Sonntag, 25. Januar 2015

Sozialbericht: Unter Faymann wuchs die Ungerechtigkeit


Mit dem Slogan, er wolle "mehr Gerechtigkeit", hat Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) die Nationalratswahlen 2013 - noch einmal - als stärkste Partei gewonnen. Abgesehen davon, dass die SPÖ Jahrzehnte Zeit hatte, mehr Gerechtigkeit zu schaffen, zeigt nun der Sozialbericht, dass die Ungleichheit immer mehr zunimmt und dass es sich nicht mehr lohnt, sein Einkommen aus Arbeit zu erwirtschaften.

Der am Dienstag vorgelegte Sozialbericht 2013-2014 ist das beste Argument, Faymann und seine SPÖ sofort abzuwählen. Vernichtend für die einstige Arbeiterpartei zeigt der Bericht auf, dass das oberste Fünftel der Bevölkerung in Österreich fast die Hälfte des "Lohnkuchens" bekommt, das unterste Fünftel dagegen nur zwei Prozent. In dem alle zwei Jahre erscheinenden Kompendium erfährt man auch, dass der Rückgang der Lohnquote, also der Anteil der Löhne am Volkseinkommen, in Österreich "stärker als in den meisten europäischen Ländern" war.

Zu viele Teilzeitjobs

Ein Grund für die steigende Ungleichheit zwischen niedrigen und höheren Einkommen ist laut Sozialbericht die "Zunahme atypischer Beschäftigungsverhältnisse, vor allem der Anstieg der Teilzeitarbeitsplätze". Deren Anteil betrug 2013 insgesamt 29 Prozent. Fast die Hälfte (47 Prozent) aller unselbstständig erwerbstätigen Frauen arbeiten nur Teilzeit. Das schlägt sich natürlich im Gehalt nieder, denn im Durchschnitt kann mit Teilzeitarbeit nicht einmal ein Drittel (30 Prozent) des Lohnniveaus von Vollzeitjobs erreicht werden. Dazu kommt, dass Haushalte mit niedrigem Einkommen am stärksten durch Ausgaben fürs Wohnen belastet werden. 39 Prozent aus dieser Gruppe geben mehr als 40 Prozent für Wohnen und Energie aus. Jede und jeder Zweite mit niedrigem Einkommen gibt an, bei unerwarteten Ausgaben, die 1.050 Euro übersteigen, "größere finanzielle Einschränkungen" zu erleben.

Sozialbericht 2013 - 2014 erschienen

21.01.2015 Sozialbericht beschreibt Maßnahmen, Entwicklungen und Analysen zu aktuellen Themen der Sozialpolitik.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer hat heute den alle zwei Jahre erscheinenden Sozialbericht veröffentlicht. Im Berichtszeitraum 2013 - 2014 werden die wichtigsten umgesetzten und geplanten Maßnahmen und Entwicklungen sowie politische Ziele und gesetzliche Änderungen in den Arbeitsbereichen des Sozialministeriums beschrieben.

Darüber hinaus werden in einem eigenen Abschnitt Analysen zu aktuellen Themen der Sozialpolitik veröffentlicht, die detaillierte Einblicke in die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und die soziale Situation der österreichischen Bevölkerung liefern. Anhand der Analysen werden die Auswirkungen der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik ebenso sichtbar wie der weitere politische Handlungsbedarf.

"Im Vergleich zu anderen EU-Staaten haben sich in
Österreich die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise bislang relativ moderat
ausgewirkt. Dies ist sowohl auf wirtschafts-, fiskal- und
beschäftigungspolitische Maßnahmen als auch wohlfahrtsstaatliche Strukturen und
die Sozialausgaben als konjunkturstabilisierende Faktoren zurückzuführen",
analysiert Sozialminister Rudolf Hundstorfer . „Die Studien zeigen
jedoch auch viele Herausforderungen auf".

