Seit
1. Juli gelten in der Bundeshauptstadt neue Richtlinien für die
Vergabe von Sozialwohnungen. "Echte Wiener" sollen so
bevorzugt werden, doch schon jetzt herrscht Aufregung. Grund: Wiener
Wohnen ordnet die Liste der Wartenden neu. Bei Volksanwältin
Gertrude Brinek trudeln täglich Beschwerden ein: "Das System
ist diskriminierend."
Betroffen
sind vor allem Zugezogene aus den Bundesländern. Schon am ersten Tag
gingen vier Beschwerden über das "Wohn-Ticket" bei
der Volksanwaltschaft ein. "Und es werden laufend mehr",
sagt Brinek. Wartende sollen "massiv zurückgereiht"
werden, einige von ihnen entsprechen plötzlich nicht mehr den
Kriterien. In einem Fall wurde der Betroffene von Wiener Wohnen
informiert, dass er vom ersten auf den siebenten Listenplatz
zurückfällt. Ein anderer Kandidat geht nun komplett leer aus, "weil
er nicht durchgehend an einer Adresse gemeldet war".
16.500 Menschen warten auf Gemeindebauwohnung
16.500
Personen erfüllen die Kriterien und warten aktuell auf eine
Gemeindebauwohnung. Personen
aus dem Wiener Umland oder Studierende ohne viele Meldejahre haben
kaum Chancen. Sogar bei "echten Wienern" soll das System
nicht aufgehen. Auch hier gibt es erste Beschwerden: Wer kurzzeitig
ins Umland gezogen ist und nicht durchgehend gemeldet war, wird
zurückgereiht. Brinek: "Es sind nicht hauptsächlich Personen
mit Migrationshintergrund, die vom System betroffen sind."
Laut
Brinek stehe das Wiener "Wohn-Ticket" auch in Konflikt mit
demEU-Recht: "In einer Zeit, in der Mieten und Betriebskosten
massiv gestiegen sind, werden langjährige Leistungsträger
benachteiligt."
"Beim Supermarkt stellt man sich auch hinten an"
Bereits
in der Vergangenheit warfen die Grünen dem SP-Wohnbaustadtrat
Michael Ludwig vor, "FPÖ-Wählern schmeicheln" zu wollen.
Im Interview mit der "Krone" erklärt Ludwig seine Sicht
der Dinge:
"Krone": Herr
Ludwig, wie lange wartet man durchschnittlich auf eine
Gemeindewohnung?Michael
Ludwig: Das
hängt stark von den individuellen Wünschen ab. Wer sich etwa
ausschließlich für eine Wohnung in den Innenbezirken anmeldet,
wartet natürlich länger. Durchschnittlich liegt die Dauer zwischen
einem Jahr und eineinhalb Jahren.
"Krone": Wie
wird das neue Vergabesystem angenommen?Ludwig: Nach
den ersten Wochen sind wir äußerst zufrieden. Selbstverständlich
gibt es, wie bei jeder Neuerung, da oder dort vermehrten
Beratungsbedarf, aber darauf waren wir gut vorbereitet.
"Krone": Zuletzt
gab es Kritik wegen des Bonus für Langzeit-Wiener- zu
Recht?Ludwig: Nein.
Schon bisher musste man für eine Gemeindewohnung zwei Jahre in Wien
wohnhaft sein. All jene, die länger hier leben, bekommen nun einen
Bonus. Wer im Supermarkt an die Kasse geht, stellt sich schließlich
auch hinten in der Reihe an.
"Krone": Die
Volksanwaltschaft prüft die Vergabekriterien auf
Diskriminierung...Ludwig: Auch
die Volksanwaltschaft begrüßt die Neuregelung im Sinne einer
transparenten Wohnungsvergabe. Gleichzeitig wurde die Stadt ersucht,
zu drei Beschwerdefällen eine Stellungnahme abzugeben. Jeder Fall
wird nun im Einzelnen geprüft.
Maida
Dedagic und Alexandra Halouska, Kronen Zeitung/red
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