Donnerstag, 10. Juli 2014

Ludwig und das NS-Regime

Da hat sich Ludwig wieder einmal viel Zeit gelassen. Das ist schon länger bekannt, aber da fehlten ihm die Worte, und auch die, die er jetzt findet, könnten aus einem Buch geliehen sein, so oft wurde das schon heruntergeleiert. Da ist nichts daran, dass der Wahrheit entspricht.
Die kritische Auseinandersetzung mit der NS-Zeit, der Grausamkeit dieses totalitären Regimes,... sagte da Ludwig nur meinen tut er es nicht. Das gehört sich so. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem NS-Regime sieht anders aus.

Wien - Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird Wien vom NS-Regime befreit. 20 Prozent aller Wohnungen, rund 87.000, sind zerstört. 35.000 Menschen sind in Wien obdachlos. 1949 wird unter Bürgermeister Theodor Körner der Wohnbauwiederaufbaufonds eingerichtet. Zahlreiche neu errichtete Gemeindebauten werden – wie bereits im “Roten Wiener der ersten Republik” – mit “Kunst am Bau” versehen.
Der Maler Rudolf H. Eisenmenger, der Schöpfer der beiden am Floridsdorfer Gemeindebau Justgasse 6 – 14 abgebildeten Sgraffiti, war ein vom NS-Regime geförderter Künstler.
Nach dem Anschluss Österreichs an Hitlerdeutschland war er von 1939 bis 1945 Vorsitzender des Künstlerhauses. Aufgrund seiner Rolle in der NS-Zeit wurde ihm 1945 ein zweijähriges Arbeitsverbot auferlegt. Danach erhielt er wieder öffentliche Aufträge. Die Wandbilder “Glückliche Menschen in neuen Häusern” entstanden im Jahr 1951. Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, Bezirksvorsteher Georg Papai und Bezirksrat Gerhard Jordan enthüllten heute; Donnerstag, eine erklärende Zusatztafel beim Werk des umstrittenen Künstlers. Diese soll ein weiterer Anstoß zur Auseinandersetzung mit dem Thema “Kunst und Diktatur” sein.

“Die kritische Auseinandersetzung mit der NS-Zeit, der Grausamkeit dieses totalitären Regimes, aber natürlich auch mit den Anhängerinnen und Anhängern dieser menschenverachtenden Ideologie ist nach wie vor von aktueller Bedeutung. Es liegt in unserer Verantwortung, das Bewusstsein an dieses dunkle Kapitel unserer Geschichte wach zu halten und dafür zu sorgen, dass sich die Geschichte nicht wiederholt. Umso wichtiger ist es mir, dass Erinnerungen an die NS-Zeit und ihrer Gefolgsleute nicht getilgt werden, sondern wir darauf aufmerksam machen und uns damit kritisch auseinandersetzen”, hielt Wohnbaustadtrat Michael Ludwig fest.
“Geschehenes, sei es noch so grauenvoll, lässt sich nachträglich nicht ändern oder ungeschrieben machen. Mit der Anbringung einer Erklärungstafel am Gemeindebau in der Justgasse 6 – 14 wird in Floridsdorf ein weiterer Beitrag für eine legitime Form der Vergangenheitsbewältigung geleistet, nämlich jene, die sich auf das Geschehene in seiner ganzen historischen Fragwürdigkeit einlässt, um es aufzuarbeiten, zu begreifen und daraus Konsequenzen zu ziehen, die eine Wiederholung verhindern. Wer aber vor der Vergangenheit die Augen schließt, wird blind für die Zukunft”, so Bezirksvorsteher Georg Papai.
“Vor allem in der Zeit des Wiederaufbaus erhielten Künstler, die in der NS-Zeit wichtige Funktionen ausübten, wieder öffentliche Aufträge. Dies trifft bei der ,Kunst am Bau’ in Floridsdorf nicht nur Rudolf Eisenmenger zu, der sich mit dem Regime, dem er sicher nicht bedingungslos anhing, arrangiert hatte, sondern vor allem auch auf den belasteten Bildhauer Wilhelm Frass, bei dessen Werken demnächst auch Zusatztafeln angebracht werden. Sie werden zur Diskussion über die schwierige Lage von KünstlerInnen zwischen Kollaboration und Nicht-Anpassung beitragen,” betonte Bezirksrat Gerhard Jordan.

Biografie Rudolf H. Eisenmenger (1902-1994)

Rudolf Hermann Eisenmenger wurde am 7. August 1902 in Piskitelep in Siebenbürgen, Ungarn (heute Simeria, Rumänien) geboren. 1921 zog er mit seinen Eltern nach Wien und begann dort ein Studium an der Akademie der Bildenden Künste. Während des Studiums trat er der Wiener Akademischen Burschenschaft Silesia bei. 1930 wurde er jüngstes Mitglied des Wiener Künstlerhauses, hatte die erste Ausstellung 1930 und 1932 den Durchbruch mit 32 ausgestellten Werken. Es folgten erfolgreiche Ausstellungen im Ausland. 1937 war er österreichischer Juror und Aussteller im Haus der Deutschen Kunst in München. 1938 nahm er erneut an der Biennale Venedig teil und erhielt den Preis der Stadt Wien. Von 1939 bis 1945 war er Vorsitzender des Wiener Künstlerhauses. Bei der Ausstellung “Deutsche Künstler und die SS” Anfang 1944 in Breslau wurde von ihm der Gobelin “Heimat: Die Kraft von uns allen liegt nicht in einem internationalen Phantom -sie liegt in unserer Heimat” ausgestellt. Nach dem Krieg und einem Arbeitsverbot war er ab 1947 weiter in Wien tätig und erhielt zahlreiche Aufträge und Preise. So erstellte er 1950 Vorlagen für Tapisserien in der Wiener Staatsoper. Für diese gestaltete er auch 1955 den Eisernen Vorhang mit dem Hauptthema “Orpheus und Eurydike”. Eisenmenger starb am 3. November 1994 in Wien und wurde auf dem Kalksburger Friedhof bestattet.

Der Gemeindebau Justgasse 6-14


Die Wohnhausanlage – geplant von den Architekten Wilhelm Kaiser
und Rudolf Kolowrath – umfasst 149 Wohnungen und wurde zwischen 1950 und 1951 errichtet. Der Wohnbau liegt östlich der Brünner Straße. Die Anlage erstreckt sich in Randverbauung auf einem U-förmigen Grundriss. Im Innenhof befinden sich zwei weitere rechteckige Bauteile, die parallel zueinander stehen. Die einzelnen Stiegenhäuser sind ausschließlich von der Hofseite aus zugänglich. Die Anlage besticht vor allem durch ihre schlichte Gestaltung und den geschlossenen Eindruck. Das dreigeschoßige Gebäude wird durch das Aufbrechen der Ecken an der Hauptfront aufgelockert. Dort öffnet sich der Wohnbau nach außen und ein Durchgang führt in den Innenhof. Die Fassade wird durch Fensterachsen gegliedert, die mit zwei- bzw. dreiteiligen Fenstern ausgestattet sind. Die Öffnungen sind regelmäßig angeordnet und scharf in die glatte Wandfläche eingeschnitten. Das abschließende Giebeldach unterstreicht den ausgeglichenen, ruhigen Charakter der Wohnhausanlage. 

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