Montag, 3. November 2014

Finanzkrise in Wien

Die Finanzkrise, die Sparpolitik in Europa, die falschen Prognosen der Wirtschaftsforscher, der Bevölkerungsboom: Für SP-Finanzstadträtin Renate Brauner gibt es viele "Schuldige", wenn sie die steigenden Schulden der Bundeshauptstadt rechtfertigen muss. Mit über fünf Milliarden Euro steht Wien in der Kreide. Damit bestätigt sich auch ein Rechnungshofbericht.
Auch 2015 wird Wien mehr ausgeben als einnehmen - für Brauner eine Notwendigkeit, um "nachhaltige Investitionen" zu sichern. 12,52 Milliarden Euro Einnahmen stehen 12,74 Milliarden Ausgaben gegenüber. Das ist ein Minus von 220 Millionen Euro für 2015. Das Defizit wird zwar kleiner, der Schuldenberg wächst aber weiter - auf über fünf Milliarden Euro.
Teurer als 2014 kommen die Stadt vor allem die Ressorts Gesundheit, dessen Budget durch den Bau des KH Nord von 3,49 auf 3,64 Mrd. Euro steigt, und Bildung, wo beispielsweise der beitragsfreie Kindergarten mit 700 Mio. Euro zu Buche schlägt.
Mit Ende 2014 wird die Stadt einen voraussichtlichen Schuldenstand von 4,88 Mrd. Euro und damit um 244 Mio. Euro mehr als noch Ende 2013 haben. Allerdings sei die Pro-Kopf-Verschuldung der Hauptstadt mit 2.662 Euro pro Wiener vergleichsweise gering, meinte die Finanzchefin.
Wohin fließt das Geld? Deutlich mehr erhält der Bereich Gesundheit und Soziales (3,64 Milliarden). Gründe: sehr viele Arbeitslose, der Umbau des Spitals- und Geriatriewesens, mehr Unterstützung für die Ärmsten. Allein der Fonds Soziales Wien bekommt 928 Millionen. Dieser finanziert damit auch umstrittene Drogenprojekte.
Auch die wachsende Stadt stelle das Budget vor Herausforderungen: Mehr Wiener bräuchten auch mehr U-Bahnen, Schule und Spitäler, um die Lebensqualität zu erhalten, so Brauner. Diesen Investitionen stehe aber immer der „Hemmschuh“ Stabilitätspakt im Weg. Erneut forderte die Finanzchefin, in Zukunft nachhaltige Investitionen aus den strengen Maastricht-Kriterien ausnehmen oder zumindest über längere Zeit abschreiben zu dürfen. Berechnet man die Neuverschuldung nach dem Maastricht-Saldo, beträgt diese im kommenden Jahr 298,14 Mio. Euro.
Zum ersten Mal ortete die Finanzstadträtin Bewegung auf europäischer Ebene: „Ich bin sehr optimistisch, dass die neue Kommission hier zu Änderungen bereit ist. Ich hoffe, schon in Jahresfrist.“ Für Wien würde etwa schon die Ausnahme der Investitionen in U-Bahnausbau und Krankenhaus Nord eine deutliche Annäherung an das für 2016 vorgeschriebene ausgeglichene Budget bedeuten, rechnete Brauner vor. Sollte sich der Stabilitätspakt bis 2016 nicht flexibler gestalten, werde man auf die Kooperation mit privaten Partnern setzen.
Weil Wien stark wächst, braucht es Wohnungen. 641 Millionen Euro sind für Neubau und Sanierung vorgesehen. Dazu kommen hohe Ausgaben für Kindergärten, Schulen und Verkehrsmaßnahmen (Öffi-Ausbau).
Das Kulturbudget wird um sieben Millionen Euro auf 246,8 Millionen aufgestockt. Der Personalstand im Magistrat inklusive Wiener Wohnen, Krankenanstaltenverbund und Wien Kanal bleibt mit 59.100 Stellen nahezu unverändert.
Brauner bestätigt mit ihrer düsteren Prognose jenen Rohbericht des Rechnungshofs, welcher der "Krone" im September zugespielt wurde. Damals mahnten die Prüfer des RH besonders die unvollständige Darstellung der Bankverbindlichkeiten städtischer Unternehmen ein.

Ein weiterer Kritikpunkt: Die Verwaltung der 34 direkten Beteiligungen der Stadt an Unternehmen ist auf 13 Magistratsabteilungen und die Wien Holding aufgeteilt. Dazu komme, dass "sämtliche 144 Unternehmensbeteiligungen der Stadt anteilige Verbindlichkeiten von insgesamt 3,11 Milliarden Euro ausweisen".

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