Donnerstag, 11. Dezember 2014

Keine Chance für leistbares Wohnen

Es fehlen die Schlüssel für leistbare Wohnungen.
Für die Lösung der Probleme am Wohnungsmarkt gibt es keine akkordierte Strategie.
Der Wohnbau Wien war einmal weltberühmt und bis heute ist die Stadt Wien mit rund 220.000 Wohneinheiten der "größte Hausherr Europas". Der Wiener Wohnbau schafft Dynamik in der Stadt", betonte Stadtrat Michael Ludwig im Rahmen des Wiener Wohnbauforschungstags.
Die Bauten der Zwischenkriegszeit und der Nachkriegszeit waren sowohl in ihrer architektonischen aber auch in ihrer städtebaulichen Gestaltung vorbildlich und auf dem Stand der Zeit. Vor allem aber waren die Mieten günstig und die Stadt hat mit ihrem sozialen Wohnbau Werte für Generationen geschaffen. Davon ist nicht mehr viel übrig geblieben. Die extrem hohen Betriebskosten der Stadt mit ihren exorbitanten Gebühren- und Abgabenerhöhungen lassen das Wohnen auch im "sozialen Wohnbau" zu einem Luxusgut werden. Ein weiterer Grund dafür sind auch die unverhältnismäßig hohen Errichtungskosten bei Neubauten, obwohl bautechnisch möglichst "billig" gebaut wird. So werden die Wohnhausanlagen vorwiegend in Betonplattenbauweise mit Vollwärmeschutz errichtet. Das Ergebnis ist immer dasselbe: Durch die mangelnde Dampfdiffusionsdurchlässigkeit ist das Raumklima unangenehm. Dazu kommt die niedrige Bauhöhe der Aufenthaltsräume. Die Kondenswasserbildung in den Räumen führt wiederum zu erhöhter Schimmelbildung
Die Analyse des Generaldirektors der s-Bausparkasse, Josef Schmidinger, legt eine Schlussfolgerung nahe: Das Agieren der Politiker ist nicht geeignet, die Misere am Wohnungsmarkt zu beben. Es gibt zwar viele Vorschläge, aber keine akkordierte Strategie. Ein Vorschlag ist eine Abgabe auf den enormen Wertzuwachs bei der Umwidmung von Grün- auf Bauland. Mit einer solchen Abgabe können günstige Wohnungen finanziert werden.
"Wenn schon eine Widmungsabgabe, dann für alle", verweist Schmidinger auf den Verkauf von Baugründen durch das Bundesheer in Wien-Penzing (14. Bezirk) an Bauträger. Bei einem Grundstückspreis von 1000 Euro/ wird es dort sicher keinen sozialen Wohnbau geben, da er weit über der Fördergrenze liegt. Keine Frage, das Bundesheer braucht das Geld. Ein Beitrag für "leistbares Wohnen", wie es auch im Regierungsprogramm versprochen wurde, war der Verkauf zu dem Preis allerdings eher nicht.
Dabei gäbe es durchaus Möglichkeiten, billige Grundstücke für den sozialen Wohnbau aufzutreiben, ist Schmidinger überzeugt. Man müsse nicht – wie etwa die Grünen – laut über Enteignungen nachdenken. Laut Schätzung des Chefs der s-Bausparkasse verfügen die ÖBB allein in Wien über Flächen, auf denen zwischen 80.000 und 120.000 Wohnungen gebaut werden könnten. Aber mit der Bahn ist es wie mit dem Heer. Beide stehen zwar unter dem Einfluss des Staates. Sie haben aber nicht den Auftrag auf Einnahmen zu verzichten und so für eine Entspannung am überhitzten Grundstücksmarkt zu sorgen.
Offenbar brennt der Hut. StR Ludwig möchte sich in Position bringen, Häupl geht nach der Wahl in Pension. Deshalb ... Senioren, die keine großen Gemeindebau-Wohnungen mehr benötigen und in kleinere wechseln wollen, erhalten von der Stadt ab Jänner ein "Zuckerl": 35 Prozent Abschlag von der Miete.
Das Angebot gilt für Hauptmieter ab 65 Jahren, die seit zehn oder mehr Jahren eine Gemeindebauwohnung ab 65 Quadratmetern Größe bewohnen. Die neue Wohnung muss zumindest einen Raum weniger haben.

Vorteil dieser "Aktion 65plus", die Wohnbaustadtrat Michael Ludwig gestern präsentierte: Wer in der alten Wohnung den niedrigen Kategorie-Mietzins bezahlte, bekommt in der neuen einen Rabatt von 35 Prozent. Ludwig erwartet sich zwei positive Effekte: Senioren, die keine große Bleibe mehr brauchen, ersparen sich Wohnkosten. Gleichzeitig werden größere Wohnungen für Familien frei.
Die von der Bundesregierung präsentierte Novelle zum Wohnrecht sei kein großer Wurf. Es wird zwar Rechtssicherheit geschaffen, das ist zu begrüßen. Aber von einem großen Wurf ist die Koalition weit entfernt. Leistbares Wohnen ist eine der größten Herausforderungen der Politik. 
Von den ursprünglich zugesagten 278 Mio. Euro für die Wohnbauoffensive seien nur mehr 180 Mio. Euro übrig geblieben. Und selbst diese blieben zu erheblichen Teilen ungenützt, da die Auszahlung an eine Co- Finanzierung durch die Länder gebunden war, und nur Wien mit 70 Mio. Euro davon Gebrauch gemacht hat.
"Die Regierung hat heute eine Reihe wichtiger Beschlüsse gefasst, darunter eine Novelle des Wohnrechts, also eines Bereichs, von dem viele Menschen betroffen sind. Hier stehen in Zukunft weitere, umfassende Änderungen an. Die heutige Einigung sehe ich daher als ein gutes Zeichen für Fortschritte bei weiteren Verhandlungen", sagte Bundeskanzler Werner Faymann am 11.11. beim Pressefoyer nach dem Ministerrat im Bundeskanzleramt. Weiß er denn noch wovon er spricht? Wogl kaum, vielleicht wäre es besser, wenn er sich frisieren würde, da siegt man den Erfolg.
Vor allem in den Ballungszentren sind die massiv steigenden Grundstückspreise weiter der Hauptgrund für die hohen Kosten im Wohnungsneubau. Angesichts der niedrigen Zinsen und der wenig erbaulichen Lage am Aktienmarkt sind Grundstückskäufe bei Investoren sehr beliebt. "Realwerte statt Geldwirtschaft", beschreibt Schmidinger diese Strategie. Die Immobilienpreise sind in Wien um ordentliche 5,4 Prozent gestiegen, im Burgenland immerhin noch um 4,3 Prozent.
Ein weiterer Grund für die zu geringe Neubauleistung sind die hohen Aufschließungskosten für neue Baugründe. Den Kommunen fehlt oft das Geld für derartige Investitionen. Deshalb soll noch vor Weihnachten ein günstiges Finanzierungsmodell für Aufschließungskosten präsentiert werden.
Auf das Wachstum Wiens gehe die Stadt mit einer intensiven Neubauleistung ein. 2014 werden 7.273 Wohneinheiten neu errichtet und fertig gestellt. Und auch für das kommende Jahr ist mit der Bereitstellung von weiteren 7.000 von der Stadt Wien initiierten und geförderten Wohneinheiten zu rechnen. Projekte mit 20.000 Wohneinheiten - allesamt keine Wohnungen von der Stange, sondern bedarfsgerecht geplant und ausgestaltet - befinden sich aktuell in Bau oder Bauvorbereitung

Auch die Raumkonfiguration entspricht längst nicht mehr den Anforderungen des freien Marktes. Lediglich die in den Wohneinheiten integrierten Nassräume stellen eine echte Qualitätsverbesserung gegenüber der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg dar. Eine besondere "Glanzleistung" stellt jüngst auch die Bebauungsdichte dar. Die neuen Wohnbaublöcke, etwa bei der neu zu errichtenden Seestadt Asparn, sind so eng gesetzt wie dies in den innerstädtischen Bereichen der Fall ist. Letztlich ist der gegenwärtige "Sozialbau" nicht auf eine möglichst hohe Lebensqualität für die Bewohner, sondern auf Gewinnmaximierung der Bauträgergesellschaften ausgerichtet. Dass die meisten dieser Gesellschaften SPÖ-nahe sind versteht sich von selbst.

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