Sozialvereine haben am Freitag eine Aktion gegen Wohnungsnot gestartet. Sie kritisieren „politische Untätigkeit“. Viele Sozialvereine aus Innsbruck und Tirol verzeichnen einen massiven Anstieg von Klienten, die offen oder versteckt wohnungslos sind.
SPAK
ist der Zusammenschluss von Sozialinitiativen, die in ganz Tirol und
Innsbruck tätig sind (siehe Kasten links). Alle Einrichtungen
verzeichnen eine Verschärfung der Wohnungsnot: überfüllte
Notschlafstellen, monatelange Wartezeiten in betreuten Wohnungen,
viele Klienten, die auf der Straße leben. Der SPAK erhob angesichts
dieser Problematik zwei Forderungen: Die Anpassung der
Mietpreisobergrenzen und die Nutzung leerstehender Wohnungen.
Problem: Mietpreisobergrenzen
Für
Bezieher der Mindestsicherung gilt derzeit, dass sie keine Wohnung
über einen gesetzlich festgelegten Mietpreis mieten dürfen.
Andernfalls erlischt ihr Anspruch auf die Mindestsicherung. Der SPAK
kritisiert, dass diese Mietpreisobergrenzen an der Realität
vorbeigingen. Die meisten Wohnungen, die am freien Markt in Tirol
verfügbar sind, sind teurer und damit für viele Klienten von
Sozialvereinen nicht erreichbar.
Von
Seiten der Politik wurden diese Grenzen stets damit legitimiert, dass
man keinesfalls mit Steuergeld privaten Mietwucher unterstützen und
die Preise weiter in die Höhe treiben wolle. Ein Argument, das der
SPAK zurückweist. „Die Gruppe wohnungssuchender
Mindesthilfebezieher ist viel zu klein, um Einfluss auf die
Wohnungspreise zu haben“, sagte Andreas Deutinger vom Chill Out,
das wohnungslose Jugendliche betreut. Die niedrigen Grenzen seien von
der Politik willkürlich festgelegt und damit ungesetzlich. Die
Grenzen müssten sich nämlich an „ortsüblichen“ Preisen
orientieren - und die lägen in Innsbruck und Umgebung deutlich über
jenen, die Stadt und Gemeinden als Grenzen festgelegt hätten.
Gemeinden sparen sich nichts
Dabei
brächten die Mietpreisobergrenzen, die für den weiteren Bezug der
Mindestsicherung eingehalten werden müssen, den Gemeinden nichts,
argumentierte auch Michael Hennermann vom Verein für Obdachlose an
einem Beispiel. Für einen Obdachlosen, der in der Innsbrucker
Herberge einen Monat unterkomme, zahle die Stadt Tagsätze in der
Summe von rund 1.000 Euro. Eine kleine Wohnung koste rund 500 Euro,
der Obdachlose dürfe sie wegen Überschreitung der
Mietpreisobergrenze aber nicht anmieten.
Viele Vorschläge, kaum politische Resonanz
Eine
weitere Forderung der Sozialvereine sind politische Maßnahmen zur
Nutzung leerstehender Wohnungen. Zahlreiche Wohnungen gemeinnütziger
Wohnbauträger der Stadt Innsbruck stünden leer, diese sollten akut
wohnungslosen Menschen unbürokratisch zur Verfügung gestellt
werden. Private, leerstehende Wohnungen sollten mit einer
Leerstandabgabe versehen werden. Eine AK-Studie würde dokumentieren,
dass viel Wohnraum ungenützt brach liege, so Oliver Altmayer vom
DOWAS, die Abgabe könnte vielleicht den einen oder anderen
Wohnungsbesitzer zum vermieten motivieren.
Neben
der Leerstandsabgabe nannten die Vertreter der Sozialverein auch eine
Mietzinsdeckelung, eine Zweckbindung der Wohnbauförderung,
einheitliche Zugangsbedingungen zur Wohnbeihilfe in allen Tiroler
Gemeinden als alte Forderungen, die von der Politik ignoriert worden
seien.
Nicht nur evidente Wohnungslosigkeit
Das
Problem der Wohnungsnot betreffe nicht nur augenscheinlich
wohnungslose Menschen wie Obdachlose oder Flüchtlinge. Auch die Zahl
versteckter Wohnungsloser sei enorm - wenn z.B. ganze Familien in
Ein-Zimmer-Wohnungen lebten, wenn Mindestpensionisten keine
Alternative zu schimmligen Wohnungen hätten, wenn Frauen in
Gewaltbeziehungen bleiben müssten, weil sie sich eine eigene Wohnung
nicht leisten können, berichtete Veronika Stöllner vom Tiroler
Frauenhaus.
Die
im SPAK vertretenen Sozialvereine attestierten der Politik
Untätigkeit, die dazu geführt habe, dass privater Wohnungsmarkt und
sozialer Wohnbau für immer mehr Wohnungssuchende nicht mehr
verfügbar sei. Mit Transparenten, die auf diversen Einrichtungen
angebracht werden, wollen die Sozialvereine die Problematik
öffentlich machen.
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