Donnerstag, 2. Januar 2014

Das Ende ist nah - Wer hat uns verraten?

Das Jahr 2013 war politisch und gesellschaftlich wahrlich kein gutes für Österreich. Die Wirtschaft stagnierte, die Inflation stieg, die Arbeitslosigkeit erreichte Rekordwerte und mehr als jeder dritte Österreicher hat weniger Geld zur Verfügung als noch vor einem Jahr. Trotz all dieser negativen Entwicklungen wurden zum Drüberstreuen im September bei der Nationalratswahl die Hauptverantwortlichen dieser Misere, SPÖ und ÖVP, wiedergewählt, wenn auch nur knapp.
Ende des Jahres bestätigte auch das österreichische Wirtschaftsforschungsinstitut die prekäre Lage der Wirtschaft, vor allem mit dem Fokus auf die Kaufkraft: „Angesichts der enttäuschenden Einkommensentwicklung und der erhöhten Arbeitsplatzunsicherheit waren die privaten Haushalte 2013 in ihren Konsumausgaben sehr zurückhaltend.[…] Insgesamt schrumpfte der reale Konsum.“ Die Inflation fraß demnach die ohnehin verschwindend geringe Erhöhung der Nettolohnsumme von 2,3 Prozent auf.
2013 entwickelte sich das BIP mit real + 0,3 Prozent am schwächsten seit der Krise 2008/09. Das geringe Wachstum spüren die Haushalte deutlich. Die Zahl der Arbeitslosen stieg um über 30.000, die Arbeitslosenquote erhöhte sich um fast 1 Prozentpunkt.
Die Nettolohnsumme stieg 2013 um 2,3 Prozent, die Inflation von 2 Prozent senkte die Kaufkraft der Einkommen allerdings beträchtlich, so das österreichische Wirtschaftsforschungsinstitut:
„Angesichts der enttäuschenden Einkommensentwicklung und der erhöhten Arbeitsplatzunsicherheit waren die privaten Haushalte 2013 in ihren Konsumausgaben sehr zurückhaltend … Insgesamt schrumpfte der reale Konsum.“
Auch die Unternehmen durchliefen 2013 eine schwierige Phase: Die durch das BIP gemessene gesamtwirtschaftliche Produktion stieg 2013 real um nur 0,3%. Das drückte die Investitionen, sie verringerten sich gegenüber dem Vorjahr um real 1,4 Prozent.
Die Österreicher spüren die Folgen des geringen Wachstums bereits. Nach eigenen Angaben hat knapp ein Drittel der Österreicher derzeit weniger Geld zur Verfügung als noch vor einem Jahr. Die Kaufkraft sinkt mit zunehmendem Alter. Mehr als ein Drittel aller über 50-Jährigen hat weniger Geld zur Verfügung als im Vorjahr. Nur 15 Prozent schätzen ihr verfügbares Geld höher ein als 2012, so eine Studie der Generali.
Die größten Verlierer sind die Banken. 18 Prozent der Österreicher geben an, nächstes Jahr weniger Geld ansparen zu können beziehungsweise zu wollen. 2012 sagte das nur jeder Zehnte.
Das größte Einsparungspotenzial sehen die unter 30-Jährigen beim Alkohol mit 24 Prozent.
2014 wird für Österreich schwierig. Es wird das Jahr mit der höchsten jemals gemessen Arbeitslosigkeit. Die schwache Konjunktur, das Arbeitskräfteplus durch die Öffnung des Arbeitsmarktes nach Osten und Firmenpleiten setzten den Arbeitsmarkt unter Druck (mehr hier).
Dass mittlerweile knapp jeder dritte Österreicher weniger Geld zur Verfügung hat, betrifft besonders Über-50-Jährige. Lediglich 15 Prozent schätzen ihr verfügbares Geld höher ein als 2012, so etwa eine Studie der Generali Versicherung. Auch die Investitionen im Standort Österreich gingen deutlich zurück, real um 1,4 Prozent. Durch die annähernde Stagnation des Bruttoinlandsprodukts setzten Konzerne verstärkt auf Sparmaßnahmen wie Arbeitsplatzabbau und Auslagerungen der Produktion.
