Sonntag, 8. Februar 2015

Mafia und Ponys im Gemeindebau

Seit 2013 rückt das mobile Einsatzteam von Wiener Wohnen bei Notfällen in Gemeindebauten aus. Neben Großgebrechen und Bränden kümmert sich die siebenköpfige Gruppe auch um kuriose Fälle.
Kurios sind diese Fälle allemal. Es darf gelacht werden. Die siebenköpfige Eingreiftruppe von Wiener Wohnen gehört doch eher ins Kabarett als auf die Straße.
Das wäre auch was fur das movile Einsatzteam: Zwischen türkischen Pornostars und Bobo-Müttern ermittelt am Brunnenmarkt als schräger Privatdedektiv im neuen Stück „Das Schwert des Ostens“. Der Trash-Roman von Manfred Rebhandl wird ab Dienstag als Bühnenstück im Rabenhof gezeigt.
   (Die Presse)
Wien. Unter den Retrievern, Maltesern und Terriern, die sich um acht Uhr morgens im Innenhof des Gemeindebaus Rennbahnweg tummeln, ist Jamal bei Weitem der Extravaganteste: Bis zum Boden reicht das hellbraune Fell des Langhaar-Windhundes. Seit 37 Jahren wohnt Brigitte Endl, seine Hüterin, hier in Donaustadt.
„In 37 Jahren erlebt man schon so einiges“, erzählt die Pensionistin. Ein Bewohner von Stiege 37 etwa habe ein Pony auf dem Balkon gehalten. Auch dass sich ein Mieter aus dem vierten Stock stürzte, habe sie miterlebt. Bei 8000 Bewohnern, die hier lebten, finde sie diese Zwischenfälle aber nicht verwunderlich. „Ich wohne gern hier“, meint sie.
Von solchen Kuriositäten weiß auch Robert Zwettler, Einsatzleiter des mobilen Einsatzteams von Wiener Wohnen, zu berichten. So bestand in der Anlage Fischerstiege im ersten Bezirk der Verdacht, die russische Mafia habe sich eingemietet. „In Wahrheit war es ein Gesangsverein“, sagt Zwettler.
Dabei seien solche Fälle nur ein kleiner Bestandteil der Einsätze. Das mobile Einsatzteam wird nur in bestimmten Situationen von Wiener Wohnen alarmiert – eine direkte Hotline für Bewohner gibt es nicht. Zu 50 Prozent rücken die sechs Mitarbeiter bei großen Wasser-, Gas- und Stromgebrechen aus, die mehrere Gemeindewohnungen betreffen. Einer von drei Einsätzen betrifft Wohnungsbrände. „Wir sind die einzige Hausverwaltung, die 365 Tage im Jahr, 24 Stunden am Tag arbeitet. Daher sind wir nur für ganz spezielle Geschäftsfälle da“, schildert der 50-Jährige.
Begleitend zu den Einsätzen von Polizei, Rettung oder Feuerwehr leitet „seine Truppe“ notwendige Sofortmaßnahmen ein. Das Einsatzteam organisiert etwa Handwerker oder Gebäudereiniger und kümmert sich um Anrainer. Bei besonders schlimmen Wohnungsschäden werden Notfallwohnungen organisiert – insgesamt vier gibt es in Wien. Seine Mitarbeiter seien alle schon lange bei Wiener Wohnen tätig und brächten die nötige Erfahrung mit. „Da kannst kein Vaserl sein“, meint Zwettler. Vor allem im Umgang mit beunruhigten Mietern seien Empathie und Feingefühl wichtig.

Illegales Tanken

Seit dessen Gründung im März 2013 ist Zwettler für das mobile Einsatzteam verantwortlich – mehr als 600 Mal rückte die Gruppe seither aus. „Ich arbeite seit 36 Jahren im Gemeindebau. Aufgrund meiner Erfahrung durfte ich das Projekt übernehmen“, schildert der gebürtige Wiener. „Jeder Vierte wohnt im Gemeindebau. Jede dritte Wohnung in Wien ist eine Gemeindebauwohnung.“
Um ein bis zwei Fälle kümmert sich das mobile Einsatzteam pro Tag. Auch heute bearbeiten zwei Kollegen eine Anzeige: Angeblich werde in einem leeren Geschäftslokal täglich frühmorgens illegal getankt. Im Hinterhof des Geschäfts stünden leere Benzinkanister, habe ein Mieter beobachtet. Ein Einsatz für den nächsten Tag sei bereits geplant. „Das kann ja auch gefährlich werden“, sagt Zwettler.

Dass sich derartige Fälle vor allem in Gemeindeanlagen häuften, führt er vor allem auf dessen Mieterstruktur zurück. Oft wohnen dort eben Personen und Familien aus einkommensschwächeren Schichten. „Der Gemeindebau ist in mancher Hinsicht besonders“, meint Zwettler. „Und das ärgert natürlich schon, weil ich weiß, dass im Unternehmen außerordentlich gute Arbeit geleistet wird.“ Dennoch, klagt er, sei Wiener Wohnen in der Öffentlichkeit oftmals „nicht so gut angeschrieben“.

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