Bürgermeister
Michael Häupl (SPÖ) geht ein Jahr vor der Wiener Gemeinderatswahl offenbar auf
Distanz zu seinem Parteikollegen Bundeskanzler Werner Faymann. Den Hinweis
dafür liefert die Demontage des Landesparteisekretärs Christian Deutsch, der
zur sogenannten „Liesinger-Partie” gehört und somit als Intimus von Kanzler
Faymann gilt, der ebenfalls dieser Wiener SPÖ-Bezirksgruppe angehört. Gerüchten
zufolge war zuletzt die Kritik an dem Wiener Parteimanager immer lauter
geworden. Schlechte Kommunikation nach innen und wenig erfolgreiche Kampagnen
sollen bemängelt worden sein. Die Bestellung von Christian Deutsch zum
Landesparteisekretär im Jahr 2008 haben in der Wiener SPÖ nicht alle
nachvollziehen können. Denn schon damals galt die Beziehung zwischen Häupl und
Faymann als unterkühlt. Der Wiener Bürgermeister soll heilfroh gewesen sein,
als Faymann plötzlich in der Bundesregierung von Alfred Gusenbauer (SPÖ) als
Infrastrukturminister Karriere machte. Häupl wurde so in Wien ein unliebsames
Regierungsmitglied los, einen Wohnbaustadtrat, der nach dem Bürgermeistersessel
geschielt haben soll. Als dann ausgerechnet ein Faymann-Vertrauter das wichtige
Amt des Landesparteisekretärs bekam und Nachfolger des Häupl-Freundes Harry
Kopietz wurde, war die Verwirrung bei den Wiener Sozialdemokraten perfekt.
Die
politische Laufbahn von Deutsch ist jener von Faymann sehr ähnlich. Auch der
49-Jährige Deutsch verfügt nur über ein paar Semester Studium (Medizin). Beide
waren zwischen 1985 und 1988 Konsulenten der Zentralsparkasse und beide waren
in der Mietervereinigung tätig. Schon einmal, nämlich 1983, übte Deutsch das
Amt eines Landesparteisekretärs aus – und zwar in der Sozialistischen Jugend
unter dem damaligen SJ-Vorsitzenden Werner Faymann.
Um
Deutsch muss man sich nach seinem Jobverlust bei der SPÖ allerdings keine
Sorgen machen. Er bleibt Abgeordneter zum Wiener Landtag und darf sich sein
Politiker-Salär aufbessern als Aufsichtsrat in diversen roten
Wohnbaugenossenschaften, darunter der Riese Sozialbau, sowie in der A.W.H.
Beteiligungsgesellschaft, die das Wirtschaftsimperium der Wiener SPÖ steuert.
In dieser Doppelfunktion ist nicht auszuschließen, dass Deutsch über Mittel und
Wege verfügt, öffentliche Aufträge an rote Unternehmen zu vermitteln,
Begünstigungen für rote Vereine einzufädeln und versteckte Wahlhilfe für rote
Spitzenkandidaten zu leisten. Als langjähriger Landesparteisekretär saß er
quasi an der Quelle und wird schon wissen, wie die Gemeinde Wien die SPÖ
mitfinanzieren und somit ein machtpolitisches Perpetuum mobile aufrechterhalten
kann.
Die Stimmung in
der Partei ist im Keller, und der Ärger fokussiert sich auf jenen Mann, der
sich auf dem Parteitag am 28./29. November seiner Wiederwahl stellen muss: Werner Faymann.
"Wäre morgen der Parteitag, würde Faymann nur 60 Prozent
bekommen", befindet ein Basis-kundiger Funktionär. Die Gründe für die
Unzufriedenheit lassen sich so zusammenfassen:
-Partei Faymann habe in seiner Zeit als SPÖ-Chef
die Parteizentrale abgewirtschaftet und ausgeräumt. "Die Löwelstraße ist
nur noch ein schwarzes Loch", konstatieren entsetzte Funktionäre.
-
Regierungsarbeit Aus Sicht der SPÖ erhebt sich die Frage,
wozu sie den Kanzler stellt, wenn das Ergebnis eine Rekordsteuerlast für
Arbeitnehmer ist. Spitzengewerkschafter Wolfgang Katzian sprach
es kürzlich im Standard offen aus: "Es stellt sich die Sinnfrage der
Koalition." Mächtige Gruppen innerhalb der SPÖ, Gewerkschafter und
Pensionisten, lassen sich mit der üblichen Ausrede auf die bockige ÖVP nicht
mehr abspeisen.
-Perspektive In der SPÖ schwindet das Zutrauen, mit
Faymann an der Spitze noch siegen zu können. Realisten in der SPÖ gehen davon
aus, dass die ÖVP mit dem unbestrittenen Talent Sebastian Kurz in
die nächste Wahl gehen wird. Die SPÖ würde daneben verblassen, statt einer
Trend-Koalition Rot-Grün-Neos hieße es: Ab in die Opposition. Immer häufiger
wird daher ÖBB-Generaldirektor Christian
Kern als Retter
aus der Not genannt.
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