Mittwoch, 15. Juli 2015

Neue Richtlinien erschweren Zugang zu Smart-Wohnungen für Singles

Seit die Vergaberichtlinien für Wohnungen der Stadt Wien geändert wurden, ist es fast unmöglich, als Single über 30 und unter 65 eine Smart-Wohnung zu bekommen



Seit 1. Juli gibt es das Wiener Wohnticket: Damit wurden alle Wohnungsangebote der Stadt Wien gebündelt und die Grundvoraussetzungen vereinheitlicht. Versprochen wurden Transparenz und kürzere Wartezeiten. Auch ein Bonussystem für Wiener wurde eingeführt: Wer schon länger in Wien lebt, wird auf der Warteliste bis zu neun Monate vorgereiht.
Für manche wurde der Weg zur neuen Wohnung mit 1. Juli trotzdem erschwert: Für Smart-Wohnungen, die von der Stadt Wien vergeben werden, muss nämlich nun wie bei Gemeindewohnungen ein "dringend notwendiger Wohnbedarf" nachgewiesen werden.
Das ärgert Eva. T. Die 46-jährige alleinstehende Wienerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will, wäre gern in eine Smart-Wohnung gezogen: Sie verdiene derzeit nur 1.000 Euro und könne sich ihre Miete von 550 Euro im Monat nicht mehr lange leisten, berichtet sie. Außerdem sei das Haus im 18. Bezirk ein Spekulationsobjekt, der Vermieter wolle sie seit Jahren loswerden.

Begründeter Wohnbedarf nötig

Vonseiten der Stadt Wien werden Smart-Wohnungen besonders für Jungfamilien, Paare, Alleinerzieher und Singles beworben – perfekt also für T., die sich daher vor einem Jahr für sieben Planungsprojekte in der ganzen Stadt angemeldet hat. Mit einer Miete von 7,50 Euro Miete und 60 Euro Eigenmittelanteil pro Quadratmeter erachtete sie die Wohnung als ihrer finanziellen Situation angemessen. Am liebsten wäre sie in eine Smart-Wohnung im Sonnwendviertel beim neuen Hauptbahnhof gezogen.
Damals erfüllte sie alle Voraussetzungen dafür: Sie hatte ihr 17. Lebensjahr vollendet, war mindestens zwei Jahre durchgehend an ihrer aktuellen Wiener Adresse als Hauptwohnsitz gemeldet, hatte die österreichische Staatsbürgerschaft und unterschritt die geforderte Jahreseinkommensgrenze von 43.970 Euro.
Anfang Juli ist sie aber aus dem System geflogen. Den "begründeten Wohnbedarf" kann sie nicht nachweisen. Denn sie ist nicht unter 30, die Option "Hausstandsgründung" fällt für sie also weg. Auch der "altersbedingte Wohnbedarf" kommt für sie nicht infrage. Bleibt nur noch die Option "Überbelag": Dieser ist gegeben, wenn die derzeitige Wohnung kleiner ist als für die darin wohnende Personenzahl vorgesehen. Als allein lebender Single fällt also auch diese Option für sie aus.
Für Peter Neundlinger, Geschäftsführer des Wohnservice Wien, verhält sich die Sache anders. Eva T. habe sich keineswegs für Wohnung angemeldet, sondern lediglich beim Projekt "eingetragen". Und schon vor dem 1. Juli seien Smart-Wohnungen bevorzugt an Personen mit Vormerkscheinen für Gemeindewohnungen vergeben worden – auch damals sei also schon ein begründeter Wohnbedarf nötig gewesen. Eva T. "hätte also auch vor dem 1. Juli keine Chance auf eine Smart-Wohnung gehabt", urteilt Neundlinger. Eine Aussage, die T. erzürnt: "Warum ließ man mich dann überhaupt für solche Bauprojekte anmelden – inklusive Vorfreude auf eine Wohnung, auf die ich also nie eine Chance hatte?"

Optionen für Singles

Was also sind die Optionen für Singles über 30 und unter 65? Wer keinen begründeten Wohnbedarf nachweisen kann, aber eine Smart-Wohnung will, kann sich direkt an den jeweiligen Bauträger wenden, informiert Neundlinger. Außerdem könne jemand, der die Grundvoraussetzungen für das Wiener Wohnticket erfüllt, aus dem Angebot an geförderten Mietwohnungen, Wiedervermietungen, geförderten sanierten Wohnungen sowie Wohnungen aus der Wohnbauinitiative wählen. Denn dafür sei kein begründeter Wohnbedarf nachzuweisen.
Wie viele Menschen mit 1. Juli aus dem System gefallen sind, sei "durch statistische Zahlen" nicht feststellbar, sagt Neundlinger. "Tatsache ist, dass das neue Bonussystem für Personen mit Lebensmittelpunkt in Wien Vorteile für länger in Wien Gemeldete bringt." Eva T. glaubt, dass viele Menschen davon betroffen sind: "Allein in meinem Bekanntenkreis gibt es einige, denen es ähnlich wie mir ergangen ist."
Wolfgang Kirnbauer vom Wiener Mieterschutzverband sind diesbezüglich noch keine Beschwerden zu Ohren gekommen. Er kritisiert aber die Intransparenz der online abrufbaren Informationen: "Und es liegt auf der Hand, dass der Bewerberkreis für geförderte Wohnungen stark eingeschränkt wurde und nur auf diese Weise eine Verkürzung der Wartezeiten ermöglicht werden kann."
Eva T. hofft nun jedenfalls, dass sie doch irgendwie in ihrer bisherigen Wohnung bleiben kann. (Franziska Zoidl, 16.7.2015)


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen