Wer die Wiener Politik beobachtet hat, fragt
sich: Woher kommt der Mythos der gut verwalteten Stadt?
In den Jahren 2008 bis 2012 sind unter
SPÖ-Finanzstadträtin Renate
Brauner die Finanzschulden von 1,46 Milliarden Euro auf 4,25
Milliarden regelrecht explodiert. Allein in den von der Wiener SPÖ
ausgelagerten Betrieben Wiener Wohnen, Wien Kanal und Krankenanstaltenverbund
wurden weitere 3, 12 Milliarden Euro Verbindlichkeiten angehäuft. Hinzu kommen
Schulden von insgesamt 224 weiteren Unternehmen, an denen die Stadt direkt oder
indirekt beteiligt ist. Die Haftungen der Stadt für die Bank Austria und
diverse Projekte belaufen sich auf insgesamt 8,5 Milliarden Euro, obwohl lediglich
2,3 Milliarden Euro erlaubt sind.
Misswirtschaft und Verschwendungssucht prägen
ihre Amtszeit. Der Rechnungshof stellt zudem fest, dass ihre Budget-Prognosen
bis ins Jahr 2016 wohl nicht halten werden.
Es fehle eine Finanzplanung und eine
Konsolidierungsstrategie, so der Rechnungshof. Knallhart legten die Prüfer das
Tarnen und Täuschen der glücklosen Finanzstadträtin offen. Schulden der
ausgelagerten Betriebe werden nicht gesamthaft dargestellt und auch im
Rechnungsabschluss nicht ausgewiesen. Informationen über die Verflechtungen
zwischen dem Haushalt der Stadt und den Beteiligungen sind ungenügend.
Bilanzierungspflichten werden verletzt.
Wahltermin: Herbst? Nein, doch Juni. Nein, doch lieber
Oktober.
Wahlrechtsreform:
Kommt, kommt nicht, Kompromiss, kein Kompromiss, koalitionsfreier Raum, aber
mit Abstimmungsblockade der SPÖ.
Wer in
den letzten Wochen die Wiener Politik und da vor allem das Verhalten der SPÖ
beobachtet hat, fragt sich, woher der Mythos von der gut verwalteten Stadt
rührt. Da wird nur noch taktiert und in einem Kauderwelsch kommuniziert, den
niemand außerhalb der Politiker-Kaste versteht. Der Gipfelpunkt war erreicht,
als Bürgermeister Michael
Häupl verkündete:
"Ich kenne den Wahltermin, sage ihn aber nicht."
Wem?
Dem Wähler?
Die SPÖ-Wien macht seit Wochen das Publikum zu
Augenzeugen ihrer inneren Krämpfe. Die politische Kaste der ganzen Stadt ist
damit beschäftigt, Launen des Bürgermeisters zu deuten, mögliche Wahltermine
auf Vor- und Nachteile für die SPÖ abzuklopfen und die Betriebstemperatur
zwischen ihren verfeindeten Gruppen zu messen: der Faymann-affinen
"Südost-Tangente" (Bezirke 23, 10, 11, 22) und den Häupl-Getreuen im
Rest der Stadt.
Millionssteuer
Das
von außen sichtbare Chaos herrscht logischerweise auch im Inneren der Partei.
Weil die SPÖ mit ihrer veralteten Organisationsstruktur die rasant steigende
Zahl von Wechselwählern nicht erreicht, hat sie ihren Funktionären Hausbesuche
verordnet. "Allerdings wissen wir nicht genau, was wir den Leuten bei den
Hausbesuchen erzählen sollen", klagt man an der roten Basis.
"Leuchtturmprojekte", wie sie der Bürgermeister von seinen Stadträten
vor einem Jahr eingefordert hat, gibt es wenige zu bewerben. Bis auf die
Gratisnachhilfe ist da nicht viel an Ideen gekommen. "Jetzt hat man uns
gesagt, wir sollen bei den Hausbesuchen halt die Millionärssteuer
verkaufen", erzählt ein SPÖ-Politiker leicht verzweifelt. Denn dass
Faymann bei der ÖVP diese "Millionärssteuer" durchsetzen wird, daran
fehlt der Glaube.
Hingegen scheint das SPÖ-Konzept von
milliardenschweren Vermögens- und Erbschaftssteuern eher der ÖVP Flügel zu
verleihen. Für den ÖVP-Wirtschaftsbund ist das rote Schreckgespenst geradezu
ein Turbo im laufenden Wirtschaftskammer-Wahlkampf. "Für die Linken ist
Eigentum Diebstahl": Mit großem Genuss zitiert Ex-WirtschaftskämmererGünter
Stummvoll bei
jeder Gelegenheit Pierre-Joseph
Proudhon, einen
linken Anarchisten aus dem 19. Jahrhundert. Und jagt den bürgerlichen
Wirtschaftstreibenden damit kalte Schauer über den Rücken.
In zwei Wochen ist Wirtschaftskammer-Wahl.
602.712 Wirtschaftskammer-Mitglieder sind wahlberechtigt. Die Hälfte davon sind
Einpersonen-Unternehmen, mehr als 99 Prozent sind Klein- und Mittelbetriebe.
Der überwiegende Teil steht selbstverständlich in Privateigentum mit wenig
Interesse an "Eigentumssteuern". "Der Wirtschaftsbund war immer
schon für den Schutz von Eigentum, die SPÖ-Forderung nach Enteignungssteuern
hebt unsere Position nur noch klarer hervor", sagt Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner.
Vor fünf Jahren ist Christoph Leitl mit 71 % der Stimmen für den
Wirtschaftsbund als WKÖ-Präsident bestätigt worden. Die SPÖ errang damals 11,5
%, die FPÖ 8,6 %, die Grünen 5,8 % Unterstützung der mehr als eine halbe
Million Unternehmer.
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