Donnerstag, 31. Juli 2014

Immo-Spekulation: Grüne kritisieren Stadt Wien

Immo-Spekulation: Grüne kritisieren Stadt Wien

Forderung nach Sanktionen und "Ethikkommission im Immobilienbereich".


Im Büro von Michael Ludwig sieht man den Vorschlag des grünen Koalitionspartners skeptisch. Denn Mieter würden bereits "tagtäglich" mit allen rechtlichen und behördlichen Mitteln unterstützt - u.a. durch Übernahme von Verfahrens- und Anwaltskosten. Das kommt aus dem Büro von StR Ludwig. Das ist eine der größten Gemeinheiten die er von sich gegeben hat. Eine einzige Lüge. Mich hat er hinausgeekelt, wie der Vermieter der „Anarchia“, da ist überhaupt kein Unterschied. Ich habe erst vor kurzem der Staatsanwaltschaft geschrieben und eine Anzeigeeingebracht nach § 278a StGB (der Mafia – Paragraph). Wiener Wohnen ist nichts anderes als eine kriminelle Vereinigung. Und wer den Paragraphen kennt und seinen Wortlaut, der kann da nur zustimmen.
Die Wiener Grünen wollen anlässlich der Causa "Pizzeria Anarchia" Praktiken, die Immobilienspekulanten teils anwenden, um Altmieter aus ihren Häusern zu ekeln, künftig stärker sanktionieren. Unter anderem soll die Stadt stärker in Schlichtungsverfahren Präsenz zeigen und eine Ethikkommission entstehen. Die rechtlichen Möglichkeiten würden derzeit gar nicht voll ausgeschöpft.
"Der Zeitpunkt ist gekommen, für die wenigen, die systematisch ihren privaten Profit über Mieterinteressen und die Stadt stellen, generalpräventiv ein Zeichen zu setzen", erklärte der grüne Stadtplanungssprecher Christoph Chorherr am Donnerstag in einer Pressekonferenz. Gerade in Fällen von "offensichtlich heruntergewirtschafteten" Häusern - wenn also der Lift jahrelang nicht repariert wird, Fenster oder Dach kaputt sind oder andere Sanierungsarbeiten nicht vorgenommen werden - könne die Stadt eingreifen.

Paragraf 6

Unter Berufung auf Paragraf 6 des bestehenden Mietrechtsgesetzes könnte die Gemeinde, in der sich das Gebäude befindet, wie die Mieter Anträge bei der Schlichtungsstelle bzw. beim Bezirksgericht stellen und auf Sanierung drängen. Weigert sich der Hauseigentümer, könnte die Immobilie sogar vorübergehend in eine Zwangsverwaltung durch die Stadt übergehen. Bis jetzt sei dieser Weg jedoch noch nie gewählt worden, meinte Chorherr: "Die Gemeinde hat ein ziemliches Repertoire, das sie bisher noch nicht genutzt hat."
Dabei hätte seiner Meinung nach bereits das Auftreten der Stadt Wien vor den Gerichten Wirkung. "Würde das einmal öffentlichkeitswirksam exekutiert, hätten es Spekulanten nicht mehr so einfach und es würde auch unmissverständlich zeigen, auf welcher Seite die Stadt Wien steht", so der grüne Planungssprecher. Er werde jedenfalls intensive Gespräche mit dem zuständigen Stadtrat (SPÖ-Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, Anm.) führen, so Chorherr.

Pochen auf Reformen

Dieser meldete sich am Donnerstag ebenfalls zu Wort: In einer Aussendung pochte Ludwig erneut auf eine dringend notwendige Reform des Bundes-Mietrechtsgesetzes, die unter anderem ein Paket zu mehr Rechtssicherheit, Fairness und Transparenz enthalten solle. Generell versuche man seitens der Stadt, etwa mithilfe des Rechtsbeistandsfonds oder der Gebietsbetreuung von Spekulation betroffenen Mietern so rasch wie möglich zu helfen. Wichtig sei es jedoch, dass sich Betroffene so schnell wie möglich bei den Behörden melden, betonten sowohl Ludwig als auch Chorherr.
Auch ohne Mietrechtsänderung gebe es allerdings einige Möglichkeiten, Spekulanten in die Schranken zu weisen: Unter anderem schwebt Chorherr die Gründung einer Ethikkommission der Immobilienwirtschaft vor, deren Aussagen - ähnlich dem Österreichischen Presserat - zwar keine rechtlichen Konsequenzen, aber dafür öffentliche Relevanz hätten.
Auch bei möglicherweise strafrechtlich relevanten Tatbeständen von Hauseigentümern - etwa Täuschungsabsicht oder Schädigungsabsicht der Mieter - gebe es noch Spielraum. "Ich glaube, die Gemeinde Wien sollte prüfen, ob jene Abteilungen, die mit Wohnen befasst sind, nicht von sich aus an die Staatsanwaltschaft herantreten können", so Chorherr. Der Punkt sei erreicht, an dem man "ein Exempel statuieren" müsse - als Stadt habe man die Pflicht, sich einzumischen und den öffentlichen Druck zu erhöhen.

Schwierigkeiten auch am Bauernmarkt

Denn die "Pizzeria Anarchia" sei kein Einzelfall: Chorherr schilderte auch das Beispiel eines Gebäudes an der Adresse Bauernmarkt 1 in der Inneren Stadt, das den Grünen seit langer Zeit bekannt sei. Der barocke Altbau sei der Stadt im 19. Jahrhundert gestiftet worden, dennoch entschied man sich, die Immobilie im Jahr 2001 um rund 3,8 Mio. Euro an einen Bauträger zu verkaufen. Im Jahr 2004 waren noch beinahe alle der 22 Wohnungen mit unbefristeten Mietern belegt.
Nach und nach sei es jedoch zu Schwierigkeiten mit den neuen Vermietern gekommen: Neben falschen Betriebskostenabrechnungen und Räumungsklagen, seien etwa eine ausgebrannte Wohnung nicht instand gesetzt und der Lift seit 2009 nicht repariert worden - obwohl die Mieter hauptsächlich fortgeschrittenen Alters waren. Auch Anträge bei der Schlichtungsstelle brachten wenig, da der Vermieter immer wieder Berufung eingelegt habe. Nun seien nur noch zwei Mieter über, betonte Chorherr - diese gelte es nun zu schützen.

"Imageschaden“

Bei der Immobilienwirtschaft könnte der grüne Vorschlag zur Gründung einer Ethikkommission jedenfalls auf offene Ohren stoßen: So ließ etwa der Fachgruppenobmann der Wiener Immobilientreuhänder, Michael Pisecky, per Aussendung ausrichten: "Menschen wie diese Hausbesitzer verunglimpfen eine wichtige Branche in der Wiener Wirtschaft. Sie schädigen unser Image und die Mieter. Wir sagen NEIN zu Spekulationshaien." Ein Vorgehen wie etwa im Fall der "Pizzeria Anarchia" sei "zutiefst zu verurteilen".
Auch beim Österreichischen Verband der Immobilienwirtschaft teilte man diese Auffassung: Die Vorgangsweise der Hauseigentümer im nun bekannt gewordenen Fall habe "nichts mit dem redlichen Handeln eines Immobilientreuhänders" zu tun, so eine Aussendung. Allerdings verwehre man sich gegen ein "populistisches Bashing der Immo-Branche" aufgrund von Einzelfällen.

Skepsis bei SPÖ

Im Büro von Michael Ludwig sieht man den Vorschlag des grünen Koalitionspartners skeptisch. Denn Mieter würden bereits "tagtäglich" mit allen rechtlichen und behördlichen Mitteln unterstützt - u.a. durch Übernahme von Verfahrens- und Anwaltskosten.
"Die Wahrung der Rechte des Mieters steht für uns im Vordergrund", betonte ein Sprecher des Wohnbaustadtrats. Deshalb gewähre man auch direkte Unterstützung. Von Anträgen der Gemeinde als solche bei Schlichtungsstelle oder Gerichten man wenig. Denn es mache keinen Unterschied, wer vor die Behörden ziehe - vor der Justiz seien ja alle Parteien gleich, betonte der Sprecher.

"Exempelwirkung hinfällig"

Zudem sei den Hauseigentümern ohnehin klar, dass hinter jedem antragstellenden oder klagenden Mieter die Stadt Wien stehe, meinte er. Das mache direkte Anträge mit der von Chorherr gewünschten Exempelwirkung hinfällig. Zusätzlich bestehe die Gefahr, dass - wenn die Stadt in diesen Verfahren persönlich auftritt - Hauseigentümer mit Instandsetzungen bis zu dieser Eskalationsstufe warten könnten.
Gegen Hauseigentümer, die notwendige Sanierungsmaßnahmen nicht durchführen, gehe man außerdem mithilfe der Baubehörde vor - die, wo die rechtliche Möglichkeit bestehe, auch Bauarbeiten wie etwa die Reparatur von Fenstern anordnen und die Kosten dann den Eigentümern weiterverrechnen könne. "Wir schöpfen alle rechtlichen und behördlichen Möglichkeiten konsequent aus", so der Sprecher - auch beispielsweise in Bezug auf die von Chorherr genannte Immobilie am Bauernmarkt 1.
Auch der strafrechtliche Weg werde bei Verdachtsmomenten "immer schon gegangen". "Die Stadt Wien bekämpft Wohnungsspekulation ja nicht erst seit gestern", hieß es aus dem Ludwig-Büro. Wenn es notwendig sei, schalte man natürlich auch die Staatsanwaltschaft ein. So sei etwa gegen die Besitzer des Gebäudes am Bauernmarkt auf Betreiben der Stadt eine Anzeige wegen gewerblichen Betrugs eingebracht worden.
Der von Chorherr zudem geforderten Ethikkommission für die Immobilienbranche steht man im Büro Ludwig aufgeschlossener gegenüber. "Wir sehen jede Maßnahme zur Sicherung von Qualität, zur eigenen Überprüfung und Hintanhaltung von Spekulation als sinnvolle Maßnahme", so der Sprecher.

Auch ÖVP für Ethikkommission

Anklang findet das auch bei der Wiener ÖVP: "Wir begrüßen den Vorschlag betreffend einer Ethikkommission, besetzt mit Vertretern aus der Immobilienwirtschaft, um eine Zunahme an unseriösen Spekulationen hintanzuhalten", meinte Landesparteiobmann Manfred Juraczka in einer Aussendung. Allerdings werde man Spekulationen nicht durch "schöne Worte und neue Regulierungen" verhindern. Vielmehr brauche es mehr Wohnraum in Wien und leistbares Eigentum.
(APA/TAN) ERSTELLT AM 31.07.2014, 14:23


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen