Mittwoch, 19. März 2014

"Totaler Pfusch" um 276 Millionen fürs Wohnen

Wie Teile der Bauoffensive der Koalition schon per Gesetz von vornherein zum Versanden verurteilt sind. Oberösterreichs FPÖ-Landesrat Haimbuchner wirft der Bundesregierung Versagen nach dem Beschluss vor.


Wohnen betrifft viele. Immerhin wohnen 1,2 Millionen Menschen in Österreich in einer privaten Mietwohnung - das ist nicht nur ein Thema in Wien. Wohnen wird immer teurer. Daher braucht es rasch eine Mietrechtsreform mit mieterfreundlichen Regelungen. Unsere Mietrechtsvorschläge als
populistische Vereinfachung zu bezeichnen, ist eine Verhöhnung aller Mieterinnen und Mieter.  Dringend angesagt ist, die Mieterinnen und Mieter spürbar zu entlasten. (Kaske, AK, hat das von sich gegeben, wie schon so oft).
Auf die Mieterinnen und Mieter rollt ab April eine weitere Belastungswelle zu. Die Arbeitsgruppe zur Mietrechtsreform gibt es schon seit rund einem dreiviertel Jahr. Aber im Grunde herrscht Stillstand. Dass die Menschen durch die Wohnkosten stark belastet sind, wissen wir nicht erst seit gestern. Jetzt ist es Zeit, rasch zu handeln. Wir wollen eine schnelle mieterfreundliche Regelung. Um die Mieter zu entlasten, muss rasch eine Mietrechtsreform her, und es müssen mehr geförderte Wohnungen gebaut
werden
Und auch Häupl meldet sich. Endlich. Er hat endlich ein Wort gefunden.
Der soziale Wiener Wohnbau ist weltweit Vorbild (ob es wirklich ein Vorbild ist, sei jetzt einmal dahingestellt. Ein jeder Kramer lobt seine Ware!): Heute leben bereits mehr als 60 Prozent aller Wienerinnen und Wiener in einer Gemeindewohnung oder geförderten Wohnung. Das ist europaweit
einzigartig und stellt sicher, dass Wohnen in Wien leistbar ist. Und damit das auch in Zukunft so bleibt, hat Bürgermeister Michael Häupl eine europaweite Initiative zur "Erhaltung und den Ausbau eines
sozialen und nachhaltigen Wohnbaus in Europa" gestartet. Bürgermeister Häupl hat diese Initiative gestartet, weil der soziale Wohnbau zunehmend gefährdet ist. Warum meldet er sich erst jetzt zu Wort, warum nicht schon früher? Antwort: ihm schwimmen die Felle davon. Seltsam ist nur, er ist der Bürgermeister und Landeshauptmann, er ist der Herr der Stadt Wien und trotzdem macht er nichts gegen diesen Mietpreiswucher und Abgabenwucher! Ganz im Gegenteil, er hat ihn noch angeheizt. Denn breite Teile der Wiener Bevölkerung hätten keinen Zugang mehr zu leistbaren Wohnraum. Außerdem würde der Wohnbau eklatant zurückgehen und als Konjunkturmotor auslassen. Aber auch der gesellschaftliche Zusammenhalt wäre bedroht, wenn es keine soziale Durchmischung in den Wohngebieten gibt. Und genau die wollen wir, denn das macht die Lebensqualität in unserer Stadt aus. Ansonsten entstehen soziale Ghettos mit negativen Auswirkungen für ganz Wien, so Häupl, aber was nützen schöne Worte ohne Taten? Wem nützt es schön daherzureden, gleichzeitig aber alles zu unternehmen um das Gegenteil zu bewirken?
Das ist die Wahrheit:
Die aktuelle Diskussion zum Thema "leistbares Wohnen" wird derzeit unseriös geführt und dient maßgeblich dazu, von anderen Themen abzulenken und die Öffentlichkeit zu verwirren bzw. zu
verunsichern. Die Indexanpassung, die zu einer Anhebung der Richtwert- und Kategorie-Mieten mit 1. April führen wird, ist eine Maßnahme, die aufgrund früherer Kritik durch AK, Stadt Wien und
Mietervereinigung eingeführt worden ist. Um Mietsteigerungen gesetzlich zu regeln, wurden Richtwertanpassungen an einen Index gebunden und einen Stichtag gebunden. Michael Pisecky, Obmann der Fachgruppe der Immobilientreuhänder in der Wirtschaftskammer Wien: "Damals hat man sich auf diese Vorgehensweise geeinigt. Jetzt, wo die Indexanpassung wirksam wird, diese zu kritisieren, ist nicht seriös und zeigt, wie manche Organisationen zu ihrem Wort stehen!"
Unverständlich ist für Pisecky die Kritik vor allem deshalb, weil die Anpassung lediglich 2,3 % pro Jahr beträgt, wo hingegen die Stadt Wien erst vor wenigen Wochen die Gebühren für Müllentsorgung, Wasser und Kanal um 4,3 % für ein Jahr erhöht hat. Die Mieterschutzorganisationen hatten diese Maßnahme nicht kritisiert. Noch unverständlicher ist für Pisecky die Kritik der Stadt Wien an
der Richtwertanpassung, da ja auch Wiener Gemeindewohnungen um den Richtwert vermietet werden.
 

Linz/Wien. Gesetze zu beschließen ist nicht schwer, deren Inhalt danach umzusetzen dagegen sehr. Das dürfte auf jene 276 Millionen Euro für leistbares Wohnen zutreffen, die SPÖ und ÖVP im Bund knapp vor der Nationalratswahl sogar gesetzlich beschlossen haben. Rot und Schwarz haben sich allerdings bei diesem Teil der Wohnbauoffensive gleich auch selbst Fesseln angelegt.
Denn die Umsetzung wurde daran geknüpft, dass Finanzminister und Bundeskanzler „Einvernehmen" über die genauen Modalitäten erzielen, was aber nach Informationen der „Presse" bisher nicht geschehen ist. Wörtlich heißt es in der am 2. August 2013 im Bundesgesetzblatt kundgemachten Änderung des Gesetzes zum Finanzausgleich: „Die näheren Grundsätze über die Abwicklung hat der Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler nach Anhörung der Länder vorzunehmen."
Das ist der Grund, warum Oberösterreichs Wohnbaureferent Manfred Haimbuchner am Mittwoch im Gespräch mit der „Presse" seinem Ärger darüber Luft machte, dass nun wie zuletzt von Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske den Ländern die Schuld für die Blockade der 276 Millionen Euro in die Schuhe geschoben werde. Haimbuchner ist FPÖ-Politiker, verweist aber auf einen der „Presse" vorliegenden Beschluss aller Wohnbaureferenten der Bundesländer (darunter sind ÖVP-, SPÖ-Politiker und neben Haimbuchner Salzburgs Landesrat vom Team Stronach).
In diesem am 22./23. Oktober 2013 bei einem Treffen in Graz gefassten Beschluss werden „dringend und umgehend" neue Verhandlungen über die Förderungen gefordert. Das Schreiben wurde am 24. Oktober an die damalige Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) gerichtet. Reaktion? Bis dato Fehlanzeige. Haimbuchner spricht daher von einem „Wahlkampfgag" und einem „totalen Pfusch".

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Im Bundeskanzleramt wird auf Anfrage betont, das Paket über 276 Millionen Euro sei in den Koalitionsverhandlungen bekräftigt worden. Von den Landeshauptleuten sei dieses Thema bei einer Tagung am 12. November des Vorjahres mit Regierungsvertretern nicht vorgebracht worden. Die Wohnbaureferenten der Länder sehen ohne Aussprache mit dem Bund keine Möglichkeit zur Umsetzung. Einerseits sei die an sich kurze gesetzliche Änderung so kompliziert und ungenau formuliert, dass die Voraussetzungen nicht klar waren.
Andererseits gab es tatsächlich finanzielle Bedenken.
Allein Oberösterreich hätte zusätzlich 100 Millionen Euro lockermachen müssen, um 44 Millionen vom Bund zu erhalten. „Es ist so gemacht, dass das Geld einfach nicht abgeholt werden kann", beklagt Haimbuchner. Er fordert konkret: Wenn es der Bund ernst meine, sollten die Mittel zweckgebunden für den mehrgeschoßigen Wohnbau eingesetzt und die Länder zu einer zusätzlichen Wohnbauleistung verpflichtet werden.


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