Sonntag, 23. März 2014

Mietpreisbremse: Wiens Rezept ist der soziale Wohnbau

Wohnbaustadtrat Michael Ludwig sieht beim Lagezuschlag Handlungsbedarf.

 

Das ist aus dem Regierungsprogramm. Da gibt es nur eine einzige Frage: Seit wann regiert diese Koalition? Erst seit gestern? Wenn mich nicht alles täuscht, dann ist diese Regierung jetzt das 6. Jahr im Amt und warum hat sie bisher nichts unternommen? Sie hätte es können, aber wie wir alles wissen und wir spüren es auch, es ist alles überproportional teurer geworden. Und da traut sich dieser schleimige Ludwig an die Öffentlichkeit treten und eine Menge von Unwahrheiten verbreiten. Es wird nicht lange dauern, da kommt der nächste Preisschub auf uns zu. Wir dürfen nicht vergessen, dass die neue Steuer auf die Fahrzeuge auch die Lebensmittel teuerer werden. Und die sind schon teuer genug.

 

Leistbares Wohnen

Die Preise bzw. Kosten für Wohnraum sind seit 2005 überproportional stark angestiegen. Es werden daher gezielt Maßnahmen gesetzt, um eine bedarfsgerechte Abdeckung des Wohnbe­dürfnisses sicherzustellen. Dazu ist ein Maßnahmenmix notwendig, durch den die Bürgerinnen und Bürger unterstützt werden, unabhängig davon, ob sie ein Mietverhältnis oder eine Liegen­schaft im Eigentum anstreben. Dadurch sollen 48.000 neue Wohneinheiten pro Jahr geschaffen sowie ein leistbarer Zugang zu Wohnraum im Bestand und Neubau gewährleistet werden.

Ziel: Wohnrechtsreform – gerecht, verständlich, transparent und leistbar.

Maßnahmen:
                        Reform des Mietrechts im Bereich des Wohnens mit den Zielen größtmöglicher Verein­heitlichung, besserer Verständlichkeit für die Rechtsanwender, transparenter gesetzlicher Ausgestaltung und Leistbarkeit der Mieten. Diese Ziele sollen insbesondere durch fol­gende Maßnahmen erreicht werden, zu denen die im BMJ eingerichtete Arbeitsgruppe Vorschläge erarbeitet: Schaffung eines möglichst einheitlichen Mietrechts durch weitgehende Auflösung der vielschichtigen Anwendungsbereiche;
                        Entfall der Mietvertragsgebühr zumindest für unter 35-Jährige bei erstmaligem Miet­vertragsabschluss zwecks Hauptwohnsitzbegründung;
                        Schaffung einer klaren gesetzlichen Regelung der Erhaltungs- und Wartungspflicht;
                        Einführung einer einfachen und transparenten Mietzinsbildung;
                        Befristungen: Prüfung der gesetzlichen Möglichkeit einer Warnpflicht des Vermieters vor Vertragsablauf;
                        Reform des Betriebskosten-Katalogs;
                        bedarfsorientierte und bezirksübergreifende Ausweitung der Schlichtungsstellen im Sinne von Verbesserungen für die Normunterworfenen und Prüfung verfahrensrecht­licher Verbesserungsmöglichkeiten.
                         
                        Modernisierung des Baurechts im Sinne des ABGB samt Überprüfung der abgabenrecht­lichen Attraktivität;
                        Reform des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) durch Verbesserung der recht­lichen Rahmenbedingungen für den gemeinnützigen Wohnbau mit der gesetzlichen Absi­cherung der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, einer Steigerung der Investitionskraft der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft für mehr Neubau und Sanierung, mit Klarstel­lungen für mehr Rechtssicherheit sowie mit einer Flexibilisierung und Anpassung an ak­tuelle und künftige Herausforderungen zur Schaffung von leistbarem Wohnraum in ei­nem klar definierten gesetzlichen Rahmen;
                        Berücksichtigung der vereinzelt in der Praxis aufgezeigten Regelungsbedürfnisse im Woh­nungseigentumsrecht im Bezug auf die Begründung von Zubehör-Wohnungseigentum, das Ausmaß der Dotierung der Rücklage, die Entscheidungsprozesse in der Hausver­sammlung und die Rechtsposition der Wohnungseigentümer gegenüber den Verwaltern.

Ziel: Schaffung von neuem und leistbarem Wohnraum sowie Sanierung.
Maßnahmen:
                        Unterstützung bei Schaffung von leistbarem Wohnraum insbesondere durch: Langfristige Absicherung der Wohnbauförderungsmittel (Bundesbeitrag, Rück­flüsse und Landesmittel) sowie Prüfung von deren Zweckwidmung im Rahmen des Finanzausgleichs.
                         
                        Sicherstellung von leistbarem und bedarfsgerechtem Wohnungsangebot insbesondere durch: Anpassung der gesetzlich normierten Einräumung der Mietkaufoption bei Neu- und Wiedervermietung;
                        Beibehaltung der steuerlichen Begünstigungen (KESt-Befreiung) für Wohnbauanleihen;
                        Bundesverfassungsrechtliche Absicherung zur Ermöglichung der Anwendung von baulandmobilisierenden Instrumenten (z. B. Widmungskategorie »geförderter Wohnbau«);
                        Nutzung von Kasernenverkäufen für den Zweck der leistbaren Wohnraumschaffung, Reservierung eines bestimmten Anteils der Kasernenflächen für geförderte Wohnun­gen, sowie Einräumung eines Vorkaufsrechts für den geförderten Wohnbau;

                        Verankerung des Generationenausgleichs im gemeinnützigen Wohnbau sowie Ent­wicklung und Förderung von Projekten für intergeneratives Zusammenleben in die­sem Wohnsegment;
                        Ermöglichung zusätzlicher Finanzierungsformen für leistbaren Wohnraum und Sanierungen.
                         
                        Schaffung von Sanierungsanreizen insbesondere durch: Erweiterung des Sanierungsschecks um die Kategorie »seniorengerechtes / barriere­freies Wohnen«; Getrennte Förderungsmöglichkeit für thermische Sanierung und al­tersgerechte Sanierung; Fokus insbesondere auf mehrgeschossigen Wohnbau; praxis­gerechte Lösung im Zusammenhang mit dem Einstimmigkeitserfordernis der Mieter;
                        Etablierung eines steuerlichen Anreizmodells der öffentlichen Hand zur Forcierung thermischer Sanierungen.
                         
                        Senkung der Baukosten insbesondere durch: Bessere Nutzung bestehender Flächen durch verpflichtende Prüfung zur Nachverdichtung;
                        Durchforstung und möglichst Vereinheitlichung der (technischen und qualitativen) Baustandards, Baunormen, Richtlinien, Wohnbauförderungsvorschriften und War­tungsvorschriften auf Kosteneinsparungspotenziale;
                        kostenoptimale Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie;
                        Etablierung eines bundesweit einheitlichen, kostenoptimalen Zielkriterienkatalogs für Gebäudestandards;
                        pragmatische Überprüfung der Auflagen (z. B. Stellplatzverpflichtung, Notkamine) beim Neubau und insbesondere bei Umbauten im Bestand, sofern ihnen keine grund­legenden Sicherheits- oder andere gesellschaftlich notwendige Bedenken zu Grunde liegen;
                        Novelle des Normengesetzes und Entwicklung einer Normenstrategie; zusätzlich Än­derung der Struktur und Finanzierung des Normungsinstituts (ASI), siehe hierzu auch Kapitel Entbürokratisierung und Entlastung.
                         

 

Michael Ludwig: Der Unterschied am Wohnungsmarkt zwischen Wien und den meisten deutschen Städten ist gravierend. In Wien leben 60 Prozent in einer geförderten Wohnung. Da sind wir europaweit an der Spitze. Deutsche Städte dagegen haben in den 80er- und 90er-Jahren ihren geförderten Wohnbau privatisiert. Das bereut man dort bitter.
Aber sie drängen auf eine Änderung des Mietrechtsgesetzes.
Ja, weil wir Transparenz und Konsumentenschutz sicherstellen müssen. Neu geregelt gehört der Lagezuschlag bei den Richtwertmieten. Denn der ist in Wien bei den privaten Mieten ein Preistreiber. Dort haben wir die gravierendsten Preissteigerungen. Bei den geförderten Mietwohnungen hingegen ist in den vergangenen zehn Jahren die Miete nur um die Inflationsrate gestiegen, in den Gemeindebauten darunter.
Der Lagezuschlag ist innerhalb des Gürtels ein Problem. Was soll da verändert werden?
Das Problem ist, dass sich der Lagezuschlag aus den Immobilienpreisen und der Umgebung eines Objektes berechnet. Eine Studie der Nationalbank zeigt, dass Grundstücke in Wien sehr stark überbewertet sind. Besonders im 1. Bezirk werden Preise bezahlt, die mit nichts anderem vergleichbar sind. Die Innenstadt wirkt also als Preistreiber und zieht die angrenzenden Bezirke mit.
…
Foto: grafik/wohnen_wien.pdf
Wie schaut Ihr Vorschlag aus?
Zuschläge bei den Richtwertmieten halte ich dann für verständlich, wenn sie transparent und mit Leistungen des Eigentümers verbunden sind. Auch möchte ich bei den Zuschlägen eine Deckelung.
In Deutschland müssen Jungfamilien aus Städten wegziehen, weil Wohnen für sie nicht leistbar ist. Ist so eine Entwicklung auch in Wien zu befürchten?
Nein. Aus Wien ziehen junge Familien nur dann weg, wenn sie ins Grüne ziehen wollen. Wien ist insofern sehr attraktiv, weil wir die Stadt in Europa sind, die die höchste Anzahl an geförderten Wohnungen fertigstellt.
Bis Ende 2015 werden 14.000 neue Wohnungen gebaut. Wie wirkt sich das preisdämpfend auf den Wohnungsmarkt aus?
Es ist belegbar, dass Menschen, die in einer geförderten Wohnung leben, deutlich kostengünstiger wohnen, als dies im Umfeld des freien Marktes der Fall ist. Durch unsere Neubauoffensive im geförderten Wohnbau dämpfen wir zugleich die Nachfrage nach Wohnungen. Dadurch entfällt ein wesentlicher Preistreiber.
Das größte Projekt ist die Seestadt Aspern. Wie viele Wohnungen sind bereits vergeben?
Ende des Jahres übergeben wir die ersten Wohnungen. Mehr als die Hälfte der ersten Tranche ist bereits vergeben. Das Projekt ist aber auf die kommenden 20 Jahre angelegt. Neben viel Grün- und Freiraum in urbaner Umgebung ist schon jetzt das große Plus der Seestadt Aspern die U-Bahnanbindung. Dazu kommen neue Arbeitsplätze oder ein Schulcampus, der bereits in Bau ist.
Der Stadtrechnungshof hat die Vergabepraxis bei geförderten Wohnungen kritisiert.
Festzuhalten ist, dass wir über ein transparentes System verfügen, das grundsätzlich außer Streit steht. Die Empfehlungen liegen im Detail: Derzeit entscheidet ein Zufallsgenerator, wann Vergabeprojekte ins Netz gestellt werden. Der Stadtrechnungshof sieht hier Berufstätige benachteiligt. Obwohl wir versuchen, das so fair wie möglich zu gestalten, wird es wahrscheinlich kein System geben, das allen gerecht erscheint. Wo ich Handlungsbedarf sehe, ist bei jenen Menschen, die keinen direkten Zugang zum Internet haben.
In Diskussion steht auch die Wohnbauförderung. Wie wirkt sich die aufs Wohnen aus?
In Wien investieren wir die gesamte Wohnbauförderung und zusätzliche Mittel in den Wohnbau. Für Wohnungen, die ohne Förderung errichtet werden, wäre die Miete um 50 % höher. Ohne geförderte Wohnungen würde die durchschnittliche Miete in Wien doppelt so hoch sein.


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