Die Ressortaktivitäten auf einen Blick

*       über eine Milliarde EUR für die aktive Arbeitsmarktpolitik

*       370 Mio. EUR für die Beschäftigung der über 50-Jährigen

*       11.300 Ausbildungsplätze für Lehrstellen suchende Jugendliche

*       Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention durch eine Vielzahl an Maßnahmen

*       Arbeitsinspektionen in rund 60.000 Arbeitsstätten und Baustellen

*       2,3 Mio. gesetzliche Pensionen ausbezahlt, der Staat schießt als Ausfallhaftung 7,39 Mrd. EUR dafür zu flächendeckende Einführung von Invalidität-Neu mit dem Grundsatz Rehabilitation vor Pension

*       450.000 PflegegeldbezieherInnen, 2,5 Mrd. EUR Pflegegeld

*       16.600 Pflegebedürftige in 24-Stunden-Betreuung - Förderung pro Monat

*       20.000 Hausbesuche in der häuslichen Pflege pro Jahr

*       238.000 MindestsicherungsbezieherInnen (BMS) im Jahr 2013, davon 80.000 wieder in Arbeit

*       Verbesserungen bei Konsumentenverträgen im Internet und im Telekommunikationsbereich

*       Beschluss der Umsetzung eines Rechts auf ein Basiskonto
bis 2016

*       Mitgestaltung der europäischen Sozialpolitik, insbesondere bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit

*       Gender Mainstreaming und Förderung gleichberechtigter Partnerschaften

*       Förderung der alternsgerechten Arbeitswelt und Verbesserung der Lebensqualität von SeniorInnen

*       neue Leistungen: Bildungsteilzeitgeld, Umschulungsgeld, Pflegekarenz und Pflegeteilzeit, Pflegefreistellung auch für Patchwork- und Regenbogen-Kinder

Die sozialpolitischen Analysen auf einen Blick

Sozialausgaben in Österreich

*       Knapp 30% des BIP werden für Sozialausgaben aufgewendet, der Großteil davon für Alter und Gesundheit.

*       Die Ausgaben für Früh- und Invaliditätspensionen konnten deutlich verringert werden.

*       Unter der Annahme, dass die BIP-Entwicklung mittelfristig über den demografisch bedingten Zusatzkosten für die Sozialsysteme liegt, bleibt der Sozialstaat nachhaltig finanzierbar.

Entwicklung und Verteilung der Einkommen in Österreich

*       Im Langfristvergleich bekommen unselbstständig Beschäftigte einen laufend geringeren Anteil vom Bruttoinlandsprodukt (sinkende Lohnquote).

*       Die Einkommensverteilung zwischen den unselbstständig Beschäftigten wird zunehmend ungleicher: Die obersten 20% der LohneinkommensbezieherInnen bekommen fast die Hälfte des „Kuchens", die untersten 20% gerade einmal 2%. Diese Ungleichheit wird durch Steuern und Transfers etwas abgemildert.

Lebensbedingungen in Österreich

*       Personen in Haushalten mit geringem Einkommen haben eine geringere Erwerbsintensität, wohnen in schlechteren Verhältnissen und haben häufiger Zahlungsrückstände.

*       Geringes Einkommen geht noch dazu vermehrt mit schlechterem gesundheitlichem Zustand einher.
Personen in Haushalten mit weniger Einkommen haben weniger soziale Kontakte und ihre gesamte Lebenszufriedenheit ist niedriger als beim Durchschnitt der Bevölkerung.

Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung in Österreich

*       In Österreich sind über 1,5 Mio. Menschen armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Österreich ist eines der wenigen Länder in Europa, wo diese Zahl derzeit leicht rückläufig ist.

*       Ein besonders hohes Risiko der Armutsgefährdung haben AlleinerzieherInnen, MigrantInnen, Personen mit Behinderungen und Personen mit niedriger Bildung.

Österreich sechs Jahre nach Krisenbeginn: Soziale Entwicklungen

*       Die soziale Situation in Österreich hat sich seit Beginn der Finanzkrise 2009 verschärft: Auch wenn Österreich zu den EU-Ländern mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit zählt, ist auch hierzulande die Arbeitslosigkeit deutlich angestiegen.

*       Zwar steigt auch die Beschäftigung, dies ist aber vor allem auf die Zunahme von Teilzeitarbeit, atypischer und flexibler Beschäftigung zurückzuführen.

*       Zunahme von massiven Zahlungsstörungen bei Privatkrediten seit 2009

*       Eine der Folgen der Krise ist ein Rückgang bei den direkten Steuern gewesen. Erst 2012 konnte bei Einkommensteuer, Lohnsteuer und Körperschaftsteuer wieder das Niveau von 2008 erreicht werden; bei der Kapitalertragsteuer sind die Einnahmen nach wie vor rückläufig.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen