Michael Häupl ist ein gefinkelter politischer
Fuchs. Jeder seiner Schachzüge ist jetzt schon auf den Wahltermin der 2015
bevorstehenden Gemeinderatswahlen ausgerichtet. Jeder einzelne Schachzug soll
ihm und der SPÖ das weitere Verbleiben an der Macht ermöglichen – obwohl die
Partei bei den Meinungsumfragen so tief abgestürzt ist wie noch nie. Und das
könnte gelingen.
Deshalb unterstützt Häupl SPÖ-intern derzeit sehr den
Bundesparteivorsitzenden, der ja panisch vor dem SPÖ-Parteitag zittert. Diese
Unterstützung steht in verblüffendem Gegensatz zu vielen früheren Intrigen
Häupls gegen Werner Faymann, als dieser noch ehrgeiziger Wiener Stadtrat
gewesen war und ambitioniert auf Häupls Position geblinzelt hatte. Als
Bundeskanzler aber ist Faymann keine Gefahr mehr für Häupl, der nun wieder
ungefährdet auf der für die SPÖ wichtigsten politischen Position sitzt
(nirgendwo kann man so viel Geldmittel im Interesse der Partei bewegen wie im
Rathaus). Und daher wird er unterstützt.
Häupl scheut vor allem jede Unruhe durch eine
intensive Krisendebatte über Faymann. Da weit und breit kein anderer
Bundesparteichef sichtbar ist, der Häupl bei dessen Gemeinderatswahl
hilfreicher sein könnte, darf Faymann weitermachen. Daher hat der Bürgermeister
Ruhe zur ersten Genossenpflicht ausgerufen. Gleichzeitig ist klar: Wird das
Wiener SPÖ-Ergebnis wirklich so mager wie es derzeit scheint, kann Häupl
nachher immer noch einen Gutteil der Schuld auf Faymann schieben.
Noch viel auffälliger sind die Signale Häupls in
Richtung seiner grünen Koalitionspartner. Immer öfter geht er öffentlich zu den
Grünen auf kritische Distanz. Mehrmals hat er schon gebrummt, dass es in der
Wiener Stadtkoalition „ein bisserl“ holpern würde.
Häupl und die Grünen
Jedoch: Keiner der Häupl-Sager hat die Brücken
zu den Grünen wirklich abgebrochen. Die Grünen ihrerseits haben ja überhaupt
keine Koalitionsalternative zur SPÖ. Sie haben daher beispielsweise auch keine
einzige Initiative gegen die in Wien besonders krasse Korruption gesetzt,
obwohl sie sich doch anderswo gerne als Sauberpartei geben. Und da die SPÖ in
Wahrheit ja ihren Partner immer als sehr handzahm erlebt hat, der letztlich
immer nachgibt, kann man jede Wette eingehen: Es wird in Wien wieder Rot-Grün geben
– wenn es sich arithmetisch ausgeht.
Freilich ist das auf Grund der Stimmung in Wien
derzeit keineswegs gesichert. Daher passt es für Häupl gut, sich als auch für
andere Partner offen darzustellen. Und sollte sich Rot-Grün doch ausgehen, dann
sind Häupls Brummeleien immer noch hilfreich, den Preis der Grünen für die
nachfolgenden Koalitionsverhandlungen zu drücken. Sonst könnten diese ja zu
üppig werden. Die Grünen werden halt wieder eine Spielwiese wie die
Mariahilferstraße bekommen. Aber damit soll es dann auch schon wieder genug
sein.
ÖVP als Alternative?
Gleichzeitig macht der alte Fuchs Häupl mit
seinem Holper-Gerede der Wiener ÖVP lange Zähne. Vielleicht kommt sie ja doch
beim nächsten Mal statt der Grünen dran. Das ist die ewige Hoffnung oder vielleicht
gar das genetische Programm vieler Schwarzer. Daher rennen viele von ihnen
herum und glauben allen Ernstes Rot-Grün schon am Zerbrechen und sich als
Alternative.
So wie im Bund steht die ÖVP auch in Wien im
Abtausch für ein paar Posten als Mehrheitsbeschaffer für die SPÖ zur Verfügung.
Es gibt keinerlei Andeutungen der ÖVP, dass sie so wie die bürgerlichen Wähler
der roten Bürgermeister in Wien überdrüssig wäre. Während es in allen anderen
Großstädten Europas mindestens einmal nach Kriegsende einen Parteiwechsel an
der Spitze gegeben hat, glaubt die Wiener ÖVP offensichtlich an ein göttliches
Gesetz, dass Wien auch nach 70 Jahren weiterhin einen SPÖ-Bürgermeister als
Selbstverständlichkeit anzusehen hat.
Diese Haltung bringt die ÖVP zwar mit Sicherheit
bei den Wählern in einen weiteren steilen Abstieg, aber sie hofft halt, dass
sich dennoch ein oder zwei Stadtratsposten ausgehen werden. Vor allem
Wirtschaftskämmerer und die noch vorhandenen ÖVP-Bezirksvorsteher haben großes
Eigeninteresse, sich der Partei der Macht als gefügig zu zeigen. Aber auch
anderen ÖVP-Exponenten wird derzeit von Wiener Sozialdemokraten in
Vieraugengesprächen schön getan. Eigentlich würde man eh viel lieber mit ihnen
. . .
Hätte sich Häupl hingegen klar für die intern
längst geplante Fortsetzung von Rot-Grün ausgesprochen, hätten sich in der ÖVP
vielleicht doch jene Stimmen durchgesetzt, die meinen: Trauen wir uns doch zu
sagen, dass der Kaiser nackt ist, dass 70 Jahre SPÖ mehr als genug sind.
Nächstes Element in Häupls Strategie: Liegt
einmal die ÖVP gefügig winselnd vor seiner Türschwelle, liegen automatisch auch
die Neos dort. Damit hat er eine weitere Partei, die um seine huld rittert. Die
Neos wollen ja ohnedies überall mit aller Gewalt in die Regierung. Ihre
wirtschaftsliberalen Ansätze glaubt der machterprobte Häupl ihnen ebenso
abräumen zu können, wie es ihm immer schon beim ÖVP-Wirtschaftsbund gelungen
ist. Und gesellschaftspolitisch sind Neos, SPÖ und Grüne sowieso nicht
unterscheidbar.
NEOS als Reserverad
Die Neos hätten sich nur dann bei ihrem
Bobo-Klientel schwergetan, wenn die ÖVP eine klare Absage an einen
SPÖ-Bürgermeister gemacht hätte. Dann wären die Neos plötzlich das einzige
Reserverad für die Rathauskoalition gewesen. Das wäre unangenehm gewesen. Aber
mit ihrer Gefügigkeit macht die ÖVP nicht nur der SPÖ, sondern auch den Neos
das Leben leicht. Beide wetteifern jetzt mit den Grünen, den Schleppensaum der
Wiener SPÖ tragen zu dürfen.
FPÖ als Außenseiter
Bleibt die FPÖ als Außenseiter. Auf die wird man
im Wahlkampf erbarmungslos einschlagen können, auch mit Hilfe vieler
bestochener Medien. Lediglich die Kronenzeitung wird da etwas lavieren müssen.
Kassiert sie doch einerseits von der SPÖ viel Geld aus den Wiener Steuertöpfen,
weiß sie doch andererseits, dass sie besonders viele Leser mit FPÖ-Sympathien
hat.
Die FPÖ wird sicherlich dazugewinnen. Sie wird
dazu vor allem das von den anderen Parteien verdrängte, den Bürgern jedoch
gewaltige Sorgen bereitende Thema Islam und Islamisten in den Vordergrund
stellen. Viele bürgerliche Wähler werden aber trotz ihrer Zustimmung zur klar
konservativen Gesellschafts- und Zuwanderungspolitik der FPÖ dann doch daheim
bleiben. Denn die Wiener FPÖ präsentiert sich in peinlicher Weise als
russlandhörig; und sie überholt in Sachen sozialpolitischer Lizitation die SPÖ
ständig sehr weit links. Beides ist für bürgerliche Wähler ziemlich abstoßend.
Daher wird die FPÖ mit Sicherheit niemals aus
eigener Kraft eine absolute Mehrheit in Wien erringen können. Daher bleibt sie
gemäß dem Häupl-Szenario auf ewig zur Opposition verdammt. Was freilich viele
Freiheitlichen nicht wirklich stört. Irgendwie träumen sie ja von dem ständigen
Wohlgefühl immer weitergehender Wahlerfolge und gleichzeitig dem zweiten
Wohlgefühl, nie für irgendetwas wirklich Verantwortung tragen zu müssen.
Zu all diesen geschickten (und legitimen)
Strategien der Wiener SPÖ kommen die skandalösen und zutiefst unmoralischen
(aber von der gefügigen Justiz noch immer nicht angeklagten) Hundert Millionen
Steuergelder, die die SPÖ alljährlich für ihre eigene Verherrlichung ausgibt.
Auch wenn immer mehr Bürger über diesen Amtsmissbrauch empört sind, dürfte er
in der Summe doch der SPÖ nutzen.
Fazit: Häupl und seine Erben werden
weiterregieren, selbst wenn sie zur Findung einer Mehrheit bald schon zwei oder
drei Koalitionspartner benötigen werden. Ziemlich genial. Lediglich ein
unerwarteter Schwenk der ÖVP könnte diese Strategie noch stören. Der ist aber
so gut wie ausgeschlossen. (A. Unterberger)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen