In den anlaufenden Wiener Wahlkampf platzt ein
Rechnungshof-Rohbericht, der die Wiener Finanzen äußerst kritisch beurteilt,
wie der „Kurier“ (Sonntag-Ausgabe) berichtet. Die Prüfer monierten demnach
einen starken Schuldenanstieg ebenso wie hohe und ungenügend ausgewiesene
ausgelagerte Schulden und Haftungen.
Insgesamt lassen die Prüfer an der Transparenz Marke Brauner
kein gutes Haar. "Im Rahmen von EU-Regionalprojekten hat die
Finanzstadträtin gleichsam freihändig Haftungen übernommen ohne die
Stadtregierung und damit die Opposition zu informieren. So geht das natürlich
nicht", betont Schock. Ja, manche Garantien seien sogar nicht einmal in
den jährlichen Rechnungsabschlüssen angeführt!
Es ist sehr bedauerlich, wie leichtfertig da mit dem Geld der
Bürger umgegangen wird. Die Wienerinnen und Wiener werden wohl erst nach der
Wahl und nach einem Regierungswechsel wissen, wie tief sie die Sozialisten in
den Schulden- und Haftungssumpf getrieben haben.
Der Prüfzeitraum
umfasst laut Zeitung den Zeitraum 2008 bis 2012, der Rechnungshof vermisst aber
auch eine „tragfähige Mittelfristplanung“, zitiert der „Kurier“ aus dem Papier.
Kritisiert werde unter anderem, dass die Finanzschulden 2008 bis 2012 von 1,46
Mrd. Euro auf 4,25 Mrd. Euro gestiegen seien. Eine Konsolidierungsstrategie
habe es nicht gegeben.
RH kritisiert fehlende
Transparenz
Verbindlichkeiten der
ausgelagerten Unternehmen Wiener Wohnen, Wien Kanal und
Krankenanstaltenverbunden schlügen mit weiteren 3,12 Milliarden zu Buche und
würden nicht transparent ausgewiesen. Generell sei die Darstellung der
Beteiligungen zu wenig transparent, so der RH laut „Kurier“, es gebe keine
zentrale Berichterstattung bzw. kein „Beteiligungscontrolling“.
Weitere Kritikpunkte
betreffen die Darstellung von Geldflüssen sowie die Haftungen. Ende 2012 hätten
letztere laut Rechnungshof 8,5 Mrd. betragen. 8,2 Mrd. Euro davon beträfen die
Bank Austria. Und Wien habe dafür keine Provision eingehoben, so die Zeitung
unter Berufung auf den Rohbericht, in dem die Stellungnahme der Stadt Wien noch
nicht berücksichtigt ist.
Die schärfsten Kritikpunkte des RH, die dieser auf 114
Seiten im Detail auflistet, sind:
Schulden
Die
Finanzschulden Wiens sind zwischen 2008 (1,46 Milliarden Euro) und 2012
(4,25 Milliarden) sprunghaft gestiegen. Bis 2016 wird ein weiterer Anstieg
auf 4,94 Milliarden erwartet. Aber: "Eine Konsolidierungsstrategie
mit konkreten haushaltspolitischen Zielsetzungen und quantitativen Vorgaben zur
Reduktion der Schuldenquote lag dennoch nicht vor. Eine tragfähige
Mittelfristplanung konnte ebenfalls nicht vorgelegt werden", sagen die
Prüfer.
Beteiligungen
Dazu
kommen die ausgelagerten Schulden in den Firmen und Beteiligungen der Stadt.
Die Verbindlichkeiten von Wiener Wohnen, Wien Kanal und dem Krankenanstaltenverbund
gibt der RH mit 3,12 Milliarden Euro an – und geißelt die Intransparenz:
Vermögen und Schulden dieser Unternehmen "waren der Stadt Wien
zuzurechnen, eine gesamthafte Darstellung fehlte im Rechnungsabschluss".
Vermögen
Neben
den drei genannten Unternehmen war die Stadt Wien per Ende 2012 direkt oder
indirekt an weiteren 224 Unternehmen beteiligt. Kritisiert wird: Die
Beteiligungsverwaltung ist auf 13 Magistratsabteilungen und die Wien Holding
aufgesplittert. Die Stadt hatte jedoch "keine vollständige Information
über die finanziellen Verflechtungen zwischen ihrem Haushalt und den
Beteiligungen". Überhaupt fehle laut RH "eine zentrale
Berichterstattung bzw. ein Beteiligungscontrolling".
In
diesen Firmenbeteiligungen stecken in Summe anteilige Schulden der Stadt von
nochmals rund drei Milliarden. Einen jährlichen Beteiligungsbericht gibt es
freilich nicht. Der RH empfiehlt die Erstellung einer "umfassenden
Vermögensübersicht".
Bilanz
Als
Beispiel für das offensichtliche Buchhaltungs-Chaos führt der RH die Wiener
Linien an. Die Stadt hat Zahlungen – an sämtliche Beteiligungsfirmen – in Höhe
von 732 Millionen Euro genannt (für 2008 bis 2012). Der RH hat jedoch erhoben,
dass allein an die Wiener Linien rund 3,4 Milliarden geflossen sind, in Form
von Betriebskostenzuschüssen, Abgangsdeckungen, als Kapitalzufuhr.
Oder:
Die Übernahme von Leasingverpflichtungen für die Wiener Messe von fast 219
Millionen wurde nicht ausgewiesen – und tauchte sozusagen erst bei der Prüfung
auf. Das verwundert, denn die Haushaltsordnung der Stadt sieht die Erstellung
einer Bilanz vor. "Eine Bilanz konnte dem RH jedoch nicht vorgelegt
werden", heißt es. Es gebe lediglich "Teilbilanzen", dafür aber
219 an der Zahl.
Haftungen
Ein
potenziell sehr heikler Punkt sind auch die Haftungen, wie sich in Kärnten im
Hypo-Krimi gezeigt hat. Die Haftungen der Stadt Wien betrugen laut RH
8,5 Milliarden Euro (Ende 2012) und damit mehr als zwei Drittel
(68,8 Prozent) des Budgets. Davon entfielen rund 8,2 Milliarden auf den
Komplex Bank Austria. Während das Land Kärnten aber wenigstens eine jährliche
Provision für die Haftungen von der Hypo kassiert hat, verzichtet Wien
überraschenderweise auf diese Einnahmequelle.
Neos-Kritik
Dieser Befund ist Wasser auf
die Mühlen der Opposition. Die Neos-Chefin in Wien, Beate Meinl-Reisinger, vom
KURIER mit den Rechnungshof-Erkenntnissen konfrontiert, sagt: "Das
Schlimmste ist, dass die Stadt offenbar ganz bewusst keine umfassende Vermögensaufstellung
macht und keine Bilanz legt. Das riecht für mich nach Absicht. Niemand soll
genauer sehen können, wohin die Gelder eigentlich fließen." Wie sich jetzt
zeige, sei auch der Schuldenstand von fast fünf Milliarden Euro im wahrsten
Sinne des Wortes nur die halbe Wahrheit, befindet Meinl-Reisinger.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen