22. Jänner 2015, 17:51
Die Freiheitlichen
eskaliert den Streit mit der Wiener Vizebürgermeisterin über die
AVZ-Privatstiftung
Wien
- Die FPÖ setzt
ihrem Streit mit der Wiener Vizebürgermeisterin und Finanzstadträtin Renate
Brauner rund um die Wiener AVZ-Privatstiftung nun die Krone auf. Die Partei hat
Brauner bei der Staatsanwaltschaft Wien angezeigt, sie wirft der Politikerin
Amtsmissbrauch vor.
In der seit
längerem schwelenden Auseinandersetzung geht es um Einsichtsrechte in die
Abschluss- und Prüfberichte der AVZ Stiftung. Die Privatstiftung zur Verwaltung
von Anteilsrechten gehört sich als Privatstiftung selbst, ist aber auf Grund
ihrer Geschichte und Funktion durchaus als gemeindenah einzustufen. Die blauen
Gemeinderäte versuchen vergeblich, Einblick vor allem in die
"Haftungsrechtlichen Prüfberichte" der AVZ zu bekommen.
Gemeindehaftung
Auslöser für den Wissensdurst der blauen
Gemeinderäte ist das Thema öffentliche Haftung für Banken. In dem Fall geht es
um die Gemeindehaftung der Stadt Wien für die ehemalige Sparkasse Bank Austria.
Mit der Gründung der AVZ im Jahr 2000 wurde diese Haftung auf dem damaligen
Schuldenstand eingefroren, sie schmilzt jährlich ab. 2013 hat die Gemeinde Wien
noch für Schulden in der Höhe von 6,7 Milliarden Euro gehaftet, im Jahr davor
waren es 8,17 Milliarden gewesen. Für den Rest der Verbindlichkeiten der Bank
Austria haftet die Stiftung. Genau dieser Haftungstransfer war auch der
Hauptgrund für die Entstehung der AVZ.
Kurzer
Blick zurück: Im Jahr 2000 schaufelte das "rote Wien" die Anteile,
die es damals an der Zentralsparkasse Z hielt, in die neue Privatstiftung. Die
Z ist die Urmutter der UnicreditBank Austria. Mit der
Bankbeteiligung wurden eben auch die Haftungen in die AVZ übersiedelt. Die
Stiftung steht daher für den Großteil der Schulden der Bank Austria gerade; die
Gemeindehaftung wurde eben begrenzt.
Vermögen im Dunkeln
Ursprünglich hat die AVZ 40 Prozent an der Bank
Austria gehalten, inzwischen ist dieser Anteil auf die Spurenelementgröße von
10.000 Aktien (das entspricht 0,004 Prozent) geschrumpft. Dafür hält die AVZ
Anteile an Card Complete, Verkehrsbüro, Kontrollbank und
Immobiliengesellschaften. Begünstigte der AVZ ist der Wiener Wissenschafts-,
Forschungs- und Technologiefonds WWTF, er bekommt jährlich um die acht
Millionen Euro.
Die FPÖ, um wieder zum Streit zu kommen, will
mehr über die Verhältnisse und das (Haftungs-)Vermögen der AVZ wissen. Seit
Jänner 2013 brachten ihre Wiener Gemeinderäte Anfragen dazu ein. Brauner
schmetterte die ab. Ihr Argument: Die Fragen bezögen sich nicht auf
"Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde", sondern
um die einer "eigenständigen juristischen Person". Anders gesagt:
Fragen zur privaten AVZ könnten und dürften gar nicht beantwortet werden.
FPÖ bemüht Sparkassengesetz
Die FPÖ gab daraufhin ein Gutachten in Auftrag;
Anwalt Markus Tschank kam darin laut "Kurier" zum Schluss, die
Gemeinderäte hätten sehr wohl ein Einsichtsrecht. Er bezog sich auf Paragraf 2
Absatz 3 des Sparkassengesetzes, in dem es heißt, dass "die
Haftungsgemeinde alle Maßnahmen nach diesem Bundesgesetz im eigenen
Wirkungsbereich" treffe.
Dass Brauner im August 2014 auch die Forderung
der Blauen nach Einsicht in den dem Magistrat vorgelegten
"haftungsrechtlichen Prüfbericht" verwehrte und auf den
Rechnungsabschluss der Gemeinde Wien verwies, nahm die FPÖ nun zum Anlass ihrer
Anzeige. Die Gemeinderäte hätten "das Recht auf Einsicht in diese
Prüfberichte und nicht nur das Recht, dessen Ergebnisse zu kennen", heißt
es in der Sachverhaltsdarstellung, die dem STANDARD vorliegt. Die Partei
bezieht sich auf den genannten Paragrafen im Sparkassengesetz. "Sofern ein
Amtsträger einem Gemeinderat vorsätzlich diese Einsicht verwehrt, begeht er
einen Amtsmissbrauch", heißt es darin. Brauner "höhlt das konkrete
öffentliche Informationsrecht der oppositionellen Gemeinderäte aus."
Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien
bestätigt auf Anfrage das Einlangen der Anzeige, die werde nun geprüft. Im Büro
Brauners kennt man die Sachverhaltsdarstellung nicht, und es gilt die
Unschuldsvermutung. (Renate Graber, DER STANDARD, 23.1.2015)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen