Finanzministerium denkt offenbar an Geld aus Wohnbauanleihen als Ersatz - Bau-Holz-Gewerkschafter Muchitsch fürchtet, dass die 276 Millionen Euro "versumpfen"
Wien - Seit Herbst wird
über die Vergabe jener 276 Millionen Euro gestritten, die der Bund als
"Konjunkturpaket Wohnen" an die Länder verteilen will. Das Geld
stammt aus der jüngsten Versteigerung von Mobilfunklizenzen.
Die privat finanzierte
Denkfabrik Agenda Austria aus Wien veröffentlichte bereits im Januar 2014 ihre
Studie „Teurer Wohnen“, in der sie mit überaus treffsicheren Analysen und
klugen Lösungsvorschlägen für den auch in Österreich kaum noch funktionstüchtigen
Wohnungsmarkt aufwartet.
Mietzinsobergrenzen sind
gut gemeint, helfen aber nur Besserverdienern, wissen die Forscher. Denn „der
Personenkreis, der sich die Wohnung leisten kann, wird durch die Mietobergrenze
deutlich größer. Den Zuschlag bekommt aber der Bewerber mit dem höheren
Einkommensnachweis (das bedeutet mehr Sicherheit für den Vermieter). Während
die Besserverdiener von den Preisbremsen profitieren, nähern sich die Mieten im
unteren Preissegment an die (höher liegende) Preisgrenze an.“ Neben dem deutschen
zähle der österreichische Wohnungsmarkt zu den am strengsten regulierten
weltweit. „Drei von vier Mietverträgen werden durch den Staat reguliert“, so
die Autoren Philipp Geymüller und Michael Christl. „In Wien sind es sieben von
acht. Geregelt werden diverse Bereiche, von der Ausstattung über die Bauordnung
– allen voran aber der Mietzins.“
Lösungsmöglichkeiten
sehen sie vor allem in radikalen Schritten zur Brechung staatlicher Einflüsse
auf den Wohnungsmarkt. „Ohne mehr privates Geld wird der Preisdruck am
Wohnungsmarkt nicht zu lindern sein. Üblicherweise reichen in einem
funktionierenden Markt steigende Mieten aus, um das Angebot zu erhöhen (wodurch
wiederum die Mieten sinken).“ Doch auch und gerade in Österreich funktionierten
die Marktgesetze kaum noch, da die Regulierung dort „zu streng, die Auflagen zu
hoch, die Renditeerwartungen zu niedrig“ seien.
Wie deutsche werden auch
österreichische Bruttoeinkommen von staatlichen Stellen nicht nur angeknabbert,
sondern substanziell angegriffen. Vor allem Familien haben nördlich und südlich
der Alpen große Probleme, die notwendigen Geldsummen zur Bezahlung
ausreichenden Wohnraums an den Finanzamtsstuben vorbei zu schleusen.
Geymüller und Christl
fordern daher zu Recht „mehr Luft“ für den Markt. Die bislang praktizierte
Wohnbauförderung sei kaum förderlich. Viel eher sollten die Bürger in die Lage
versetzt werden, mit Hilfe sinkender Steuerlast und damit einhergehend
steigender Nettoeinkommen Mietsteigerungen verkraften zu können. Sie rechnen
vor: „Wer hierzulande 1.000 Euro Miete bezahlt, muss 1.545 Euro am Markt
(inklusive aller Sozialabgaben und Steuern) verdienen. Bei 1.500 Euro Miete
sind es 2.852,47 Euro.“
Zum Ende plädieren
Geymüller und Christl für eine Versöhnung von Mietern und Vermietern, für die
Einsicht, dass vor allem Einflüsse des staatlichen Gewaltmonopols zu den
derzeit zu beobachtenden Verwerfungen auf dem Wohnungsmarkt führen. Beide
Seiten des Konflikts hätten Recht: „Die Mieten steigen tatsächlich deutlich an,
zumindest für jene, die neue Verträge abschließen. Und das Vermieten von
Wohnraum ist in kaum einem europäischen Land ein so schlechtes Geschäft wie in
Österreich. Das Problem ist nur über ein steigendes Angebot zu lösen.“
Auch auf dem
Wohnungsmarkt zeigt sich dieser Tage wie schädlich weil ineffizient Monopole
„wirtschaften“. Die Studie der Agenda Austria ist ein rundum gelungenes
Werkzeug, um für Aufklärung über das, für all zu viele Betroffene existenziell
bedrohliche, Staatsmonopol auf dem Wohnungsmarkt zu sorgen.
Um es abholen zu können, müssen die Bundesländer
im Schnitt über die Jahre 2013 und 2014 mehr Wohneinheiten förderzusichern als
von 2006 bis 2011. Weil das erhebliche Mehrausgaben für die Länder bedeutet,
können oder wollen sich diese das Paket nicht leisten. Nur Wien hat stets
kundgetan, die Vorgaben einhalten zu können.
Landeshauptleute beraten
Ende Oktober verlangten
die Wohnbaureferenten der Länder Neuverhandlungen über die Vergabe der Mittel.
Seither hat sich nichts getan. Am 22. Mai soll die Causa aber auf die
Tagesordnung der Landeshauptleutekonferenz im Burgenland kommen.
Im Finanzministerium
denkt man inzwischen allerdings vermehrt darüber nach, den Topf für die
Förderoffensive zu kürzen oder sogar ganz zu streichen. Angesichts der
Hypo-Pleite würde sich der Bund das Geld gerne ersparen.
Ein Umstand kommt der
Regierung dabei entgegen: Das im Jänner beschlossene Abgabenänderungsgesetz
sieht vor, dass Unternehmensgewinne bis 30.000 Euro steuerbegünstigt in
Wohnbauanleihen - aber nicht mehr in andere Wertpapiere - investiert werden
können. Das Finanzministerium erwartet sich daraus ab Jahresmitte Geldzuflüsse
von 300 Millionen Euro für den Wohnbau. Im Gegenzug soll das
Sonderwohnbauprogramm gestrichen werden. Allerdings gibt es dazu noch keine
politische Einigung, sondern nur "Überlegungen in diese Richtung",
heißt es im Finanzministerium.
Vorschlag einer
"Bundeswohnbauagentur"
Die Arbeiterkammer
wappnet sich jedenfalls schon für eine solche Maßnahme. Eine Kürzung oder gar
Streichung der 276 Millionen Euro ist für AK-Präsident Rudolf Kaske
"völlig inakzeptabel". Die Länder hätten ohnehin in den vergangenen
Jahren zu wenig gebaut und die Wohnbaugelder zum Stopfen von Budgetlöchern verwendet.
Auch Bau-Holz-Gewerkschafter
Josef Muchitsch befürchtet, dass das Geld "versumpft". Er verlangte
am Donnerstag auf einer Pressekonferenz, dass die 276 Millionen Euro in eine -
noch zu schaffende - "Bundeswohnbauagentur" fließen sollen, "wenn
es bis 22. Mai keine Lösung gibt".
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