Im angelaufenen Jahr 2014 wollen die Österreicher vor allem weniger Sparen. Angesichts der gegen Null gehenden Zinsen und des Vertrauensverlustes gegenüber den Banken ist diese Entwicklung keine Überraschung. Auch beim womöglich teurer werdenden Alkohol wollen sich viele dieses Jahr zurückhalten. Und auch die wirtschaftliche Situation dürfte sich im Jahr 2014 weiter verschlechtern. Die Konjunktur schwächelt weiter vor sich hin, die Zwangsabgabe von 10 Prozent der Sparguthaben zur Rettung der Banken wird immer konkreter, das Handelsabkommen der EU mit den USA (TTIP) wird die Märkte mit Genmais und Co. fluten und als I-Tüpfelchen kam nun auch die weitere Arbeitsmarktöffnung gen Osten, die die Arbeitsmarktsituation in Österreich dramatisch verschärfen wird.


Das Jahr 2013 hat drei wichtige Erkenntnisse gebracht, wie die Schuldenkrise in Europa gelöst werden wird.
Die sogenannten „Bail-Ins“, also die Beteiligung der Bankkunden an der Rettung ihrer Bank, ist als EU-Richtlinie verabschiedet worden und seit dem Sommer geltendes Recht in Europa. Damit ist der „Fall Zypern“ auch formal zur „Blaupause“ für Banken-Rettungen geworden: Die Anleger werden rasiert, wenn ihre Bank am Abgrund steht. Zwar sollen formal Einlagen unter 100.000 Euro sicher sein. Doch wie dieses Versprechen eingelöst werden soll, kann und will niemand garantieren (mehr hier).
Mit dem Vorschlag des IWF, eine 10 prozentige Zwangsabgabe als „Schulden-Steuer“ auf alle europäischen Vermögen zu erheben, ist die Saat gelegt, dass Staaten, wenn ihre Banken in existentielle Bedrängnis geraten, zur Enteignung schreiten können, um den großen Crash – nämlich den Domino-Zusammenbruch eines unkontrollierten und undurchschaubaren Finanzsystems – zu verhindern (mehr hier).
Die dritte Erkenntnis ist, dass der ESM als Banken-Rettungs-Vehikel herangezogen werden kann: Steuergelder, die von den Staaten in diesen von niemandem kontrollierten, supranationalen Hedge-Fonds eingezahlt wurden, werden zur Rettung von Banken herangezogen. Das haben die EU-Führer im Sommer beschlossen. Die Rettung der spanischen Banken war der erste Schritt, alle weiteren Rettungen werden dem Gewöhnungs-Effekt unterliegen (mehr hier).
Die Ausmaße der globalen Schulden-Krise übersteigen jedes Vorstellungsvermögen. Jede „Lösung“ des Problems führt zu schweren Verwerfungen im System. Die Lösung über einen „Staatsbankrott“ – eigentlich die ehrlichste Variante, wird von der Politik nicht in Betracht gezogen.
Der deutsch-spanische Ökonom Philipp Bagus schreibt in einem aufschlussreichen Beitrag für das Ludwig-Mises-Institut, dass ein Staatsbankrott zu „Verlusten bei Banken und Versicherungen“ führen würde, „die die Ersparnisse ihrer Kunden in Staatsanleihen investiert haben“. Dann könnten die Verluste bei Anleihen- und Investmentfonds einen „Kollaps des Bankensystems auslösen“. Bagus: „Eine Pleite-Spirale überschuldeter Marktteilnehmer würde ein finanzielles Armageddon auslösen. Deshalb hat die Politik bisher alles getan, dieses Szenario zu vermeiden.“
Indiz dafür, dass es keinen Staatsbankrott geben wird, ist die auffällige Untätigkeit der EU in dieser Sache: Hatten noch zu Beginn der Griechenland-Krise alle Beteiligten lautstark gefordert, dass die EU verbindliche Regelungen für eine geordnete Staats-Pleite brauche, haben sich die Gremien im Jahr 2013 trotz reger Gipfel-Tätigkeit nicht ein einziges Mal mit diesem Thema befasst.
Bagus glaubt nicht, dass die Zentralbanken und die Politik es wagen werden, die Krise durch Inflation und Hyperinflation zu lösen – obwohl die Inflation „die der Politik liebste Option sei“. Doch die Gefahr, dass das System damit außer Kontrolle gerät, ist groß. Daher werden alle Beteiligten diese Variante nur als „ultima ratio“ einsetzen.
Auch ein anderer Weg wird von der Politik nur mit großem Widerwillen beschritten werden: Die Staaten könnten sich weigern, „die staatlichen Renten, Sozialleistungen und Arbeitslosenunterstützung massiv kürzen, um ihre Defizite auszugleichen oder Schulden zurückzuzahlen“. Das macht keine Regierung gerne. In Deutschland regiert eine große Koalition. Sie steht für den Sozialstaat in seinem „status quo“. Rentner und Empfänger von Sozialleistungen werden erst massiv bestraft werden, wenn es gar nicht mehr anders geht. Diese beiden Gruppen sind jene, auf die alle Parteien bei den Wahlen schielen – weil sie zahlenmäßig die größten Gruppen sind. Jede Regierung kann von den Rentnern abgewählt werden. Streicht man die Sozialleistungen, hat man den Bürgerkrieg.
Vermutlich werden, wie Daniel Stelter ausgeführt hat, beide Gruppen früher oder später dennoch zur Kasse gebeten werden – ganz einfach, weil die Schuldenlast zu groß ist (mehr dazu hier).
Doch diesen Zeitpunkt wird die Große Koalition so weit als möglich hinausschieben. Beim Runden Tisch der NZZ mutmaßen die Banker bereits, dass Deutschland „das neue Frankreich“ werden wird: Ein Staat der Zentralisierung mit einem starken Fokus auf die Beglückung der Bürger durch Transferzahlungen.
Radikale Kürzungen bei staatlichen Versprechungen werden 2014 noch nicht schlagend werden: Die herrschenden Parteien in Europa fürchten, dass sie bei der EU-Wahl im Frühjahr 2014 eine starke euroskeptische Bewegung zu bekämpfen haben. Daher werden sie nichts unternehmen, was den Bürgern das Gefühl geben könnte, dass das Füllhorn leer ist.
Was jedoch schon bald in Angriff genommen werden kann, ist die Enteignung der „Steuerzahler, Sparer und Geldhalter“, wie Bagus schreibt. Sie werden „zwecks Reduzierung der Überschuldung und zur Stabilisierung der Währung ausgebeutet werden“.
Dies wird durch eine „Kombination mehrerer Szenarien“ erfolgen. Sie werden „die entstandenen Verluste aufdecken und die Wohlstandsillusion beenden“.
Bagus sieht folgende Optionen:
Finanzielle Repression
„Finanzielle Repression ist eine Möglichkeit, die Ersparnisse der Menschen immer mehr in Richtung Staat zu kanalisieren und so die Tilgung der Schulden zu ermöglichen. Finanzielle Repression, das ist auf der einen Seite der Erlass von Gesetzen, die bestimmte Investments unattraktiv machen, aber auch von Regulierungen, um den Kauf von Staatsanleihen zu induzieren.“
Steuerpolitische Maßnahmen
„Die Idee dabei ist es, die Eliminierung von Staatsschulden und eine Rekapitalisierung von Banken mittels Besteuerung zu erreichen. Wird die Überschuldung reduziert, verschwindet für die Notenbank auch die Notwendigkeit, die Zinsen auf einem Niedrigniveau zu belassen und dazu immerfort neues Geld zu drucken. Durch den Überschuldungsabbau kann die Währung so wieder auf eine gesündere Basis gestellt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, könnte die Regierung Vermögen in massivem Ausmaß enteignen, um die Staatsschulden zurückzuzahlen. Die Regierung muss lediglich die Steuern erhöhen oder eine einmalige Vermögensabgabe durchführen. Die Einnahmen daraus verwendet sie dann für die Rückführung der Staatsschulden und zur Rekapitalisierung der Banken. In der Tat hat der IWF kürzlich eine einmalige Zwangsabgabe in Höhe von 10 % zur Reduzierung der hohen Staatsverschuldung in Europa empfohlen.“
Wie realistisch diese Variante ist, zeigt die Prognose der dänischen Saxo-Bank: Sie erwartet die Zwangsabgabe für 2014 und sieht bereits die Rückkehr der Eigentumsbegriffs der UdSSR (mehr hier).
Echte Währungsreform
Diese Variante gab es in Deutschland nach dem Krieg. Sie wurde gewählt, um die „Vermögensvernichtung, die während des Krieges entstanden war“, glattzustellen.
