Mittwoch, 8. Januar 2014

Jeder Eingriff in das Mietrecht verärgert entweder Mieter oder Vermieter

WirtschaftsBlatt-Leitartikel: Die Therme bleibt unantastbar - von Andre Exner

Jeder Eingriff in das Mietrecht verärgert entweder Mieter oder Vermieter


 Leistbares Wohnen war eines der wichtigsten
Wahlkampfthemen. Noch gibt es eine Arbeitsgruppe im
Justizministerium, die tatsächlich an einer Mietrechtsreform werkelt,
die erste Sitzung nach dem Ministerwechsel soll Ende Jänner
stattfinden. Konkrete Ergebnisse werden jedoch nicht mehr erwartet,
wie es hinter den Kulissen heißt. Jeder große Eingriff in das
Mietrecht verärgert entweder Mieter oder Vermieter - also die
Kernwählerschicht der einen oder der anderen Koalitionspartei.

Damit ist Weiterwursteln angesagt: Es bleibt beim System, wo
Altmieter und neue Mieter Tür an Tür in gleich großen Wohnungen
hausen, der eine aber ein Drittel dessen zahlt, was vom anderen
verlangt wird. Es bleibt bei Gemeindebauten, die die Allgemeinheit
finanziert, die aber nicht für jeden zugänglich sind. Es bleibt bei
Mietverträgen, wo die Zuschläge zum Richtwert verlangt, aber nicht
genau erklärt werden, bei Maklergebühren, die trotz eindeutigem
Naheverhältnis der Maklergesellschaft zum Vermieter kassiert werden,
und bei langen Streitigkeiten nach dem Auszug des Mieters, was genau
in den Bereich gewöhnliche Abnutzung gehört und was nicht. Und auch
die Streitfrage, wer für die kaputte Therme zu zahlen hat, wird
weiterhin alle Instanzen vom Bezirks- bis zum Höchstgericht
beschäftigten - mit jeweils unterschiedlichem Ergebnis, wie die
vergangenen Jahre gezeigt haben. Das alles wäre kein Problem,
schließlich begleitet uns die Intransparenz beim Mietrecht schon
länger und Anwälte wie Experten aller Couleurs müssen auch von etwas
leben. Doch in Ermangelung eines transparenten Mietrechts bleibt der
österreichische Wohnimmobilienmarkt, so stabil, wachsend und
attraktiv er auch ist, für internationale Investoren ein weißer Fleck
auf der Landkarte. Dabei könnte gerade internationales Kapital
helfen, die Lücke zwischen Ist und Soll beim Wohnungsneubau - der
Immo-Verband ÖVI spricht von 10.000 Wohnungen österreichweit pro Jahr
- zu füllen.
Dazu kommt, dass sich die abnehmende Leistbarkeit des Wohnens negativ
auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirkt. Wenn sich heute ein
Facharbeiter in Wien, Graz oder Salzburg kaum mehr eine Wohnung
leisten kann, steigt der Druck auf die Lohnkosten. Die
Mietrechtsreform hätte somit einen unmittelbar positiven Einfluss auf
den Wirtschaftsstandort Österreich - und sollte schon allein deswegen
für die Politik Chefsache sein.

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OTS0171 2014-01-08 18:15 081815 Jän 14 PWB0001 0362

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