Donnerstag, 17. Juli 2014

Häupl gegen Faymann - Shoot out in Vienna

Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) geht ein Jahr vor der Wiener Gemeinderatswahl offenbar auf Distanz zu seinem Parteikollegen Bundeskanzler Werner Faymann. Den Hinweis dafür liefert die Demontage des Landesparteisekretärs Christian Deutsch, der zur sogenannten „Liesinger-Partie” gehört und somit als Intimus von Kanzler Faymann gilt, der ebenfalls dieser Wiener SPÖ-Bezirksgruppe angehört. Gerüchten zufolge war zuletzt die Kritik an dem Wiener Parteimanager immer lauter geworden. Schlechte Kommunikation nach innen und wenig erfolgreiche Kampagnen sollen bemängelt worden sein. Die Bestellung von Christian Deutsch zum Landesparteisekretär im Jahr 2008 haben in der Wiener SPÖ nicht alle nachvollziehen können. Denn schon damals galt die Beziehung zwischen Häupl und Faymann als unterkühlt. Der Wiener Bürgermeister soll heilfroh gewesen sein, als Faymann plötzlich in der Bundesregierung von Alfred Gusenbauer (SPÖ) als Infrastrukturminister Karriere machte. Häupl wurde so in Wien ein unliebsames Regierungsmitglied los, einen Wohnbaustadtrat, der nach dem Bürgermeistersessel geschielt haben soll. Als dann ausgerechnet ein Faymann-Vertrauter das wichtige Amt des Landesparteisekretärs bekam und Nachfolger des Häupl-Freundes Harry Kopietz wurde, war die Verwirrung bei den Wiener Sozialdemokraten perfekt.
Die politische Laufbahn von Deutsch ist jener von Faymann sehr ähnlich. Auch der 49-Jährige Deutsch verfügt nur über ein paar Semester Studium (Medizin). Beide waren zwischen 1985 und 1988 Konsulenten der Zentralsparkasse und beide waren in der Mietervereinigung tätig. Schon einmal, nämlich 1983, übte Deutsch das Amt eines Landesparteisekretärs aus – und zwar in der Sozialistischen Jugend unter dem damaligen SJ-Vorsitzenden Werner Faymann.
Um Deutsch muss man sich nach seinem Jobverlust bei der SPÖ allerdings keine Sorgen machen. Er bleibt Abgeordneter zum Wiener Landtag und darf sich sein Politiker-Salär aufbessern als Aufsichtsrat in diversen roten Wohnbaugenossenschaften, darunter der Riese Sozialbau, sowie in der A.W.H. Beteiligungsgesellschaft, die das Wirtschaftsimperium der Wiener SPÖ steuert. In dieser Doppelfunktion ist nicht auszuschließen, dass Deutsch über Mittel und Wege verfügt, öffentliche Aufträge an rote Unternehmen zu vermitteln, Begünstigungen für rote Vereine einzufädeln und versteckte Wahlhilfe für rote Spitzenkandidaten zu leisten. Als langjähriger Landesparteisekretär saß er quasi an der Quelle und wird schon wissen, wie die Gemeinde Wien die SPÖ mitfinanzieren und somit ein machtpolitisches Perpetuum mobile aufrechterhalten kann.
Die Stimmung in der Partei ist im Keller, und der Ärger fokussiert sich auf jenen Mann, der sich auf dem Parteitag am 28./29. November seiner Wiederwahl stellen muss: Werner Faymann.
"Wäre morgen der Parteitag, würde Faymann nur 60 Prozent bekommen", befindet ein Basis-kundiger Funktionär. Die Gründe für die Unzufriedenheit lassen sich so zusammenfassen:
-Partei Faymann habe in seiner Zeit als SPÖ-Chef die Parteizentrale abgewirtschaftet und ausgeräumt. "Die Löwelstraße ist nur noch ein schwarzes Loch", konstatieren entsetzte Funktionäre.
- Regierungsarbeit Aus Sicht der SPÖ erhebt sich die Frage, wozu sie den Kanzler stellt, wenn das Ergebnis eine Rekordsteuerlast für Arbeitnehmer ist. Spitzengewerkschafter Wolfgang Katzian sprach es kürzlich im Standard offen aus: "Es stellt sich die Sinnfrage der Koalition." Mächtige Gruppen innerhalb der SPÖ, Gewerkschafter und Pensionisten, lassen sich mit der üblichen Ausrede auf die bockige ÖVP nicht mehr abspeisen.
-Perspektive In der SPÖ schwindet das Zutrauen, mit Faymann an der Spitze noch siegen zu können. Realisten in der SPÖ gehen davon aus, dass die ÖVP mit dem unbestrittenen Talent Sebastian Kurz in die nächste Wahl gehen wird. Die SPÖ würde daneben verblassen, statt einer Trend-Koalition Rot-Grün-Neos hieße es: Ab in die Opposition. Immer häufiger wird daher ÖBB-Generaldirektor Christian Kern als Retter aus der Not genannt.



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