Bagus erklärt, was damals vor sich ging:
„Die Bürger konnten 60 Reichsmark im Verhältnis 1:1 in DM tauschen. Alle Guthaben über 60 Reichsmark wurden einfach durch zehn dividiert und in DM getauscht. Alle Schulden wurden ebenfalls gezehntelt. Darüber hinaus wurde der Ausfall von Staatsschulden erklärt, mit Ausnahme der Staatsanleihen, die von Banken gehalten wurden. Sie erhielten Ausgleichsforderungen. Außerdem gab es eine einmalige Vermögensabgabe in Höhe von 50 %! Diese Maßnahmen brachten zusammen genommen folgendes Ergebnis: Die Überschuldung wurde abgebaut, der Staat praktisch entschuldet, die Banken rekapitalisiert (indem ihre Verbindlichkeiten gezehntelt wurden, nicht aber deren gesamte Vermögensanlagen (Staatsanleihen)), und die Sparer weitestgehend enteignet.“
Bail-In als teilweise Währungsreform
„In Zypern wurden Bankgläubiger (Sparer) zu Bankaktionären. Die Bankverbindlichkeiten wurden so reduziert und das Eigenkapital erhöht. Die Geldmenge ging zurück. Ein bail-in rekapitalisiert das Bankensystem und lässt gleichzeitig schlechte Schulden verschwinden. Das Eigenkapital kann sogar so stark ansteigen, dass ein teilweiser Ausfall von Staatsschulden nicht die Stabilität des Finanzsystems bedrohen würde. Bei einem Bail-in würden beispielsweise die Bürger, die in Lebensversicherungen investiert sind und die wiederum in Bankverbindlichkeiten und Staatsschulden angelegt haben, von den Verlusten getroffen. Im Ergebnis würde die Überschuldung von Banken und Staaten abgebaut, auf Kosten der Sparer und Geldbesitzer.“
Wenn man diese Optionen mit den bereits getroffenen Weichenstellungen auf EU-Ebene vergleicht, fällt es nicht schwer, einen Masterplan zu erkennen. Die Finanz-Eliten, die in Europa den Kurs bestimmen – IWF, EZB und EU, in Griechenland, Portugal und Irland unter den Begriff „Troika“ bekannt – werden, wie Bagus meint, den Super-Crash verhindern – nämlich das Ende des Monopols der Papiergeld-Schöpfung.
Die Europäer sollten sich für 2014 auf einen giftigen Cocktail aus Zwangs-Abgaben (Bail-In), Vermögenssteuer (IWF) und Enteignung der Steuerzahler (ESM) einstellen.
Die Probleme werden damit natürlich nicht grundsätzlich gelöst sein.
Doch die Retter des Systems werden versuchen, Zeit zu gewinnen. Sie wollen an der Macht bleiben. Es ist kein Zufall, dass die erste Innovation der Großen Koalition allen Ernstes in dem Plan besteht, die Legislatur-Periode auf fünf Jahre zu strecken (hier).
Mehr Panik geht nicht.
In der EU reden die politisch Verantwortlichen hinter vermeintlich verschlossenen Türen bereits vom „Untergang“ (mehr hier).
Kick the can down the road“, sagen die Angelsachsen.
„Ich selbst nehme mir vor, mehr an die frische Luft zu kommen“, sagt Angela Merkel (hier).
Man muss für 2014 kein Hellseher sein.

Les jeux sont faits, sagt der Croupier.


Wer hat uns verraten? - Proteste gegen die Regierungsangelobung
Gegen die Auflösung eines eigenen Wissenschaftsressorts durch die neue Regierung entsteht breiter Widerstand. Die Regierungsangelobung der Koalition aus SPÖ und ÖVP in der Wiener Hofburg wurde von einem gellenden Pfeifkonzert begleitet. Anschließend wurde die freie Wissenschaft von Aktivist_innen vor dem  Wissenschaftsministerium symbolisch begraben. Weitere Proteste sind geplant.
„Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten! Wer war mit dabei? Die Volkspartei!“ und „Heinzi! Tuas ned!“ - das waren heute die zwei beliebtesten Slogans der Demonstrant_innen am Ballhausplatz. Seit dem schwarz-blauen Experiment gab es keinen so großen Widerstand gegen die Angelobung einer neuen Regierung. Die Hofburg selbst war vorsorglich weitläufig abgeriegelt worden. Die lautstarken Proteste dürften in den Gehörgängen der Politiker_innen zwar angekommen sein, das Ziel der Kundgebung wurde jedoch – wenig überraschend – nicht erreicht: begleitet von einer Blasmusikkapelle wurde die neue Regierung von Bundespräsident Heinz Fischer angelobt.  
Anschließend rief die ÖH zu einer Begräbniszeremonie auf. Vor dem (ehemaligen?) Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung wurde die freie Wissenschaft in einem Sarg symbolisch zu Grabe getragen. Neben Grabkerzen und Blumenschmuck konnten sich die Trauergäste in ein überdimensionales Kondolenzbuch eintragen. Auch einige Personen, die zu diesem Zeitpunkt gerade das Wissenschaftsministerium verließen, hinterließen der freien Wissenschaft spontan eine letzte Widmung.
Ein universitärer Schulterschluss?
Ein Ende der Proteste ist damit freilich noch lange nicht zu erwarten. Bemerkenswert ist vielmehr die ungewohnte Einigkeit zwischen der Österreichischen Hochschülerschaft und den Rektor_innen. Zahlreiche Universitäten erklärten den 17. Dezember zum vorlesungsfreien Tag, um den Studierenden die Teilnahme an den geplanten Großdemonstrationen zu ermöglichen, die Universitätenkonferenz beschloss, als Zeichen des Protests für den Verlust des eigenständigen Wissenschaftsministeriums die Unis schwarz zu beflaggen. Der ehemalige Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle beklagte in einem Interview den brutalen Umgang der Politik mit der Wissenschaft, auch Christoph Badelt, der Rektor der Wirtschaftsuniversität, sparte nicht mit Kritik. Selbst die VP-nahe AktionsGemeinschaft (AG) forderte in einem offenen Brief an Wirtschafts- und Neo-Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner von der ÖVP die Wiedereinrichtung eines eigenen Wissenschaftsressorts. Auch außerhalb von Universitäten und Politik formiert sich breiter Widerstand: die Facebook-Gruppe „Österreich braucht ein Wissenschaftsministerium“ erreichte innerhalb weniger Tage über 50.000 „Gefällt mir“-Angaben – eine Zahl von der die Koalitionspartner nur träumen können.
Wissenschaftsministerium: gegründet 1970 von Bruno Kreisky, aufgelöst 2013 von Werner Faymann
Es ist schwer zu sagen, ob hinter der Auflösung des Wissenschaftsministeriums ein größerer Plan steht oder ob die Umstrukturierung hauptsächlich aus den für die große Koalition typischen Machtkämpfen um unzählige Partikularinteressen verschiedener Landesgruppen und Lobbys entstanden ist. Tatsache ist jedoch, dass neben der verheerenden Symbolik auch eine reale Gefahr von dieser Fusion ausgeht. Bereits in den letzten Jahren war eine Unterordnung der Universitäten und der Wissenschaft unter Wirtschaftsinteressen klar erkennbar: sei es durch eine Verschulung der Universitäten, dem finanziellen Aushungern von Sozial- und Geisteswissenschaften, das bis zur Auflösung des systemkritischen Bachelor-Lehrgangs „Internationale Entwicklung“ reicht, oder der Benennung der neuen WU-Räumlichkeiten nach ihren Sponsoren („Red Bull Auditorium“, „Siemens-Auditorium“ etc.).  Oder, wie es die ehemalige Studierendenvertreterin und Neoabgeordnete (Die Grünen) Sigrid Maurer auf ihrem Blog ausdrückt: „Die Aufgabe der Hochschulen und der Wissenschaft liegt aber nicht in der Sicherstellung ökonomischen Wachstums. [...] Es ist aber sehr wohl Aufgabe eines dem Anspruch nach demokratischen Staates, die Rahmenbedingungen für kritische Wissenschaft zu gewährleisten.“
Das Thema ist mitnichten ein Neues. Schon die im Jahr 2009 entstandene „Uni brennt!“-Bewegung kritisierte unter dem Motto „Bildung statt Ausbildung“ die Ökonomisierung der Universitäten. Die beherrschenden Themen waren der Bologna-Prozess, Studiengebühren und der freie Hochschulzugang. Auf die Solidarität der Rektor_innen konnte die Bewegung damals nicht zählen.  Bereits im Jänner 2010 waren alle besetzten Räumlichkeiten – auch auf Anweisung der Rektor_innen – von der Polizei geräumt. 
Diesmal steht der Protest auf breiteren Beinen. Es bleibt abzuwarten, ob die Regierung den Protest, der zu einem beträchtlichen Teil auch aus den eigenen Reihen kommt, ernst nimmt oder wieder auf die altbewährte Taktik des „Aussitzens“ setzt.
Dieter Diskovic (geb. 1979) studiert Kultur- und Sozialanthropologie an der Universität Wien und engagiert sich bei der Screaming Birds Aktionsgruppe.
AutorInnen: 
Dieter Diskovic


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen