Der Wiener Bürgermeister hat durch demonstratives Nichtstun Werner Faymanns Haut gerettet. Vorerst. Auf Dauer kann das auch für ihn selbst nicht gut gehen.
Ganz
so sehe ich das nicht. Häupl hat nicht Faymanns Haut gerettet, so
gut verstehen sie sich gar nicht, sondern Häupl hat seine eigene
gerettet. Wie die ganze SPÖ steht auch Häupl mit dem Rücken zur
Wand. Ein zurück gibt es nicht mehr, es kann nur mehr ein nach-vor
geben und das ist für die SPÖ schwierig. Die letzten Jahre haben
uns gezeigt für was die SPÖ steht; es hat lang gedauert, aber
schließlich, haben die Leute erkennen müssen, dass sie belogen und
betrogen wurden; das Ergebnis kann ein jeder an den Wahlergebnissen
ablesen.
Der
Wiener Bürgermeister hat wieder einmal ein Machtwort gesprochen,
Werner Faymann darf (noch) politisch weiterleben. Er sehe überhaupt
keinen Anlass für eine Personaldebatte, schnappte Häupl vor der
jüngsten SPÖ-Vorstandssitzung
in Richtung Journalisten. Dabei wird es da wohl um mehr gegangen sein
als um die Neubesetzung der Bundesgeschäftsstelle.
Wie
auch immer, der mächtige Chef der Wiener SPÖ stellt sich –
erstaunlich genug – vor den Bundeskanzler, dessen Politik ihn
derzeit sogar laut SPÖ-internen Umfragen gut und gerne fünf Prozent
an Wählerstimmen kosten könnte.
Ratlose Genossen
Warum
tut er nichts – das fragen sich derzeit wohl viele, in und
außerhalb der SPÖ. Auch in der Gewerkschaft ist man, so hört man,
eher ratlos – haben doch führende Gewerkschafter Michael Häupl
deutlich signalisiert, man sei bereit, an einer etwaigen Demontage
Faymanns mitzuwirken.
Eine
Erklärung ist wohl der Charakter des Bürgermeisters, der gerne
seinen Frieden hat und nicht mit schwierigen Entscheidungsfragen
behelligt werden will. Man glaubt es kaum, aber in prekären
Situationen ist Häupl eher konfliktscheu. Das war schon bei Alfred
Gusenbauers Abgang so. Nicht, dass ihn Häupl zuletzt besonders
schätzte – aber er mochte partout nicht jener Grande sein, der den
Daumen nach unten richtet.
Häupl
poltert gerne öffentlich – und schon allein durch griesgrämiges
Auftreten bewirkt er oft, dass sich so mancher zu Tode fürchtet. Mit
hartnäckigem Widerstand – und nichts weniger ist von Faymann zu
erwarten – kommt Häupl eher schlecht zurecht.
Faymanns Wiener Erbe
Schon
wird in Polit-Journalisten-Kreisen gemunkelt, es gebe wohl einiges
was Häupl und Faymann aus ihrer gemeinsamen Wiener Vergangenheit
voneinander wüssten, was sie nun so schicksalhaft aneinander kette.
Wenn, dann ist es wohl Faymann, der aus seiner Zeit als
Wohnbaustadtrat einiges hinterlassen hat, was ihm Häupl heute übel
nehmen könnte: Etwa die Tatsache, dass Faymann mit vollen Händen
Steuergeld für Wohnbeilagen in Boulevardblättern ausgab, bei denen
von jeder Seite sein Konterfei lächelte.
Oder
man erinnere sich an die Zentralisierung der Hausbetreuung beim
Wiener Wohnen: Bewohner empörten sich monatelang darüber, dass der
Zugang zu den Waschküchen nicht funktionierte, dass die neuen
"Facilities" für die Reinigung von Stiegenhäusern wenig
übrig hatten, etc. Und die SPÖ rechtfertigte sich damit, dass es
die schwarz-blaue Regierung gewesen sei, die die Hausmeister
abgeschafft habe.
Ein
paar Regierungen und eine Strukturreform bei Wiener Wohnen später
hat Faymanns Nachfolger Michael Ludwig die Lage im Gemeindebau wieder
einigermaßen im Griff – sieht man einmal von fortlaufenden
Beschwerden von Mietern bei der Volksanwaltschaft wegen zu lascher
Sanierungsarbeiten ab.
Gar
nicht im Griff hat die Wiener Stadtregierung die jüngst aufgeflammte
Debatte um die Frage, wer da eigentlich aller im geförderten Wohnbau
sitzt.
Wer wird gefördert?
Dass
sich hier Freunderl und Kinder von Freunderln der roten Rathausmacht
die besten und günstigsten Immobilien sichern, wird der SPÖ im
Wahlkampf empfindlich schaden. Dass man hier auf Empörung über das
Ertapptwerden macht und mit dem Gesetzbuch wachelt statt verschämt
einzugestehen, dass es hier ein massives moralisches Problem gibt,
macht die Sache nicht besser. Man wird sich an die Plakate erinnern,
auf denen Häupl dem Betrachter strahlend einen Schlüssel zu einer
neu gebauten Wohnung entgegen hält.
Häupl
muss handeln. In dieser Frage genauso wie in den Verhandlungen um die
Schulreform – ebenso ein rotes Herzthema. Und auch in der Frage,
wie es in der SPÖ politisch weitergehen soll.
Er
ist eine der wichtigsten politischen Persönlichkeiten in der
Sozialdemokratie, er kann sich nicht ins Leo stellen. Tut er es doch,
darf er sich nicht wundern, wenn er eines Tages selbst eine
Führungsdebatte am Hals hat. (Petra Stuiber, 7. Juli 2015)
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