Sonntag, 15. Februar 2015

SPÖ-Wien taumelt in Wahlkampf


Wer die Wiener Politik beobachtet hat, fragt sich: Woher kommt der Mythos der gut verwalteten Stadt?


In den Jahren 2008 bis 2012 sind unter SPÖ-Finanzstadträtin Renate Brauner die Finanzschulden von 1,46 Milliarden Euro auf 4,25 Milliarden regelrecht explodiert. Allein in den von der Wiener SPÖ ausgelagerten Betrieben Wiener Wohnen, Wien Kanal und Krankenanstaltenverbund wurden weitere 3, 12 Milliarden Euro Verbindlichkeiten angehäuft. Hinzu kommen Schulden von insgesamt 224 weiteren Unternehmen, an denen die Stadt direkt oder indirekt beteiligt ist. Die Haftungen der Stadt für die Bank Austria und diverse Projekte belaufen sich auf insgesamt 8,5 Milliarden Euro, obwohl lediglich 2,3 Milliarden Euro erlaubt sind.
Misswirtschaft und Verschwendungssucht prägen ihre Amtszeit. Der Rechnungshof stellt zudem fest, dass ihre Budget-Prognosen bis ins Jahr 2016 wohl nicht halten werden.
Es fehle eine Finanzplanung und eine Konsolidierungsstrategie, so der Rechnungshof. Knallhart legten die Prüfer das Tarnen und Täuschen der glücklosen Finanzstadträtin offen. Schulden der ausgelagerten Betriebe werden nicht gesamthaft dargestellt und auch im Rechnungsabschluss nicht ausgewiesen. Informationen über die Verflechtungen zwischen dem Haushalt der Stadt und den Beteiligungen sind ungenügend. Bilanzierungspflichten werden verletzt. 

Wahltermin: Herbst? Nein, doch Juni. Nein, doch lieber Oktober.
Wahlrechtsreform: Kommt, kommt nicht, Kompromiss, kein Kompromiss, koalitionsfreier Raum, aber mit Abstimmungsblockade der SPÖ.
Wer in den letzten Wochen die Wiener Politik und da vor allem das Verhalten der SPÖ beobachtet hat, fragt sich, woher der Mythos von der gut verwalteten Stadt rührt. Da wird nur noch taktiert und in einem Kauderwelsch kommuniziert, den niemand außerhalb der Politiker-Kaste versteht. Der Gipfelpunkt war erreicht, als Bürgermeister Michael Häupl verkündete: "Ich kenne den Wahltermin, sage ihn aber nicht."
Wem? Dem Wähler?
Die SPÖ-Wien macht seit Wochen das Publikum zu Augenzeugen ihrer inneren Krämpfe. Die politische Kaste der ganzen Stadt ist damit beschäftigt, Launen des Bürgermeisters zu deuten, mögliche Wahltermine auf Vor- und Nachteile für die SPÖ abzuklopfen und die Betriebstemperatur zwischen ihren verfeindeten Gruppen zu messen: der Faymann-affinen "Südost-Tangente" (Bezirke 23, 10, 11, 22) und den Häupl-Getreuen im Rest der Stadt.

Millionssteuer

Das von außen sichtbare Chaos herrscht logischerweise auch im Inneren der Partei. Weil die SPÖ mit ihrer veralteten Organisationsstruktur die rasant steigende Zahl von Wechselwählern nicht erreicht, hat sie ihren Funktionären Hausbesuche verordnet. "Allerdings wissen wir nicht genau, was wir den Leuten bei den Hausbesuchen erzählen sollen", klagt man an der roten Basis. "Leuchtturmprojekte", wie sie der Bürgermeister von seinen Stadträten vor einem Jahr eingefordert hat, gibt es wenige zu bewerben. Bis auf die Gratisnachhilfe ist da nicht viel an Ideen gekommen. "Jetzt hat man uns gesagt, wir sollen bei den Hausbesuchen halt die Millionärssteuer verkaufen", erzählt ein SPÖ-Politiker leicht verzweifelt. Denn dass Faymann bei der ÖVP diese "Millionärssteuer" durchsetzen wird, daran fehlt der Glaube.
Hingegen scheint das SPÖ-Konzept von milliardenschweren Vermögens- und Erbschaftssteuern eher der ÖVP Flügel zu verleihen. Für den ÖVP-Wirtschaftsbund ist das rote Schreckgespenst geradezu ein Turbo im laufenden Wirtschaftskammer-Wahlkampf. "Für die Linken ist Eigentum Diebstahl": Mit großem Genuss zitiert Ex-WirtschaftskämmererGünter Stummvoll bei jeder Gelegenheit Pierre-Joseph Proudhon, einen linken Anarchisten aus dem 19. Jahrhundert. Und jagt den bürgerlichen Wirtschaftstreibenden damit kalte Schauer über den Rücken.
In zwei Wochen ist Wirtschaftskammer-Wahl. 602.712 Wirtschaftskammer-Mitglieder sind wahlberechtigt. Die Hälfte davon sind Einpersonen-Unternehmen, mehr als 99 Prozent sind Klein- und Mittelbetriebe. Der überwiegende Teil steht selbstverständlich in Privateigentum mit wenig Interesse an "Eigentumssteuern". "Der Wirtschaftsbund war immer schon für den Schutz von Eigentum, die SPÖ-Forderung nach Enteignungssteuern hebt unsere Position nur noch klarer hervor", sagt Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner.
Vor fünf Jahren ist Christoph Leitl mit 71 % der Stimmen für den Wirtschaftsbund als WKÖ-Präsident bestätigt worden. Die SPÖ errang damals 11,5 %, die FPÖ 8,6 %, die Grünen 5,8 % Unterstützung der mehr als eine halbe Million Unternehmer.


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