Als ob die im Vorjahr vom Tagebuch aufgedeckten Lücken in Werner Faymanns Lebenslauf noch nicht blamabel genug gewesen wären: Wer heute die offiziellen Lebensläufe des österreichischen Bundeskanzlers studiert, findet zusätzlich neue Manipulationen. Das wäre in keiner anderen Demokratie möglich. Vor allem, weil sich immer mehr unkorrekte Dinge aneinander reihen, selbst solche, die sich leicht beweisen lassen. Was haben die Genossen doch einst bei Kurt Waldheim wegen dessen Unterlassungen für einen weltweiten Aufruhr angezündet!
Dabei ging es bei Waldheim bloß um
Weglassungen in einem Buch und keineswegs um staatsoffizielle Lebensläufe. Bei
Faymann werden in diesen hingegen – mindestens – zwei essentielle Fakten unterdrückt.
Neuerdings auch seine Demütigung beim letzten SPÖ-Parteitag. Zugleich steht
außer Zweifel: Selbst in dem Wenigen, was geschrieben wird, hat Werner
Faymann einen international absolut blamablen Lebenslauf.
Beginnen wir mit den Lebensläufen auf der republiksoffiziellen
Homepage des Parlaments. Diese sind einheitlich gestaltet, wie ich mich bei
zahlreichen Stichproben überzeugen konnte. Bei Roten wie Schwarzen. Bei jedem
Lebenslauf wird sogar der Volksschulbesuch mit Kalenderjahren und Namen der Schule
festgehalten. Dasselbe geschieht natürlich auch bei allen weiteren
Ausbildungsstationen mit Ort und Zeit. Auch für – vorsichtig ausgedrückt –
minder wichtige Funktionsträger.
Nur beim mächtigsten Politiker dieses Landes ist das nicht der
Fall. Dort steht bloß „Bildungsweg: Studium der Rechtswissenschaften an der
Universität Wien (nicht abgeschlossen)“. Keine Schule. Kein Datum. In Wahrheit
ist das ein unglaublicher Skandal. Als ob die Bürger in einer Demokratie kein
Recht hätten, zumindest die simpelsten Fakten über den Chef der derzeit größten
Partei des Landes zu erfahren. Nicht nur in den USA müsste jeder Politiker
schon allein wegen solcher biographischen Defizite umgehend zurücktreten.
Um keinen Zweifel zu lassen: Die Volksschule hat Faymann absolviert,
auch wenn es nicht vermerkt ist. Das geht aus der Tatsache hervor, dass er in
der Unterstufe als Schüler einer AHS in deren Jahresbericht vermerkt war. Ab
diesem Zeitpunkt jedoch verlieren sich die Spuren dieses Mannes auf viele Jahre
im Nirwana.
Absolut blamabel ist aber auch, was bei Faymanns
Parlaments-Lebenslauf unter „beruflicher Werdegang“ steht, also bevor er sich
von einer parteipolitischen Funktion zur Nächsten weiterschob:
·
Geschäftsführer
und Landesvorsitzender der Wiener Mietervereinigung 1988
·
Konsulent
der Zentralsparkasse 1985–1988
Aus. Alles. Die Regierungschefs wohl sämtlicher europäischen
Länder würden sich mit einem solchen dürren Werdegang in Grund und Boden
schämen.
Dabei muss Faymann ja ein Genie gewesen sein – oder von Jugend an
ein rein parteipolitischer Protektions- und Versorgungsfall: Denn einen
„Konsulenten“-Posten bei einer großen Bank gibt es normalerweise niemals für
25-Jährige. Das ist vielmehr eine (bisweilen) verwendete Konstruktion, um
ehemaligen Spitzenfunktionären noch Geld zuzuschanzen, ihre angesammelte
Erfahrung zu nutzen oder sie von einem Wechsel zur Konkurrenz abzuhalten.
Nichts davon kann bei Faymann zutreffen.
Um nicht missverstanden zu werden: Auch ein Pflichtschüler ist ein
ehrenwerter Mann. Widerlich ist nur, wenn beim Lebenslauf ein hemmungsloses
Tarnen und Täuschen stattfindet. Widerlich ist aber auch seine gegenwärtige
Hetze gegen Banken, obwohl er von einer solchen mehr profitiert hat als 99,99
Prozent der Wähler.
Der vergessene Parteitag
Tarnen und Täuschen findet sich aber auch beim zweiten offiziellen
Faymann-Lebenslauf, nämlich dem auf der Seite des Kanzleramtes. Dort wird zwar
vage ein „Gymnasium“ im 15. Bezirk, aber sonst nichts wie etwa Zeitraum seines
Gymnasialaufenthalts oder etwa gar Matura erwähnt. Von Universität oder einem
„Studium“ ist dort – trotz großen Wortgeschwurbels – keine Spur mehr zu finden.
Dafür findet sich dort noch eine ganz andere Unglaublichkeit: Die
Darstellung seiner „Erfolge“ bei SPÖ-Parteitagen. Zwar wird, bis auf
Hundertstel-Prozent genau, sein parteiinternes Wahl-Ergebnis aus dem Jahr 2008
veröffentlicht. Zwar wird sogar das Gebäude genannt, in dem der damalige
Parteitag stattgefunden hat. Aber: Im gleichen Lebenslauf wird der jüngste
SPÖ-Parteitag mit keiner Silbe mehr erwähnt. Dabei hat der im Oktober 2012
stattgefunden; also wäre selbst im Bundeskanzleramt wohl schon Zeit gewesen,
ihn einzutragen.
Jedoch: Faymann hat bei diesem Parteitag das bisher überhaupt
schlechteste Ergebnis eines Vorsitzenden in der Geschichte der Sozialdemokratie
hinnehmen müssen. Die 83,43 Prozent wurden damals sogar in mehreren Medien als
„historisches Debakel“ bezeichnet. Daher ist wohl eindeutig, was der wahre
Grund der Nichterwähnung ist.
Seltener ist klarer bewiesen: Der Hang der Genossen zum hemmungslosen
Manipulieren und Weglassen unerwünschter Fakten ist grenzenlos. Wenn ein Kurt
Waldheim so mit seinem Lebenslauf umgeht, zünden sie die Republik an. Wenn es
jedoch ein Faymann tut, kommt er in dieser verkommenen österreichischen
Medienlandschaft offensichtlich reaktionslos davon.
Welcher Bürger soll da auch nur irgendeiner offiziellen
Information oder Zahl aus dem Kanzleramt oder irgendeiner anderen
regierungsoffiziellen Institution trauen? Es wäre absoluter Wahnsinn, es zu
tun. Vor allem bei all jenen Fakten, die man nicht so leicht nachprüfen kann
wie etwa ein SPÖ-Parteitags-Ergebnis!
Übrigens: Auf spoe.at habe ich trotz intensiver Suche überhaupt
keinen Faymann-Lebenslauf mehr gefunden. Das liegt aber sicher an mir und nicht
an der Tatsache, dass die Partei ihren Chef zwar in zahllosen Schönfotos
präsentieren will, sich aber für seinen Lebenslauf geniert . . .
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