Was auf Mieter und Vermieter zukommen könnte
Das Mietrecht soll modernisiert und vereinheitlicht werden.
In welche Richtung das gehen könnte– dazu gehen die Meinungen auseinander.
Wien. Strengere
Mietobergrenzen im privaten Altbau oder doch lieber laufende Überprüfung der
Einkommensverhältnisse im Gemeindebau? Solche Punkte, wie sie während des
Nationalratswahlkampfes auch diskutiert wurden, finden sich nicht im
Regierungsprogramm. Dort steht jetzt: „Reform des Mietrechts im Bereich des
Wohnens mit den Zielen größtmöglicher Vereinheitlichung, besserer
Verständlichkeit für die Rechtsanwender, transparenter gesetzlicher
Ausgestaltung und Leistbarkeit der Mieten“.
Was genau unter „Vereinheitlichung“ oder
„Leistbarkeit“ zu verstehen ist– dazu gehen die Meinungen auseinander.
Arbeiterkammer-Präsident Rudi Kaske will eine Begrenzung der Zuschläge zum
Richtwert mit 20 Prozent. Dann wären für eine 90-Quadratmeter-Wohnung in Wien
maximal 557 Euro netto (ohne Steuern und Betriebskosten) pro Monat zulässig.
Von einer solchen
Neuerung betroffen wären österreichweit nur fünf Prozent der Haushalte oder
12,5 Prozent der Mieterhaushalte, wie aus einer Sonderauswertung von Daten der
Statistik Austria durch den Österreichischen Verband der Immobilienwirtschaft
(ÖVI) hervorgeht: Richtwertmieten zahlt man im privaten Altbau bei
Mietverträgen, die ab dem 1. März 1994 abgeschlossen wurden.
„Investitionen gehemmt“
Der Richtwert ist je
nach Bundesland unterschiedlich hoch, in Wien ist er mit 5,16 Euro pro
Quadratmeter am zweitniedrigsten, dafür gibt es dort am häufigsten Zuschläge.
Kaske fordert auch, dass die Zu- und Abschläge im Mietvertrag detailliert
angegeben werden müssen.
Eine Forderung, mit
der die Eigentümervertreter leben können. Von der Begrenzung der Mieten halten
sie naturgemäß wenig. Die Kaske-Vorschläge würden private Investitionen in den
Wohnbau auf einen Nullpunkt bringen und den angebotenen Wohnraum massiv
reduzieren, meint Michael Pisecky, Obmann der Fachgruppe Immobilientreuhänder
in der Wirtschaftskammer Wien.
Ein Argument, dem man
bei der AK wenig abgewinnen kann: Die Forderungen bezögen sich ja auf bereits
errichtete Altbauwohnungen, Investitionen in den Wohnungsneubau würden nicht
gehemmt. Und den Neubau sollte man lieber durch eine Zweckbindung der
Wohnbauförderung für den sozialen Wohnbau ankurbeln.
ÖVI-Präsident Udo
Weinberger ärgert sich indes, dass die Diskussion um „leistbares Wohnen“ einzig
und allein auf dem Rücken der privaten Vermieter geführt werde, da doch 60
Prozent der Hauptmietverhältnisse in Österreich auf den sozialen Wohnbau
(gemeinnützige Bauvereinigungen und Gemeindewohnungen) entfielen. Gerade
Bevölkerungsgruppen mit niedrigem Einkommen kämen unterdurchschnittlich häufig
in den Genuss solcher Wohnungen. Als Ursache sieht er die hohen Einstiegshürden
für diese Zielgruppe (etwa den Genossenschaftsbeitrag, den man häufig beim
Einzug zahlen muss).
„Befristungen abschaffen“
Ein modernes Mietrecht
dürfe nicht nur einen fairen Ausgleich zwischen Mietern und Vermietern im Auge
haben, sondern müsse auch mehr Fairness zwischen Mietern bringen: Derzeit könne
es passieren, dass in ein und demselben Haus eine Familie für eine
vergleichbare Wohnung um ein Vielfaches mehr zahle als eine andere, während der
Vermieter von der ersten Familie nicht einmal einen kostendeckenden Mietzins
erhalte.
Könne der Vermieter
eine Miete in fairer Höhe verlangen, wären auch Fragen wie der Streit um die
Erhaltung der Therme kein Thema mehr, meint Weinberger. Diese würde dann der
Vermieter übernehmen. Auch der Umfang des Betriebskostenkatalogs (welche
Ausgaben der Vermieter an den Mieter weitergeben darf) hängt seiner Meinung
nach vor allem davon ab, inwieweit es gelingt, einen tragfähigen Konsens
hinsichtlich der Mietzinsbildung zu finden.
Kaske wiederum will
nicht nur bestimmte Kosten wie Grundsteuer und Versicherungskosten dem
Vermieter aufbürden, sondern auch Befristungen abschaffen: Solche sollten nur
zulässig sein, wenn es einen sachlich gerechtfertigten Grund gebe, etwa
Eigenbedarf des Vermieters. Häufig werde auch der Abschlag von 25 Prozent nicht
gewährt. Das betrifft freilich ebenfalls primär den Altbau. (b.l.)
("Die
Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2014)
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