Da kommt einem die
Galle hoch, wenn man das liest. Der Gemeindebau als Weltkulturerbe. Schon der
Name Friedrich Engel bereitet Häupl Bauchschmerzen. Dann erst recht bei Karl
Marx, da windet er sich vor Schmerzen und Unwohlsein. Und dann noch dies: Der
Gemeindebau ist alles, nur der Bau soll so gewürdigt werden, also die Steine,
die Bausubstanz. Da hat sich die SP wieder einmal ganz schön in die Nesseln
gesetzt. Da wird immer wieder behauptet, dass der Gemeindebau einzigartig in
Europa ist, der soziale Wohnbau des "roten" Wien einzigartig ist. Da
will man dann ein Museum daraus machen, dass er schon ist. So wie es ist ist es
gut, die SPÖ sollte lieber darauf achten, dass die Demokratie nicht zu kurz
kommt, dass sie keine Diktatur errichtet oder diese Diktatur, die sie errichtet
hat, wieder abbaut, damit die Leute im Gemeindebau wieder frei atmen können. http://derdreck.blogspot.co.at/
Was haben die Spanische Hofreitschule,
der Wiener Dudler und die Wiener Kaffeehauskultur gemeinsam? Sie sind
Kulturerbe. Konkret immaterielles Kulturerbe Österreichs. Zum immateriellen
Kulturerbe zählen Praktiken, Darstellungen, Ausdrucksformen, Wissen und
Fertigkeiten, die Gemeinschaften, Gruppen und gegebenenfalls Einzelpersonen als
Bestandteil ihres Kulturerbes verstehen. Konkret umfasst das immaterielle
Kulturerbe mündlich überlieferte Traditionen und Ausdrucksformen, darstellende
Künste, das Wissen und die Praktiken in Bezug auf die Natur und das Universum,
gesellschaftliche Praktiken, Rituale und Feste sowie traditionelle
Handwerkstechniken. So sieht es die Weltkulturorganisation Unesco vor. Das
immaterielle Kulturerbe ist also das gedankliche Pendant zum
"handfesten" Unesco-Welterbe, zu dem zum Beispiel das Schloss
Schönbrunn und das historische Zentrum der Stadt Wien gehören.
Obwohl auch sattsam
handfest, sollen die 328 Gemeindebauten aus der Ersten Republik aber nicht
Eingang in den Katalog des materiellen Kulturerbes finden, sondern als Idee
geadelt werden. Es war die SPÖ-Ottakring, die diesen Vorschlag innerparteilich
forciert hat. "Es geht weniger um die Architektur der Gemeindebauten
alleine, sondern um den Gedanken dahinter: Dass nämlich auch sozial Schwache
die Möglichkeiten haben sollen, menschenwürdig zu wohnen", erklärt Susanne
Haase von der SPÖ-Ottakring, warum diese Gemeindebauten nicht als materielles,
sondern als immaterielles Kulturerbe anerkannt werden sollen. Darüber hinaus
sei der Status des immateriellen Kulturerbes leichter zu erreichen, und es
handle sich schließlich um Wohnbauten, in denen zigtausende Menschen wohnen.
Als Weltkulturerbe würden diese Bauten kaum noch modernisierbar sein. Deshalb
also der Plan, die seit dem Jahr 2009 bestehende Liste des heimischen
immateriellen Kulturerbes um den sozialen Wohnbau des roten Wiens der Ersten
Republik zu bereichern.
Im Februar hat die
SPÖ-Ottakring diesen Antrag mehrheitlich beschlossen, im April soll dieser beim
Parteitag der SPÖ-Wien ebenfalls abgesegnet werden. Danach geht es
überparteilich weiter. Die Stadtroten reichen den Antrag an die österreichische
Unesco-Kommission weiter, die schließlich entscheidet, ob Friedrich Engels-Hof
& Co. Kulturerbe werden. Die Kommission unter Leitung von Maria Walcher hat
bereits 52 Sitten und Bräuche, Eigenarten und Fertigkeiten, Einzigartigkeiten
und Besonderheiten in die begehrte Liste aufgenommen.
"Bodensee-Radhaube", "Hundstoaranggeln"
Unter anderem die "Bodensee-Radhaube", die Ferlacher Büchsenmacher und das "Hundstoaranggeln", eine seit dem 14. Jahrhundert ausgetragene Sportart in Salzburg. Die Idee des sozialen Wohnbaus wirkt in dieser Sammlung etwas sperrig, sind es doch in erster Linie vom Aussterben bedrohte Eigenheiten des heimischen Brauchtums, denen via Kulturerbe neue Kraft eingeflößt werden soll.
Unter anderem die "Bodensee-Radhaube", die Ferlacher Büchsenmacher und das "Hundstoaranggeln", eine seit dem 14. Jahrhundert ausgetragene Sportart in Salzburg. Die Idee des sozialen Wohnbaus wirkt in dieser Sammlung etwas sperrig, sind es doch in erster Linie vom Aussterben bedrohte Eigenheiten des heimischen Brauchtums, denen via Kulturerbe neue Kraft eingeflößt werden soll.
In den 328
Gemeindebauten der Ersten Republik aber wohnen mehr als 100.000 Menschen. Es
ist eine sehr lebendige Idee, die hier zum Kulturerbe werden soll. Darum gibt
sich auch Gabriele Eschig, die Generalsekretärin der
Unesco-Österreich-Kommission, einigermaßen erstaunt, als sie vom Vorhaben
erfährt. "Ich meine, dass zum Beispiel der Karl-Marx-Hof durchaus seine
Berechtigung hätte, Teil des Weltkulturerbes zu werden, aber die Idee des
sozialen Wohnbaus, ausgedrückt durch die Gemeindebauten der Ersten Republik,
als immaterielles Kulturerbe? Das wäre doch einigermaßen ungewöhnlich",
sagt sie zur "Wiener Zeitung".
Laut Generalsekretärin
Eschig sind es vor allem Bräuche und Traditionen, die von Generation zu
Generation vererbt werden, die die besten Chancen haben, Aufnahme zu finden. Es
wäre auch das erste Mal, dass eine Idee, die so eng mit einer politischen
Partei verbunden ist, zum Kulturerbe würde. "Obwohl: Wir haben ja auch die
,Vereinigung zu Tamsweg‘ aufgenommen, eine Salzburger Gruppe, die sich jedes
Jahr aufs Neue der gegenseitigen Hilfeleistung verpflichtet, das ist ja auch
ein sozialer Brauch", räumt die Generalsekretärin ein.
Gemeindebauten
stehen unter Denkmalschutz
Es ist ein symbolischer Akt, anerkannter Teil des kulturellen Erbes Österreichs zu sein. Mit der Aufnahme sind keine finanziellen Leistungen verbunden. Und nachdem die Wiener Gemeindebauten der Ersten Republik unter Denkmalschutz stehen, ist deren Substanz ohnedies gesichert. Was die Wiener Sozialdemokraten mit dieser Anerkennung zusätzlich bezwecken, ist die Betonung der Eigentumsverhältnisse. Oder wie eine Genossin meint: "Die Idee der Privatisierung der Gemeindebauten widerspricht völlig dem Gedanken des sozialen Wohnbaus." Sie erwartet sich eine Stärkung dieser Position.
Es ist ein symbolischer Akt, anerkannter Teil des kulturellen Erbes Österreichs zu sein. Mit der Aufnahme sind keine finanziellen Leistungen verbunden. Und nachdem die Wiener Gemeindebauten der Ersten Republik unter Denkmalschutz stehen, ist deren Substanz ohnedies gesichert. Was die Wiener Sozialdemokraten mit dieser Anerkennung zusätzlich bezwecken, ist die Betonung der Eigentumsverhältnisse. Oder wie eine Genossin meint: "Die Idee der Privatisierung der Gemeindebauten widerspricht völlig dem Gedanken des sozialen Wohnbaus." Sie erwartet sich eine Stärkung dieser Position.
Wie auch immer
Unesco-Österreich entscheiden wird - nicht immer finden die Beschlüsse der
Bewertungsjury Beifall. Als das Vogelfangen des Salzkammerguts 2010 zum
Kulturerbe erklärt wurde, war der Unmut der Tierschutz-Community groß.
Schließlich werden die Singvögel im Winter in Käfigen gefangen. Auch Ablehnungen
führen zu Groll. So hatten eingefleischte Rapid-Fans 2010 gefordert, die
"Rapid-Viertelstunde" zum Kulturerbe zu machen, ein Ritual bei
Spielen des Rekordmeisters, bei dem die 75. Spielminute eingeklatscht wird.
"Nach langer Abwägung aller Für und Wider abgelehnt", so die Jury
damals. Die Rapidler nahmen es fair und quittierten das Nein mit dem Satz:
"Schiedsrichterentscheidungen sind Tatsachenentscheidungen."
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