Donnerstag, 23. Oktober 2014

Armutsgefährdung in Österreich

Studie: Armutsgefahr ist in Österreich seit Ausbruch der Krise 2008 gesunken

In Österreich ist die Zahl der armutsgefährdeten Menschen entgegen dem EU-Trend zwischen 2008 und 2013 gesunken. In einer aktuellen Studie der Statistik Austria werden 1,572 Millionen Landsleute als armuts- oder ausgrenzungsgefährdet ausgewiesen (siehe Grafik). Das entspricht 18,8 Prozent der Gesamtbevölkerung. Seit 2008, jenem Jahr, in dem die internationale Finanzkrise ausgebrochen ist, ist damit die Zahl um 127.000 Personen in Österreich gesunken. Im EU-Schnitt ist die Quote gleichzeitig um 1,1 Punkte auf 24,8 Prozent gestiegen.
Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SP) lobte die umverteilende Wirkung des Sozialstaates, dank der man "trotz Krise eine Reduktion" geschafft habe. Ziel sei es, bis 2020 weitere 108.000 Menschen aus der Gefahrenzone zu bringen.
Seitens der Statistiker werden aber auch Unschärfen eingeräumt. Dass es in Österreich im Gegensatz zu vielen EU-Ländern eine signifikant positive Entwicklung gegeben hat, führt Studienmitautorin Nadja Lamei auf eines der drei europaweit abgestimmten Kriterien zurück: Bei der Messung der "erheblichen materiellen Deprivation", also Entbehrung, habe es gegenüber 2008 "die stärksten Verbesserungen" gegeben. Dabei wird gefragt, ob man etwa regelmäßig seine Miete bezahlen und die Wohnung ausreichend heizen könne, ein Auto oder ein Handy besitze. Werden mindestens vier von neun Fragen mit Nein beantwortet, gilt man als ausgrenzungsgefährdet. Das traf auf 355.000 Personen zu, um 130.000 weniger als 2008. Eine eindeutige Erklärung für diese subjektiv positivere Sicht auf die Erfüllung der Mindestlebensstandards habe man noch nicht, sagte Lamei im Gespräch mit den OÖNachrichten.
Für die beiden weiteren Kriterien, bei denen wenig Veränderung gemessen wurde, gibt es statt Umfragen harte Verwaltungsdaten: Armutsgefährdet ist, wer weniger als 60 Prozent des Medianwerts aller Einkommen netto pro Monat zur Verfügung hat. 2013 waren das 1104 Euro für Alleinlebende. Für jeden Erwachsenen im Haushalt kommen 545 Euro hinzu, für jedes Kind 331 Euro. Im Vorjahr fielen 1,2 Millionen Menschen in Österreich unter diese Grenze, um 50.000 weniger als 2008. Faktoren wie das Verhältnis allenfalls sinkender Reallöhne zu steigenden Lebenshaltungskosten werden dabei nicht berücksichtigt.
Beim dritten von der EU-Statistik vorgegebenen Kriterium geht es um "nahezu erwerbslose Haushalte". Das trifft zu, wenn das Erwerbspotenzial maximal zu 20 Prozent ausgeschöpft wird. Diese Gruppe umfasste in Österreich 496.000 Personen.
Im Gegensatz zur Regierung sieht die Armutskonferenz in der aktuellen Studie "keine Entspannung". Die Entwicklung seit 2004 zeige "konstant hohe Armutslagen". Sorge bereite, dass trotz stabiler Haushaltseinkommen die Ausgaben ständig steigen.
Die vollständige Studie zu Armut und sozialer Eingliederung finden Sie unterwww.statistik.at

Grafik: Armutsgefährdung in Österreich

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