Wiener Bauordnung: Befristete Baulandwidmung
läuft leer
Die Stadt will
Spekulanten entgegenwirken. So, wie das novellierte Gesetz formuliert ist, muss
sie diese aber entschädigen, wenn bestehendes Bauland befristet wird.
Na super, da werden die Spekulanten
belohnt. Und das soll eine Gesetzes-Novelle sein?
05.10.2014 | 18:21 | (Die Presse)
Wien. Die diesjährige Reform der Wiener
Bauordnung wurde von der Stadtregierung als „Vorzeigeprojekt“ präsentiert.
Neben Flexibilisierungen im Bereich der Bauvorschriften bringt die
Bauordnungsnovelle auch ein Novum im Bereich der Flächenwidmung. Um das „Horten“
von Bauland zu verhindern und Spekulanten entgegenzuwirken, wurde in § 4 Abs 4
BauO die Möglichkeit geschaffen, die Widmung Bauland befristet auszuweisen.
Bei Umwidmung eines Baulandgundstücks z.B. in
Grünland hat nach verfassungsgerichtlicher und oberstgerichtlicher
Rechtsprechung der Eigentümer Anspruch auf Entschädigung, etwa wegen
Wertminderung und Aufwendungen, die er im Vertrauen auf die Baulandwidmung
getätigt hat (wie Aufschließungskosten).
Die Wiener Bauordnung
sieht für solche Fälle einen Entschädigungsanspruch vor; der Eigentümer hat
einen Einlösungsanspruch: Er kann den Grund der Gemeinde zum Baulandmarktpreis
verkaufen. Diesen Anspruch schließt die Novelle für den Fall der befristeten
Baulandwidmung nun aus (§ 59 Abs 2 Z 5 BauO): „Ein Einlösungsanspruch steht
nicht zu, wenn die Widmung Bauland durch Ablauf einer gemäß § 4 Abs 4
ausgewiesenen Frist außer Kraft tritt.“ Da aber schon die bloße Befristung
selbst (und nicht erst der Ablauf der Befristung) für den Eigentümer, dessen
Grundstück bereits unbefristet als Bauland gewidmet war, einen Eingriff in sein
verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf Eigentum darstellt, steht dem
Eigentümer wohl schon in diesem Fall ein Ersatzanspruch zu.
Die Möglichkeit, Bauland
zu befristen, gibt es auch in Niederösterreich und Burgenland. Allerdings ist
sie dort besser durchdacht: Zum einen ist sie nur bei Neuwidmungen von Bauland
möglich. Zum anderen ist die Frist mit fünf Jahren (NÖ) bzw. von fünf bis zehn
Jahren (Bgld.) festgelegt. Ferner kann nach Ablauf der Frist die Gemeinde die
Widmung binnen eines Jahres ändern. Die Widmung Bauland bleibt also zunächst
bestehen. Nur wenn die Gemeinde innerhalb eines Jahres nach Ablauf der Frist
die Baulandwidmung aufhebt, besteht kein Entschädigungsanspruch wegen
Wertverlusten bzw. getätigter Aufwendungen. Wenn die Gemeinde allerdings erst
später rückwidmet, hat der Eigentümer wieder Anspruch auf Entschädigung, was
der Vertrauensschutz auch gebietet.
Was muss der Eigentümer tun?
Demgegenüber enthält die
Regelung in Wien außer einer Bezugnahme auf die gesetzlichen Planungsziele
keine weitere Determinierung. Hier sind befristete Baulandwidmungen weder auf
Neuwidmungen noch zeitlich beschränkt, könnten also auch bestehende Widmungen
betreffen und verfassungswidrig kurz bemessen sein. Auch ist unklar, welche
Schritte der Eigentümer setzen muss, um ein Auslaufen der Baulandwidmung zu
verhindern (reicht bereits die Baubewilligung, oder muss die widmungskonforme Bebauung
vor Fristablauf fertig gestellt sein?).
Ferner ist offen, welche
Widmung gelten soll, wenn die Befristung abläuft. Der Ausschluss des
Einlösungsanspruchs gem. § 59 Abs 2 Z 5 gilt ja nur dann, wenn die Widmung
Bauland „durch Ablauf“ der Befristung „außer Kraft tritt“. Ob die
Baulandwidmung aber überhaupt durch bloßen Ablauf außer Kraft treten kann, ist
ebenfalls unklar. Der VfGH sprach in einer Entscheidung vom 2. 3. 2000 (V60/
98) aus, dass nach Ablauf einer Befristung die ursprüngliche Widmung nicht wieder
auflebte. Dass nach Fristablauf eine bestimmte andere Widmung gilt, sieht die
Bauordnung aber auch nicht vor.
Bleibt nur ein
Automatismus im Flächenwidmungsplan. Dieser wäre verfassungsrechtlich aber
fragwürdig: Jeder Widmungsänderung hat eine umfangreiche Grundlagenforschung
voranzugehen; liegt sie bereits Jahre zurück, kann sie wohl nicht mehr als
aktuell gelten. Wenn die Baulandwidmung hingegen nur außer Kraft tritt, ohne
dass gleichzeitig eine andere Widmung in Kraft tritt, entsteht ein „weißer Fleck“,
der – ausgehend vom Grundsatz der Baufreiheit – bebaut werden dürfte. Eine
anschließende Widmung in Grünland würde dann wiederum eine Einschränkung der
Eigentumsfreiheit darstellen, für die nach verfassungsrechtlichen Grundsätzen
Entschädigung zu leisten wäre.
Insgesamt erscheint die
gesetzliche Konstruktion der befristeten Baulandwidmung daher eher
undurchdacht, verfassungsrechtlich bedenklich und zudem zahnlos.
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