Seit die Vergaberichtlinien für Wohnungen der Stadt Wien geändert wurden, ist es fast unmöglich, als Single über 30 und unter 65 eine Smart-Wohnung zu bekommen
Seit
1. Juli gibt es das Wiener Wohnticket: Damit wurden alle
Wohnungsangebote der Stadt Wien gebündelt und die
Grundvoraussetzungen vereinheitlicht. Versprochen wurden Transparenz
und kürzere Wartezeiten. Auch ein Bonussystem für Wiener wurde
eingeführt: Wer schon länger in Wien lebt, wird auf der Warteliste
bis zu neun Monate vorgereiht.
Für
manche wurde der Weg zur neuen Wohnung mit 1. Juli trotzdem
erschwert: Für Smart-Wohnungen, die von der Stadt Wien vergeben
werden, muss nämlich nun wie bei Gemeindewohnungen ein "dringend
notwendiger Wohnbedarf" nachgewiesen werden.
Das
ärgert Eva. T. Die 46-jährige alleinstehende Wienerin, die ihren
Namen nicht in der Zeitung lesen will, wäre gern in eine
Smart-Wohnung gezogen: Sie verdiene derzeit nur 1.000 Euro und könne
sich ihre Miete von 550 Euro im Monat nicht mehr lange leisten,
berichtet sie. Außerdem sei das Haus im 18. Bezirk ein
Spekulationsobjekt, der Vermieter wolle sie seit Jahren loswerden.
Begründeter Wohnbedarf nötig
Vonseiten
der Stadt Wien werden Smart-Wohnungen besonders für Jungfamilien,
Paare, Alleinerzieher und Singles beworben – perfekt also für T.,
die sich daher vor einem Jahr für sieben Planungsprojekte in der
ganzen Stadt angemeldet hat. Mit einer Miete von 7,50 Euro Miete und
60 Euro Eigenmittelanteil pro Quadratmeter erachtete sie die Wohnung
als ihrer finanziellen Situation angemessen. Am liebsten wäre sie in
eine Smart-Wohnung im Sonnwendviertel beim neuen Hauptbahnhof
gezogen.
Damals
erfüllte sie alle Voraussetzungen dafür: Sie hatte ihr 17.
Lebensjahr vollendet, war mindestens zwei Jahre durchgehend an ihrer
aktuellen Wiener Adresse als Hauptwohnsitz gemeldet, hatte die
österreichische Staatsbürgerschaft und unterschritt die geforderte
Jahreseinkommensgrenze von 43.970 Euro.
Anfang
Juli ist sie aber aus dem System geflogen. Den "begründeten
Wohnbedarf" kann sie nicht nachweisen. Denn sie ist nicht unter
30, die Option "Hausstandsgründung" fällt für sie also
weg. Auch der "altersbedingte Wohnbedarf" kommt für sie
nicht infrage. Bleibt nur noch die Option "Überbelag":
Dieser ist gegeben, wenn die derzeitige Wohnung kleiner ist als für
die darin wohnende Personenzahl vorgesehen. Als allein lebender
Single fällt also auch diese Option für sie aus.
Für
Peter Neundlinger, Geschäftsführer des Wohnservice Wien, verhält
sich die Sache anders. Eva T. habe sich keineswegs für Wohnung
angemeldet, sondern lediglich beim Projekt "eingetragen".
Und schon vor dem 1. Juli seien Smart-Wohnungen bevorzugt an Personen
mit Vormerkscheinen für Gemeindewohnungen vergeben worden – auch
damals sei also schon ein begründeter Wohnbedarf nötig gewesen. Eva
T. "hätte also auch vor dem 1. Juli keine Chance auf eine
Smart-Wohnung gehabt", urteilt Neundlinger. Eine Aussage, die T.
erzürnt: "Warum ließ man mich dann überhaupt für solche
Bauprojekte anmelden – inklusive Vorfreude auf eine Wohnung, auf
die ich also nie eine Chance hatte?"
Optionen für Singles
Was
also sind die Optionen für Singles über 30 und unter 65? Wer keinen
begründeten Wohnbedarf nachweisen kann, aber eine Smart-Wohnung
will, kann sich direkt an den jeweiligen Bauträger wenden,
informiert Neundlinger. Außerdem könne jemand, der die
Grundvoraussetzungen für das Wiener Wohnticket erfüllt, aus dem
Angebot an geförderten Mietwohnungen, Wiedervermietungen,
geförderten sanierten Wohnungen sowie Wohnungen aus der
Wohnbauinitiative wählen. Denn dafür sei kein begründeter
Wohnbedarf nachzuweisen.
Wie
viele Menschen mit 1. Juli aus dem System gefallen sind, sei "durch
statistische Zahlen" nicht feststellbar, sagt Neundlinger.
"Tatsache ist, dass das neue Bonussystem für Personen mit
Lebensmittelpunkt in Wien Vorteile für länger in Wien Gemeldete
bringt." Eva T. glaubt, dass viele Menschen davon betroffen
sind: "Allein in meinem Bekanntenkreis gibt es einige, denen es
ähnlich wie mir ergangen ist."
Wolfgang
Kirnbauer vom Wiener Mieterschutzverband sind diesbezüglich noch
keine Beschwerden zu Ohren gekommen. Er kritisiert aber die
Intransparenz der online abrufbaren Informationen: "Und es liegt
auf der Hand, dass der Bewerberkreis für geförderte Wohnungen stark
eingeschränkt wurde und nur auf diese Weise eine Verkürzung der
Wartezeiten ermöglicht werden kann."
Eva
T. hofft nun jedenfalls, dass sie doch irgendwie in ihrer bisherigen
Wohnung bleiben kann. (Franziska Zoidl, 16.7.2015)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen