das sind Restbestände aus alten Zeiten.
Das Mietrecht trägt also keinerlei Mitschuld an solchen Problemfällen?
Ludwig: Es ist unbestritten, dass das Mietrecht – auch trotz der Maßnahmen auf Wiener Ebene – reformiert werden muss. Aber hier gibt es eben Interessengegensätze; die SPÖ vertritt die Mieterinnen und Mieter und die ÖVP die Hauseigentümer.
Welche Reformen wären notwendig?

Ludwig: Ich habe ein Transparenzpaket vorgeschlagen, in dem ich etwa die Deckelung der sogenannten Zuschläge bei den Richtwertmieten anrege. Ein großes Problem ist etwa der Lagezuschlag, insbesondere bei Gründerzeithäusern im innerstädtischen Bereich. Der wirkt extrem preistreibend.
Die Hauseigentümer lehnen diesen Vorschlag radikal ab. Unter diesen Umständen könnten sie ihre Häuser nicht mehr erhalten und keine legitime Rendite mehr erwirtschaften, behaupten sie.
Ludwig: Alle Beteiligten müssen bei den Mietrechtsverhandlungen von ihren Maximalforderungen abrücken. Natürlich müssen Hauseigentümer die Möglichkeit haben, ihre Bausubstanz zu erhalten. Umgekehrt sollen aber auch die Mieter geschützt werden, bei der Höhe der Miete genauso wie bei der Dauer des Mietverhältnisses. Wir haben in Wien den zweitniedrigsten Richtwert überhaupt – ich verstehe also durchaus, dass die Hauseigentümer auf Zuschläge pochen. Aber es muss bei den Zuschlägen einen vernünftigen, nachvollziehbaren Spielraum geben. Dass wir derzeit bei Neuvermietungen am privaten Wohnmarkt eine Preisexplosion erleben, das lässt sich nicht nur mit Sanierungsbedarf erklären. Hier sind auch massive ökonomische Interessen im Spiel. Die Renditen am Immobilienmarkt sollen nicht über Gebühr ausfallen und trotzdem den Erhalt der Bausubstanz gewährleisten – diese gute Wiener Tradition soll erhalten bleiben.


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