Österreich hat EU-weit die höchsten Haftungen – Länder rechnen ihr
Risiko klein oder gänzlich weg
Wien
– Die Kärntner Landeshaftungen für die Verbindlichkeiten der einstigen Hypo Alpe Adria sind wohl das bekannteste Beispiel
dafür, welche Sprengkraft derartige Instrumente haben können. Allzu lehrreich
scheint der Fall aber nicht gewesen zu sein: Laut einem von Eurostat
publizierten Vergleich präsentiert sich Österreich nämlich als jenes Land, das
gemessen an der Wirtschaftsleistung auf den größten öffentlichen Haftungen
sitzt.
Mit einem Anteil von 35 Prozent am
Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2013 rangiert Österreich noch vor Irland,
das einst wegen der Haftungen für riesige Bank-Abbaueinheiten deutlich in Front
lag. Mit dem Abreifen und der Verwertung der Vermögenswerte ist die grüne Insel
nun hinter die Alpenrepublik zurückgefallen, danach kommt mit 24,1 Prozent und
Respektabstand Finnland. Auch andere mit Österreich vergleichbare Länder wie
die Niederlande oder Schweden leisten sich weniger als ein Drittel des
heimischen Haftungsvolumens. Deutschland, das wie Österreich traditionell über
umfassende Garantien für Banken verfügte, kommt auf etwas mehr als die Hälfte
des heimischen Obligos.
Rückläufiger Trend
Immerhin
gibt es einen stark rückläufigen Trend: 2010 – inmitten der Finanzkrise –
haftete die Republik noch mit 157 Mrd. Euro, 2013 113 Mrd. Euro. Allerdings
zeigt ein Blick in die Daten der Statistik Austria, dass die Reduktion auf die
Halbierung der automatisch ablaufenden Bankenhaftungen zurückzuführen ist,
während Garantien außerhalb des Finanzsektors nahezu stagnieren. Hier sorgten
vor allem die Länder für einen Zuwachs von gut acht auf mehr als zwölf
Milliarden Euro.
Was den Fiskalrat stört,
ist die mangelnde Transparenz der potenziellen Brandherde. Um auf die einzelnen
Engagements der Länder und Gemeinden zu stoßen, müssen die einzelnen
Rechnungsabschlüsse durchforstet werden. Und selbst dann wird der Durchblick erschwert,
gibt es doch unterschiedliche Kriterien für den Ausweis von Haftungen. Bereits
geltende Haftungsobergrenzen haben bescheidene Wirkung, können doch diverse
Garantien wegen geringen Risikogehalts klein- oder gänzlich aus der Bilanz
gerechnet werden. Da auch die Fremdwährungsschulden nicht zum aktuellen Kurs
berechnet werden, bemängelt der Fiskalrat in einer Aussendung das fehlende
Gesamtbild über die tatsächlichen finanziellen Risiken der Republik.
Kühne Konstruktionen
Eines von vielen
Beispielen: Die Gemeinde Wien schöpft nur zwölf Prozent der ihr gestatteten
Haftungen aus. Das aber nur deshalb, weil das Fangnetz für Verbindlichkeiten
der Bank Austria als risikolos eingestuft und somit nicht gewertet wird. Würden
diese Bankhaftungen berücksichtigt, käme die Hauptstadt auf fast das Dreifache
des erlaubten Werts. Auch sonst finden sich kühne Konstruktionen: Für den
Verein Wiener Symphoniker haftet die Stadt beispielsweise mit satten 63,9
Millionen Euro. Ohne den Schutz der Gemeinde wäre das Eigenkapital des Vereins
wegen üppiger Pensionsrückstellungen entsprechend negativ.
Auch Niederösterreich
kennt die Tricks: Für verkaufte Wohnbaudarlehen haftet das Land mit 4,3 Mrd.
Euro – für die Haftungsobergrenze werden aber nur zehn Prozent berücksichtigt.
Besonders praktisch an der Konstruktion: Für die Haftungsgewährung werden auch
noch Prämien im Budget vereinnahmt. Geradezu strenge Maßstäbe setzt man bei der
NÖ Hypo. Von den Haftungen von 5,3 Mrd. Euro werden immerhin 30 Prozent als
solche gewertet. (as, DER STANDARD, 11.2.2015)
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