Gastkommentar von Andreas Unterberger: Die Gemeinde Wien gibt für Propaganda und Eigenlob mehr aus als der Rest Österreichs zusammen. Ein besonders übles Beispiel für diese Steuergeldverschwendung ist die neue Kampagne „Wofür schlägt ihr Herz?“.
Diese versucht zwar
den Eindruck zu erwecken, dass hier eine freie oder gar repräsentative
Plattform etabliert worden wäre, welche unabhängige Stimmen aus der Bevölkerung
sammeln und veröffentlichen würde. Es gelingt aber keine Sekunde lang, jemand
an diese Fiktion glauben zu lassen. Die Plattform wird vielmehr bis aufs letzte
von einer steuergeldfinanzierten Agentur gemacht und gesteuert. Offenbar
veranlasst die Panik im letzten Jahr vor einer Gemeinderatswahl (mit derzeit
für die SPÖ katastrophalen Vorzeichen) die Politik, alle Hemmungen fallen zu
lassen.
Die
„Postings“, die man dort findet, haben nicht einmal einen Hauch von echter
Bürgermeinung oder gar demokratischer Kritik. Dort äußern sich angebliche
Bürger nur so, wie die Obrigkeit sie gerne hätte: Mit allem und jedem
zufrieden. „Wien hat alles was das Herz begehrt: Shopping, Kulinarik, Kabarett,
Sport und vieles mehr!“ springt einem da etwa als erstes entgegen. Wer das
erste „Posting“ gelesen hat, kennt im Grund auch all die vielen anderen. Oder
unterscheidet sich etwa „Mein Herz schlägt für das einzigartige, vielfältige
kulturelle Angebot in Wien“ in einer relevanten Weise?
Das ist wirklich einzigartig
Nicht
einmal die bei Internet-Kommentaren üblichen Rechtschreibfehler hat der
Lohnschreiber der Agentur dabei eingebaut. Nur mit der Interpunktion und
Großschreibung hapert es durchwegs. Ihm sind nicht einmal viele Ideen
eingefallen, die voneinander abweichen würden. Es wirkt so, als ob man nur
einen einzigen Publizistik-Studenten des ersten Semesters als schreibenden
Jubelperser – pardon: Jubelwiener engagiert hätte.
Speziell
amüsant ist die Häufigkeit des Lobs fürs kulturelle Angebot. In Wahrheit wird
freilich fast alles, was wichtig ist in Wien und was ein heimisches wie
internationales Massenpublikum anzieht, ausschließlich vom Bund gemacht und
finanziert. Ob das nun Staatsoper, Burgtheater, Volksoper, Kunsthistorisches
Museum, oder das Belvedere ist. Nichts davon ist dem Rathaus zu danken, das
sich nur jetzt in Wahlkampfnöten ungeniert die Federchen an den Hut stecken
will.
Dort
hingegen, wo der Bund nicht alles zahlt (obwohl er in Wien überproportional
viel mehr Geld für Kultur ausgibt als im Rest des Landes), weigert sich die
Gemeinde zunehmend, für ihren Teil aufzukommen: Dem Musikverein soll der
jährliche Zuschuss gestrichen werden. Das Konzerthaus würgt noch immer an den
Schulden für die fast schon ein Jahrzehnt zurückliegende Generalrenovierung.
Und am Künstlerhaus steht fast ebensolang schon ein Baustellengerüst: Dessen
Geschäftsführung hofft, durch die Werbung auf diesen Gerüsten im Lauf der
Generationen das Geld zu der dringend notwendigen Renovierung zusammenkratzen
zu können, weil die Gemeinde nicht dafür aufkommt.
Jubelperser-Postings
Ist
der Inhalt der Jubelperser-Postings schon peinlich genug, so sind das die
Kosten für diese Werbepeinlichkeit noch viel mehr: Denn die Aktion „Wien wills
wissen“, deren Höhepunkt eben dieses „Wofür schlägt Ihr Herz?“ ist, kostet
gigantische zwei Millionen Euro. Wie laut haben einst die Sozialisten
geschrien, als ein blauer Finanzminister einen halbwegs an diese Summe
heranreichenden Betrag für seine Homepage ausgeben (verschwenden) ließ.
Dieses
Geld kommt aber nicht etwa aus dem riesigen 50-Millionen-Euro-pro-Jahr-Budget
der Rathauspropaganda-Maschine PID („Presse- und Informationsdienst“), sondern
ist – rechtzeitig fürs Wahljahr – neu und zusätzlich budgetiert worden. Ebenso
wie die vielen derzeit zusammen mit dem ORF vorbereiteten Conchita-Wurst-Propagandaorgien,
mit denen Wien in den nächsten Monaten überzogen wird. Wie hätten sich
Musikverein, Künstler- oder Konzerthaus etwa gefreut, wenn sie dieses Geld
bekommen hätten . . .
Die
Aktion erinnert an den alten Spruch Bertolt Brechts: „Die Regierung solle sich
ein neues Volk wählen.“ Die Wiener Rathausmächtigen übertreffen freilich noch
diesen Zynismus: Sie lassen das Volk gleich auch für die eigene Gehirnwäsche
zahlen, nachdem sie mit dem Volk (und dessen massenweiser Abwendung von der
SPÖ) unzufrieden geworden sind.
Aber
man soll auch das Positive loben. „Wofür schlägt Ihr Herz?“ redet die Wiener
wenigstens noch mit der höflichen Sie-Form an. Dazu sind die „Wiener Linien“ –
eine weitere der vielen Propagandamaschinen des Rathauses mit einem in den genannten
Beträgen noch gar nicht enthaltenen Riesenbudget – nicht mehr bereit. Sie reden
auf ihrer Homepage die Kunden per „euch“ an, so wie wenn diese ein Haufen
Schulkinder oder Ikea-Kunden wären. Selbst auf den großen Anfangsbuchstaben,
der noch einen Rest von Höflichkeit signalisieren würde, verzichtet man.
Aber
dafür wird von den „Wiener Linien“ alles durchgegendert. Man kann zwar nicht
deutsch, aber gut feministisch.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen