Wien. "Wohnen auf
höchstem Niveau. Mitten im Herzen von Wien." Die Immobilie am
Schillerplatz im ersten Bezirk wird über eine eigene Website beworben - nur
einige wenige Luxuswohnungen mit Blick über die Wiener Altstadt sind dort noch
zu haben, vorausgesetzt, man verfügt über das nötige Kleingeld.
Der Gebäudekomplex steht ab Donnerstag im Zentrum des
nächsten Telekom-Prozesses. Das justizintern "Telekom V" genannte
Verfahren dreht sich wieder einmal um die Frage, ob und wenn ja in welcher Höhe
das Telekommunikationsunternehmen Anfang der 2000er durch die Machenschaften
der eigenen Manager geschädigt wurde. Konkret legt die Staatsanwaltschaft den
ehemaligen Telekom-Vorständen Heinz Sundt und Stefano Colombo Untreue zur Last
- beide saßen bereits im Verfahren um die Kursmanipulation auf der Anklagebank,
Sundt wurde freigesprochen, Colombo nicht rechtskräftig zu dreieinhalb Jahren
Haft verurteilt. Sie haben im Mai 2006 gemeinsam einen Kaufvertrag für einen
Teil des Telekom-eigenen Gebäudes am Schillerplatz - die einzige
Telekom-Immobilie in derart erstklassiger Lage - unterzeichnet. Die Anklage
legt ihnen zur Last, dass der Kaufpreis von 5,4 Millionen Euro rund 4,4
Millionen unter dem tatsächlichen Verkehrswert von 9,8 Millionen gelegen sei
und dass die beiden es verabsäumt haben, ein Gutachten über den Wert
einzuholen. Dass die Immobilie unter ihrem Wert verkauft wurde, sollte laut
Anklage mit einem nachträglich in Auftrag gegebenen und zurückdatierten
Gutachten verschleiert werden. Daher ist der Architekt, der 2008 ein mit 9. Mai
2005 datiertes Gutachten verfasst hat, ebenso angeklagt wie zwei ehemalige
Telekom-Mitarbeiter, die das Gutachten in Auftrag gegeben haben sollen. Eine
von ihnen, Birgit Wagner, ist heute ÖBB-Personenverkehrschefin.
Apropos ÖBB: Nutznießer des Deals sollen der damalige
ÖBB-Generaldirektor Martin Huber beziehungsweise dessen Ehefrau Barbara
Huber-Lipp sein, die sich wegen Beitrags zur Untreue verantworten müssen. Die
"Schillerplatz 4" Projektentwicklungs GmbH, die der Telekom die
Immobilie abkaufte, wurde von Huber gegründet, seine Frau war zu 25 Prozent
daran beteiligt, ein Treuhänder hielt die anderen 75 Prozent. Huber-Lipp war
von April 2006 bis 2008 Geschäftsführerin, 2007 verkaufte sie die Gesellschaft
um 11 Millionen Euro an den niederösterreichischen Immobilienentwickler Seeste
Bau. Laut Huber hat die GmbH "stets die Sorgfalt ordentlicher Kaufleute
walten lassen".
Ermittlungen seit 2008
Huber hat ebenso wie Sundt ein eigenes Gutachten in Auftrag geben lassen, wonach der tatsächliche Verkehrswert der Immobilie nahe bei der Vertragssumme gelegen sei. Auch Behauptungen, wonach Huber und Sundt gut befreundet sein sollen und es sich somit um einen Freundschaftsdeal gehandelt habe, streiten sie ab.
Huber hat ebenso wie Sundt ein eigenes Gutachten in Auftrag geben lassen, wonach der tatsächliche Verkehrswert der Immobilie nahe bei der Vertragssumme gelegen sei. Auch Behauptungen, wonach Huber und Sundt gut befreundet sein sollen und es sich somit um einen Freundschaftsdeal gehandelt habe, streiten sie ab.
Erstmals ermittelt hat die Staatsanwaltschaft im
Frühjahr 2008 nach einer Anzeige der Grünen Gabriela Moser. Ihr war es damals
merkwürdig vorgekommen, dass die Seeste Bau fast zeitgleich am Schillerplatz
und am Gelände des neuen Hauptbahnhofs zum Zug gekommen ist. Die Ermittlungen
wurden 2009 eingestellt und 2011 nach einer neuerlichen Anzeige Mosers wieder
aufgenommen. Ab Donnerstag werden die Angeklagten nun vor Richterin Claudia
Moravec-Loidolt einvernommen, es sind fünf Verhandlungstage vorgesehen. Bei
Untreue drohen ein bis zehn Jahre Haft. Wieder hat sich die Telekom als
Privatbeteiligte angeschlossen, es steht auch eine Abschöpfung einer allenfalls
zu Unrecht erzielten Bereicherung im Raum. Alle Angeklagten pochen aber darauf,
dass alles mit rechten Dingen zugegangen ist.
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