Mittwoch, 11. Februar 2015

Förderungen: Wien verweigert Zustimmung zu Expertenbericht

Die Aufgabenreformkommission schlägt eine klare Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Gemeinden vor. Staatssekretärin Steßl will den Bericht "prüfen".

Es wird seit Jahren versucht Licht in den Förderdschungel der Stadt Wien zu bekommen, dass stößt aber bei Rot-Grün auf Granit. Anträge, alle Subventionen der Stadt Wien in einem jährlichen Bericht aufzulisten und öffentlich einsehbar zu machen, wurden regelmäßig von der Stadtregierung abgelehnt.
Die Stadt Wien vergibt jährlich Subventionen im Ausmaß von rund 450 (!) Mio. Euro, durch Abschaffung von Doppelgleisigkeiten ist ein Einsparungspotenzial von zehn Prozent realistisch. Wir brauchen einen Kurswechsel, die Stadtpolitik muss effizienter, transparenter und professioneller werden.

  (DiePresse.com)
Zur Finanzierung der Steuerreform haben SPÖ und ÖVP Einsparungen bei Förderungen angekündigt. Wie das gehen könnte, hat die Aufgabenreformkommission der Regierung nun in ihrem mittlerweile vierten Bericht vorgeschlagen. Konkrete Streichkandidaten haben die Experten unter Vorsitz von Verwaltungsgerichts-Präsident Rudolf Thienel nicht genannt. Dennoch verweigerte die Gemeinde Wien die Zustimmung.
Einsparungen bei den Förderungen stehen seit Jahren ganz oben auf der politischen Wunschliste. Wirklich vorangekommen ist man beim Abbau der Doppelförderungen zwischen den Gebietskörperschaften bisher allerdings nicht. Der Expertenbericht plädiert nun für eine klare Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Gemeinden und einen weiteren Ausbau der Transparenzdatenbank zu einer "zentralen Förderdatenbank für alle Förderungen der Republik".

13 Milliarden an Förderungen im Jahr

Im Jahr 2013 flossen dem Expertenbericht zufolge fast 13 Milliarden Euro in Förderungen. Davon 6,2 Mrd. Euro vom Bund (ohne EU-Beiträge und Bankenhilfen), 3,7 Mrd. Euro von den Ländern, 2,9 Mrd. Euro von den Gemeinden und weitere 202 Mio. Euro von den Sozialversicherungen.
Als Hauptproblem nennt der Expertenbericht die "Unüberschaubarkeit der Förderungslandschaft". Bund, Länder und Gemeinden gewähren Förderungen nämlich auch außerhalb ihrer verfassungsmäßigen Zuständigkeitsbereiche, womit ein kaum zu durchschauender Wildwuchs entstanden ist. Außerdem werden die Förderprogramme nicht aufeinander abgestimmt und auch konkrete Kriterien für Erfolg oder Misserfolg vieler Förderung fehlen.
Um "unerwünschte Mehrfachförderungen" abzustellen, plädiert die Arbeitsgruppe daher für eine deutliche Reduktion der Förderstellen. Im Idealfall sollten sich Bund, Länder und Gemeinden auf eine klare Abgrenzung ihrer Zuständigkeiten einigen. Sollte dies nicht möglich sein, schlagen die Experten eine gemeinsame "Abwicklungsstelle" pro Fördergebiet vor. Sollte auch das nicht möglich sein, sollte wenigstens bei der operativen Förderabwicklung kooperiert werden. Außerdem wären dann "aufeinander abgestimmte mehrjährige Förderstrategien" von Bund, Ländern und Gemeinden nötig
Außerdem sollen Förderungen zeitlich befristet und nur nach positiver Evaluierung verlängert werden - was auf Bundesebene bereits vorgesehen ist, wofür allerdings auch für Landes- und Gemeindeförderungen konkrete Ziele und Indikatoren festgelegt werden müssten. Angeregt wird auch der Umstieg von Basis- zu Projektförderungen.

Steßl will Bericht "prüfen"

Kanzleramts-Staatssekretärin Sonja Steßl (SPÖ) will den Bericht nun "prüfen". Ein erstes Paket auf Basis der Kommissions-Vorschläge, das unter anderem die "antragslose Familienbeihilfe" bringt, habe man bereits auf den Weg gebracht. Die aktuellen Vorschläge zur Verwaltungsreform werde man in die nächsten Schritte zum Abbau bürokratischer Hürden einfließen lassen, so Steßl.
Im Alleingang umsetzen kann der Bund die Vorschläge zur Reform des Förderwesens allerdings nicht - nötig sind Verhandlungen mit den Ländern. Vertreter Salzburgs und Wiens sind in der Arbeitsgruppe (ebenso wie die Kammern) mit am Tisch gesessen. Die Gemeinde Wien hat jedoch bereits schriftlich mitgeteilt, dem Abschlusspapier der Untergruppe Förderungen "keine Zustimmung" erteilen zu wollen.
Die nächste Sitzung der Aufgabenreform- und Deregulierungskommission ist am 13. April geplant.

Aufgabenreform- und Deregulierungskommission

Die Bundesregierung hat mit Ministerratsbeschluss vom 20. Mai 2014 auf Antrag des Bundeskanzlers sowie des Vizekanzlers und Bundesministers für Finanzen beschlossen, eine unabhängige Aufgabenreform- und Deregulierungskommission unter Leitung des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes, Univ. Prof. Dr. Rudolf Thienel, und des ehemaligen Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes, Univ. Prof. Dr. Dr. h.c. Clemens Jabloner, einzusetzen.
Die Kommission besteht aus 14 Mitgliedern, ihr gehören neben den beiden Vorsitzenden die UnternehmerinnenDr. Monika Kircher und Sonja Völker, die Sektionschefs Dr. Manfred Matzka (BKA), Ing. Mag. Andreas Thaller (BMASK),Mag. Dr. Matthias Tschirf (BMWFW), Mag. Dr. Mathias Vogl (BMI), Mag. Christian Weissenburger (BMVIT) undMag. Gerhard Zotter (BMF) sowie die Landesamtsdirektoren des Burgenlands, Dr. Robert Tauber, von Niederösterreich,Dr. Werner Seif, von Salzburg, Dr. Heinrich Christian Marckhgott, und von Wien, Dr. Erich Hechtner, an.
Die Kommission setzt vier Untergruppen ein, die sie bei ihrer Arbeit unterstützen. Untergruppen werden zu den Themen „Bürokratieabbau“, „Aufgabenreform“, „Wirtschaft“ und „Förderungen“ gebildet.
Dieser Seite sind der entsprechende Beschluss der Bundesregierung, die Geschäftsordnung der Kommission sowie die Mitglieder der Untergruppen und weitere Informationen über die Arbeit der Kommission zu entnehmen.

Die Kommission hat ihre Arbeit mit der ersten konstituierenden Sitzung vom 13. Juni 2014 aufgenommen.

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