Freitag, 21. März 2014

"Konjunkturpaket Wohnen" wackelt gehörig

Finanzministerium denkt offenbar an Geld aus Wohnbauanleihen als Ersatz - Bau-Holz-Gewerkschafter Muchitsch fürchtet, dass die 276 Millionen Euro "versumpfen"

Wien - Seit Herbst wird über die Vergabe jener 276 Millionen Euro gestritten, die der Bund als "Konjunkturpaket Wohnen" an die Länder verteilen will. Das Geld stammt aus der jüngsten Versteigerung von Mobilfunklizenzen.
Die privat finanzierte Denkfabrik Agenda Austria aus Wien veröffentlichte bereits im Januar 2014 ihre Studie „Teurer Wohnen“, in der sie mit überaus treffsicheren Analysen und klugen Lösungsvorschlägen für den auch in Österreich kaum noch funktionstüchtigen Wohnungsmarkt aufwartet.
Mietzinsobergrenzen sind gut gemeint, helfen aber nur Besserverdienern, wissen die Forscher. Denn „der Personenkreis, der sich die Wohnung leisten kann, wird durch die Mietobergrenze deutlich größer. Den Zuschlag bekommt aber der Bewerber mit dem höheren Einkommensnachweis (das bedeutet mehr Sicherheit für den Vermieter). Während die Besserverdiener von den Preisbremsen profitieren, nähern sich die Mieten im unteren Preissegment an die (höher liegende) Preisgrenze an.“ Neben dem deutschen zähle der österreichische Wohnungsmarkt zu den am strengsten regulierten weltweit. „Drei von vier Mietverträgen werden durch den Staat reguliert“, so die Autoren Philipp Geymüller und Michael Christl. „In Wien sind es sieben von acht. Geregelt werden diverse Bereiche, von der Ausstattung über die Bauordnung – allen voran aber der Mietzins.“
Lösungsmöglichkeiten sehen sie vor allem in radikalen Schritten zur Brechung staatlicher Einflüsse auf den Wohnungsmarkt. „Ohne mehr privates Geld wird der Preisdruck am Wohnungsmarkt nicht zu lindern sein. Üblicherweise reichen in einem funktionierenden Markt steigende Mieten aus, um das Angebot zu erhöhen (wodurch wiederum die Mieten sinken).“ Doch auch und gerade in Österreich funktionierten die Marktgesetze kaum noch, da die Regulierung dort „zu streng, die Auflagen zu hoch, die Renditeerwartungen zu niedrig“ seien.
Wie deutsche werden auch österreichische Bruttoeinkommen von staatlichen Stellen nicht nur angeknabbert, sondern substanziell angegriffen. Vor allem Familien haben nördlich und südlich der Alpen große Probleme, die notwendigen Geldsummen zur Bezahlung ausreichenden Wohnraums an den Finanzamtsstuben vorbei zu schleusen.
Geymüller und Christl fordern daher zu Recht „mehr Luft“ für den Markt. Die bislang praktizierte Wohnbauförderung sei kaum förderlich. Viel eher sollten die Bürger in die Lage versetzt werden, mit Hilfe sinkender Steuerlast und damit einhergehend steigender Nettoeinkommen Mietsteigerungen verkraften zu können. Sie rechnen vor: „Wer hierzulande 1.000 Euro Miete bezahlt, muss 1.545 Euro am Markt (inklusive aller Sozialabgaben und Steuern) verdienen. Bei 1.500 Euro Miete sind es 2.852,47 Euro.“
Zum Ende plädieren Geymüller und Christl für eine Versöhnung von Mietern und Vermietern, für die Einsicht, dass vor allem Einflüsse des staatlichen Gewaltmonopols zu den derzeit zu beobachtenden Verwerfungen auf dem Wohnungsmarkt führen. Beide Seiten des Konflikts hätten Recht: „Die Mieten steigen tatsächlich deutlich an, zumindest für jene, die neue Verträge abschließen. Und das Vermieten von Wohnraum ist in kaum einem europäischen Land ein so schlechtes Geschäft wie in Österreich. Das Problem ist nur über ein steigendes Angebot zu lösen.“
Auch auf dem Wohnungsmarkt zeigt sich dieser Tage wie schädlich weil ineffizient Monopole „wirtschaften“. Die Studie der Agenda Austria ist ein rundum gelungenes Werkzeug, um für Aufklärung über das, für all zu viele Betroffene existenziell bedrohliche, Staatsmonopol auf dem Wohnungsmarkt zu sorgen.
Um es abholen zu können, müssen die Bundesländer im Schnitt über die Jahre 2013 und 2014 mehr Wohneinheiten förderzusichern als von 2006 bis 2011. Weil das erhebliche Mehrausgaben für die Länder bedeutet, können oder wollen sich diese das Paket nicht leisten. Nur Wien hat stets kundgetan, die Vorgaben einhalten zu können.

Landeshauptleute beraten

Ende Oktober verlangten die Wohnbaureferenten der Länder Neuverhandlungen über die Vergabe der Mittel. Seither hat sich nichts getan. Am 22. Mai soll die Causa aber auf die Tagesordnung der Landeshauptleutekonferenz im Burgenland kommen.
Im Finanzministerium denkt man inzwischen allerdings vermehrt darüber nach, den Topf für die Förderoffensive zu kürzen oder sogar ganz zu streichen. Angesichts der Hypo-Pleite würde sich der Bund das Geld gerne ersparen.
Ein Umstand kommt der Regierung dabei entgegen: Das im Jänner beschlossene Abgabenänderungsgesetz sieht vor, dass Unternehmensgewinne bis 30.000 Euro steuerbegünstigt in Wohnbauanleihen - aber nicht mehr in andere Wertpapiere - investiert werden können. Das Finanzministerium erwartet sich daraus ab Jahresmitte Geldzuflüsse von 300 Millionen Euro für den Wohnbau. Im Gegenzug soll das Sonderwohnbauprogramm gestrichen werden. Allerdings gibt es dazu noch keine politische Einigung, sondern nur "Überlegungen in diese Richtung", heißt es im Finanzministerium.

Vorschlag einer "Bundeswohnbauagentur"

Die Arbeiterkammer wappnet sich jedenfalls schon für eine solche Maßnahme. Eine Kürzung oder gar Streichung der 276 Millionen Euro ist für AK-Präsident Rudolf Kaske "völlig inakzeptabel". Die Länder hätten ohnehin in den vergangenen Jahren zu wenig gebaut und die Wohnbaugelder zum Stopfen von Budgetlöchern verwendet.
Auch Bau-Holz-Gewerkschafter Josef Muchitsch befürchtet, dass das Geld "versumpft". Er verlangte am Donnerstag auf einer Pressekonferenz, dass die 276 Millionen Euro in eine - noch zu schaffende - "Bundeswohnbauagentur" fließen sollen, "wenn es bis 22. Mai keine Lösung gibt". 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen