Donnerstag, 8. Mai 2014

Minister Brandstetter strebt bei Mitrechtsreform großen Wurf an

 Der Dreck

 Er habe den Ehrgeiz, bei der geplanten Mietrechtsreform 
einen größeren Wurf zu schaffen, unterstrich heute Justizminister 
Wolfgang Brandstetter im Rahmen einer Aktuellen Aussprache im 
Bautenausschuss. Zu diesem komplexen und gesellschaftspolitisch 
wichtigen Thema sei bereits im Vorjahr eine Arbeitsgruppe unter 
Einbeziehung aller Interessensvertretungen eingerichtet worden, die 
Vorschläge erarbeiten soll, welche auch konsensfähig seien, rief er 
in Erinnerung. Ergebnisse liegen derzeit noch nicht vor, sagte der 
Minister, zumal die Materie äußerst komplex sei. Er könne daher auch 
keine konkreten Aussagen über Details machen, um dem 
Diskussionsprozess nicht vorzugreifen. Stellungnahmen seinerseits 
machten erst Sinn, wenn ein Gesamtpaket vorliegt. 

Grundsätzlich strebt der Minister ein einheitliches, einfaches und 
transparentes Mietrecht an, wie er zusammenfassend betonte. 
Brandstetter rechnet mit einem Abschluss der Arbeiten in der 
Expertengruppe nicht vor dem Frühherbst. Er sagte den 
Ausschussmitgliedern zu, nach Vorlage der Vorschläge die 
BautensprecherInnen der einzelnen Fraktionen zu einem Round-Table-
Gespräch einzuladen und dann mit der legistischen Umsetzung der 
Vorschläge zu beginnen. 
Die Mühen der kompetenzrechtlichen Ebene
Ein wichtiges Anliegen sei ihm dabei, Wohnen leistbar zu machen, 
zeigte sich der Minister eines Sinnes mit Ausschussvorsitzender Ruth 
Becher (S) sowie mit allen anwesenden Abgeordneten. Dieses 
Leitprinzip müsse auf allen Ebenen umgesetzt werden, sagte 
Brandstetter, auch wenn es nicht einfach sei, sowohl den 
Erfordernissen des Marktes als auch dem Grundbedürfnis der Menschen 
nach leistbarem Wohnraum zu entsprechen. 
Eine umfassende Reform sei auch deshalb äußerst schwierig und 
komplex, weil die Frage nicht nur das Mietrecht betreffe, sondern 
etwa auch das Wohnungseigentumsgesetz und das 
Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz. Darüber hinaus liege eine 
uneinheitliche Judikatur vor, die gesetzliche Klarstellungen 
notwendig mache. Für eine weitreichende Neugestaltung sei ferner 
aufgrund der Kompetenzlage eine enge Zusammenarbeit mit dem 
Wirtschaftsminister erforderlich und auch die Bundesländer müssten 
ins Boot geholt werden. Brandstetter nannte in diesem Zusammenhang 
beispielsweise die Wohnbauförderung und das Baurecht. Er könne daher 
auch nicht in der Frage der Zweckbindung von Wohnbaufördermittel 
aktiv werden, weil dies Sache der Länder sei, hielt er gegenüber 
zahlreichen Forderungen nach Wiedereinführung der Zweckbindung fest. 
Er bedauerte auch, dass die Subjektförderung im Wohnbau seitens der 
Länder nachgelassen habe und versicherte, dass er alles dazu 
beitragen werde, um jungen Menschen und Familien den Zugang zu 
erschwinglichen Wohnungen zu ermöglichen. 
Aus seinen Aussagen war demnach eine leise Kritik vor allem 
hinsichtlich der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern zu 
hören, wobei Brandstetter das Wort "Kompetenzdschungel" verwendete 
und meinte, der Österreich-Konvent habe zu dieser Frage wertvolle 
Ideen geliefert, die man diskutieren sollte. 
Leistbares Wohnen hat viele Dimensionen
Aus den Wortmeldungen der Abgeordneten war unisono die Dringlichkeit 
herauszuhören, die Wohnraumbeschaffung leistbar zu gestalten sowie 
das Mietrecht selbst zu vereinfachen. Wenn man bei der Unterzeichnung 
eines Mietvertrags Angst haben muss, übervorteilt zu werden, dann 
habe das Gesetz seinen Sinn verfehlt, meinte etwa Gerald Loacker von 
den NEOS. Katharina Kucharowits und Angela Lueger (beide S) riefen 
dazu auf, Startwohnungen verstärkt zum Thema zu machen und zeigten 
sich über die Aussagen des Ministers erfreut, dem 
gesellschaftspolitischen Aspekt des Mietrechts besonderes Augenmerk 
zu schenken. Lueger wies insbesondere auf das Problem der steigenden 
Anzahl befristeter Mietverträge hin. Elisabeth Hakel (S) wiederum 
thematisierte die Unklarheiten hinsichtlich der Definition der 
Kategorien aufgrund bestimmter Ausstattungsmerkmale. Leistbares 
Wohnen betreffe viele Faktoren, das zeige auch diese Diskussion, 
ergänzte Johann Singer (V). Waltraud Dietrich (T) kritisierte die 
unterschiedlichen Bestimmungen in den Bundesländern und sprach sich 
für eine einheitliche klare Gesetzgebung aus, wozu man jedoch die 
Länder einbinden müsse. 
Als einen Knackpunkt bezeichnete Gabriela Moser (G) die mangelnde 
Definition von Zu- und Abschlägen. Sie bedauerte zudem, dass der 
Geltungsbereich des Mietrechts mehr und mehr eingeschränkt werde. Dem 
stimmte ihr Klubkollege Albert Steinhauser zu und warf allgemein ein, 
dass das Mietrechtsgesetz in seiner derzeitigen Form und 
Kompliziertheit nicht mehr handhabbar sei. Schutzbestimmungen griffen 
nicht mehr, diskussionswürdig sei die Vergebührung im Zusammenhang 
mit Mietverträgen, auch müsste seiner Meinung nach eine Neuregelung 
beim Hauptzins und bei den Betriebskosten Platz greifen. 
Viele Stimmen für Wiedereinführung der Zweckbindung der 
Wohnbaufördermittel
Explizit für die Wiedereinführung der Zweckbindung von 
Wohnbaufördermittel sprachen sich Josef Muchitsch (S) und Rupert 
Doppler (F) aus, und zwar unter Einbeziehung der Rückflüsse aus 
Wohnbaudarlehen. Die Länder hätten rund 10 Mio. € "verscherbelt", 
kritisierte Muchitsch scharf. Er forderte überdies, die Möglichkeit 
zu schaffen, rasch bezirks- und gemeindeübergreifende 
Schlichtungsstellen einrichten zu können. Gerald Loacker (N) stellte 
die Frage in den Raum, ob man nicht die Geschäftsmieten aus dem 
Mietrecht herausnehmen und im ABGB regeln sollte, da diese nicht in 
diesem Ausmaß schutzwürdig seien. Philipp Schrangl (F) thematisierte 
die Maklergebühren, Michaela Steinacker (V) regte an, das Baurecht zu 
modernisieren, insbesondere auch hinsichtlich der abgabenrechtlichen 
Seite. 
Zu all diesen Vorschlägen bemerkte der Minister, dass diese Themen 
der Arbeitsgruppe seien.
NEOS fordern stärkere Einbindung des Parlaments bei Mietrechtsreform
Dem Ausschuss lagen auch zwei Anträge vor, deren Inhalte ebenfalls 
der Mietrechtsreform mit dem Ziel eines leistbaren Wohnens gewidmet 
sind und damit nahtlos an das Thema der Aktuellen Aussprache 
anschlossen. Beide Initiativen wurden jedoch unter Hinweis auf das 
Regierungsprogramm und die Arbeit der Expertengruppe mit den Stimmen 
von SPÖ und ÖVP mehrheitlich vertagt.
Zum einen drängen die NEOS auf eine rasche und transparente 
Überarbeitung des geltenden Mietrechts unter Einbeziehung des 
Bautenausschusses. Gerald Loacker (N) fordert daher in seinem Antrag 
den Justizminister auf, dem Nationalrat einen vierteljährlichen 
Fortschrittsbericht über die Tätigkeit der eingesetzten Arbeitsgruppe 
vorzulegen. Dem hielt Friedrich Ofenauer (V) entgegen, man möge 
zunächst die Expertengruppe arbeiten lassen, dann werde es 
voraussichtlich im Herbst ohnehin einen vom Minister angekündigten 
Round-Table mit den BautensprecherInnen der Fraktionen geben. 
Grüne legen umfassendes Paket zur Senkung der Wohnkosten vor
Zum anderen haben die Grünen ein Paket von Maßnahmen vorgelegt, die 
darauf abzielen, die Wohnungskosten zu senken und den Wohnbau 
insgesamt leistbarer zu machen. Zu den von Gabriela Moser 
präsentierten Vorschlägen zählen in erster Linie die Wiedereinführung 
der Zweckbindung der Wohnbauförderung, die Bindung der 
Wohnbauförderung an Kriterien der Leistbarkeit, die Gewinnung 
privaten Kapitals für leistbaren Wohnbau sowie die Durchforstung des 
Normenkatalogs. So wollen die Grünen die Grundkosten durch 
Widmungsregelungen senken, darüber hinaus sollen auch die 
Bauordnungen vereinfacht werden. Günstiges Kapital für den Wohnbau 
könnte nach den Vorstellungen der Grünen zudem auch im Wege der 
Bundesfinanzierungsagentur zur Verfügung gestellt werden. Schließlich 
stellt die Initiative Mosers auch die Förderung des Wohnbausparens 
durch eine staatliche Prämie als nachhaltige Form der 
Zukunftsvorsorge zur Diskussion. 
Obwohl dieser Antrag, wie die Diskussion zeigte und auch von Josef 
Muchitsch (S) ausdrücklich betont wurde, grundsätzlich von allen 
Ausschussmitgliedern inhaltliche Unterstützung fand, wurde auch 
dieser mit den Stimmen der Koalitionsparteien vertagt. Der Antrag der 
Grünen enthalte alle Punkte, die auch im Regierungsprogramm 
festgeschrieben seien, argumentierte Muchitsch, außerdem beträfen die 
wesentlichen Punkte darin Länderkompetenzen, deshalb müsse man die 
Arbeiten der Expertengruppe abwarten. 
Dieser Argumentation konnte die Opposition nur wenig abgewinnen. Wenn 
man den Antrag inhaltlich unterstütze, dann verstehe sie die 
Vertagung nicht, reagierte Gabriela Moser (G). Auch die FPÖ, die die 
Forderungen der Grünen vollinhaltlich mitträgt, zeigte sich 
verwundert. 
Philipp Schrangl (F) schlug seitens seiner Fraktion zusätzlich vor, 
die Wohnbauförderung so umzugestalten, dass diese den Namen auch 
verdient, und hinterfragte, ob es tatsächlich notwendig sei, 
Solaranlagen, Wärmepumpen und Wohnbeihilfen unter die 
Wohnbauförderung zu subsumieren. Sein Klubkollege Gerhard Schmid 
legte den Fokus auf die Sanierung von Altbauten und meinte, es sei 
notwendig, nicht nur neue Wohnungen zu bauen, sondern auch den 
vorhandenen Altbestand nach dem modernsten Stand der Technik zu 
erneuern.

Man müsse, um das Ziel des leistbaren Wohnens zu erreichen, an vielen 
Schrauben drehen, ergänzte Norbert Sieber von der ÖVP. So hätten etwa 
die Bauordnungen zu viele Auswüchse und auch an der Raumordnung wäre 
der Hebel anzusetzen. Mit Grund und Boden sollte man sparsam umgehen, 
meinte Sieber und rief dazu auf, Grundlagen dafür zu schaffen, dass 
die zahlreichen leerstehenden Wohnungen wieder dem Markt zur 
Verfügung gestellt werden. Sieber vertrat - wie auch Gerald Loacker 
von den NEOS - zudem die Auffassung, dass man bei den Standards über 
das Ziel hinausgeschossen und damit das Bauen verteuert habe. 
(Schluss) jan

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