Forderung nach Sanktionen und "Ethikkommission im
Immobilienbereich".
Im Büro von Michael
Ludwig sieht man den Vorschlag des grünen Koalitionspartners skeptisch. Denn
Mieter würden bereits "tagtäglich" mit allen rechtlichen und
behördlichen Mitteln unterstützt - u.a. durch Übernahme von Verfahrens- und
Anwaltskosten. Das kommt aus dem Büro von StR Ludwig. Das ist eine der größten
Gemeinheiten die er von sich gegeben hat. Eine einzige Lüge. Mich hat er
hinausgeekelt, wie der Vermieter der „Anarchia“, da ist überhaupt kein
Unterschied. Ich habe erst vor kurzem der Staatsanwaltschaft geschrieben und
eine Anzeigeeingebracht nach § 278a StGB (der Mafia – Paragraph). Wiener Wohnen
ist nichts anderes als eine kriminelle Vereinigung. Und wer den Paragraphen
kennt und seinen Wortlaut, der kann da nur zustimmen.
Die Wiener Grünen wollen anlässlich der Causa "Pizzeria Anarchia" Praktiken,
die Immobilienspekulanten teils anwenden, um Altmieter aus ihren Häusern zu
ekeln, künftig stärker sanktionieren. Unter anderem soll die Stadt stärker in
Schlichtungsverfahren Präsenz zeigen und eine Ethikkommission entstehen. Die
rechtlichen Möglichkeiten würden derzeit gar nicht voll ausgeschöpft.
"Der Zeitpunkt ist
gekommen, für die wenigen, die systematisch ihren privaten Profit über
Mieterinteressen und die Stadt stellen, generalpräventiv ein Zeichen zu
setzen", erklärte der grüne Stadtplanungssprecher Christoph Chorherr am
Donnerstag in einer Pressekonferenz. Gerade in Fällen von "offensichtlich
heruntergewirtschafteten" Häusern - wenn also der Lift jahrelang nicht
repariert wird, Fenster oder Dach kaputt sind oder andere Sanierungsarbeiten nicht
vorgenommen werden - könne die Stadt eingreifen.
Paragraf 6
Unter Berufung auf
Paragraf 6 des bestehenden Mietrechtsgesetzes könnte die Gemeinde, in der sich
das Gebäude befindet, wie die Mieter Anträge bei der Schlichtungsstelle bzw.
beim Bezirksgericht stellen und auf Sanierung drängen. Weigert sich der Hauseigentümer,
könnte die Immobilie sogar vorübergehend in eine Zwangsverwaltung durch die
Stadt übergehen. Bis jetzt sei dieser Weg jedoch noch nie gewählt worden,
meinte Chorherr: "Die Gemeinde hat ein ziemliches Repertoire, das sie
bisher noch nicht genutzt hat."
Dabei hätte seiner
Meinung nach bereits das Auftreten der Stadt Wien vor den Gerichten Wirkung.
"Würde das einmal öffentlichkeitswirksam exekutiert, hätten es Spekulanten
nicht mehr so einfach und es würde auch unmissverständlich zeigen, auf welcher
Seite die Stadt Wien steht", so der grüne Planungssprecher. Er werde
jedenfalls intensive Gespräche mit dem zuständigen Stadtrat
(SPÖ-Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, Anm.) führen, so Chorherr.
Pochen auf Reformen
Dieser meldete sich am
Donnerstag ebenfalls zu Wort: In einer Aussendung pochte Ludwig erneut auf eine
dringend notwendige Reform des Bundes-Mietrechtsgesetzes, die unter anderem ein
Paket zu mehr Rechtssicherheit, Fairness und Transparenz enthalten solle.
Generell versuche man seitens der Stadt, etwa mithilfe des Rechtsbeistandsfonds
oder der Gebietsbetreuung von Spekulation betroffenen Mietern so rasch wie
möglich zu helfen. Wichtig sei es jedoch, dass sich Betroffene so schnell wie
möglich bei den Behörden melden, betonten sowohl Ludwig als auch Chorherr.
Auch ohne Mietrechtsänderung gebe es allerdings einige
Möglichkeiten, Spekulanten in die Schranken zu weisen: Unter anderem schwebt
Chorherr die Gründung einer Ethikkommission der Immobilienwirtschaft vor, deren
Aussagen - ähnlich dem Österreichischen Presserat - zwar keine rechtlichen
Konsequenzen, aber dafür öffentliche Relevanz hätten.
Auch bei möglicherweise strafrechtlich relevanten Tatbeständen von
Hauseigentümern - etwa Täuschungsabsicht oder Schädigungsabsicht der Mieter -
gebe es noch Spielraum. "Ich glaube, die Gemeinde Wien sollte prüfen, ob
jene Abteilungen, die mit Wohnen befasst sind, nicht von sich aus an die
Staatsanwaltschaft herantreten können", so Chorherr. Der Punkt sei
erreicht, an dem man "ein Exempel statuieren" müsse - als Stadt habe
man die Pflicht, sich einzumischen und den öffentlichen Druck zu erhöhen.
Schwierigkeiten
auch am Bauernmarkt
Denn die "Pizzeria Anarchia" sei kein Einzelfall:
Chorherr schilderte auch das Beispiel eines Gebäudes an der Adresse Bauernmarkt
1 in der Inneren Stadt, das den Grünen seit langer Zeit bekannt sei. Der
barocke Altbau sei der Stadt im 19. Jahrhundert gestiftet worden, dennoch
entschied man sich, die Immobilie im Jahr 2001 um rund 3,8 Mio. Euro an einen
Bauträger zu verkaufen. Im Jahr 2004 waren noch beinahe alle der 22 Wohnungen
mit unbefristeten Mietern belegt.
Nach und nach sei es jedoch zu Schwierigkeiten mit den neuen
Vermietern gekommen: Neben falschen Betriebskostenabrechnungen und
Räumungsklagen, seien etwa eine ausgebrannte Wohnung nicht instand gesetzt und
der Lift seit 2009 nicht repariert worden - obwohl die Mieter hauptsächlich
fortgeschrittenen Alters waren. Auch Anträge bei der Schlichtungsstelle
brachten wenig, da der Vermieter immer wieder Berufung eingelegt habe. Nun
seien nur noch zwei Mieter über, betonte Chorherr - diese gelte es nun zu
schützen.
"Imageschaden“
Bei der Immobilienwirtschaft könnte der grüne Vorschlag zur
Gründung einer Ethikkommission jedenfalls auf offene Ohren stoßen: So ließ etwa
der Fachgruppenobmann der Wiener Immobilientreuhänder, Michael Pisecky, per
Aussendung ausrichten: "Menschen wie diese Hausbesitzer verunglimpfen eine
wichtige Branche in der Wiener Wirtschaft. Sie schädigen unser Image und die
Mieter. Wir sagen NEIN zu Spekulationshaien." Ein Vorgehen wie etwa im Fall
der "Pizzeria Anarchia" sei "zutiefst zu verurteilen".
Auch beim Österreichischen Verband der Immobilienwirtschaft teilte
man diese Auffassung: Die Vorgangsweise der Hauseigentümer im nun bekannt
gewordenen Fall habe "nichts mit dem redlichen Handeln eines Immobilientreuhänders"
zu tun, so eine Aussendung. Allerdings verwehre man sich gegen ein
"populistisches Bashing der Immo-Branche" aufgrund von Einzelfällen.
Skepsis
bei SPÖ
Im Büro von Michael Ludwig sieht man den Vorschlag des grünen
Koalitionspartners skeptisch. Denn Mieter würden bereits "tagtäglich"
mit allen rechtlichen und behördlichen Mitteln unterstützt - u.a. durch
Übernahme von Verfahrens- und Anwaltskosten.
"Die Wahrung der Rechte des Mieters steht für uns im
Vordergrund", betonte ein Sprecher des Wohnbaustadtrats. Deshalb gewähre
man auch direkte Unterstützung. Von Anträgen der Gemeinde als solche bei
Schlichtungsstelle oder Gerichten man wenig. Denn es mache keinen Unterschied,
wer vor die Behörden ziehe - vor der Justiz seien ja alle Parteien gleich,
betonte der Sprecher.
"Exempelwirkung
hinfällig"
Zudem sei den Hauseigentümern ohnehin klar, dass hinter jedem
antragstellenden oder klagenden Mieter die Stadt Wien stehe, meinte er. Das
mache direkte Anträge mit der von Chorherr gewünschten Exempelwirkung
hinfällig. Zusätzlich bestehe die Gefahr, dass - wenn die Stadt in diesen
Verfahren persönlich auftritt - Hauseigentümer mit Instandsetzungen bis zu
dieser Eskalationsstufe warten könnten.
Gegen Hauseigentümer, die notwendige Sanierungsmaßnahmen nicht durchführen,
gehe man außerdem mithilfe der Baubehörde vor - die, wo die rechtliche
Möglichkeit bestehe, auch Bauarbeiten wie etwa die Reparatur von Fenstern
anordnen und die Kosten dann den Eigentümern weiterverrechnen könne. "Wir
schöpfen alle rechtlichen und behördlichen Möglichkeiten konsequent aus",
so der Sprecher - auch beispielsweise in Bezug auf die von Chorherr genannte
Immobilie am Bauernmarkt 1.
Auch der strafrechtliche Weg werde bei Verdachtsmomenten
"immer schon gegangen". "Die Stadt Wien bekämpft
Wohnungsspekulation ja nicht erst seit gestern", hieß es aus dem
Ludwig-Büro. Wenn es notwendig sei, schalte man natürlich auch die
Staatsanwaltschaft ein. So sei etwa gegen die Besitzer des Gebäudes am
Bauernmarkt auf Betreiben der Stadt eine Anzeige wegen gewerblichen Betrugs
eingebracht worden.
Der von Chorherr zudem geforderten Ethikkommission für die
Immobilienbranche steht man im Büro Ludwig aufgeschlossener gegenüber.
"Wir sehen jede Maßnahme zur Sicherung von Qualität, zur eigenen
Überprüfung und Hintanhaltung von Spekulation als sinnvolle Maßnahme", so
der Sprecher.
Auch
ÖVP für Ethikkommission
Anklang findet das auch bei der Wiener ÖVP: "Wir begrüßen den
Vorschlag betreffend einer Ethikkommission, besetzt mit Vertretern aus der
Immobilienwirtschaft, um eine Zunahme an unseriösen Spekulationen
hintanzuhalten", meinte Landesparteiobmann Manfred Juraczka in einer
Aussendung. Allerdings werde man Spekulationen nicht durch "schöne Worte
und neue Regulierungen" verhindern. Vielmehr brauche es mehr Wohnraum in
Wien und leistbares Eigentum.
(APA/TAN) ERSTELLT
AM 31.07.2014, 14:23
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