Eine Wiener Mieterin bekam kürzlich 53.000 Euro refundiert. Sie
hatte jahrelang um 60 Prozent mehr Miete bezahlt, als gesetzlich erlaubt war
53.000 Euro an zu viel
bezahlter Miete bekam eine Wienerin in diesen Tagen von ihrem Vermieter refundiert.
Mehrere hintereinander abgeschlossene befristete Mietverträge hatten dazu
geführt, dass sie zehn Jahre lang eine um mehr als 60 Prozent zu hohe Miete
zahlte, berichtet Elke Hanel-Torsch, Geschäftsführerin der Wiener
Mietervereinigung. Der in solchen Fällen - es handelte sich um eine
Altbauwohnung im zweiten Bezirk - geltende Befristungsabschlag wurde nicht
gewährt, "stattdessen schlug der Vermieter sogar noch eine recht deutliche
Summe drauf".
Viele Anlaufstellen
Zumindest was die Höhe
des refundierten Betrags betrifft, klingt dieser Fall noch krasser als jener
von vor einem Jahr, als ein Wiener 48.000 Euro zurückbekam, weil im
Schlichtungsverfahren festgestellt wurde, dass seine Wohnung nur
"Kategorie D unbrauchbar" war. Solche Fälle scheinen sich in letzter
Zeit allerdings zu häufen, was wohl auch an der steigenden Sensibilität der
Mieter liegt.
Damit
einhergehend werden auch die Möglichkeiten, als Mieter Hilfe in Anspruch zu
nehmen, mehr. Zwei gewerbliche Anbieter, die zu hohe Altbaumieten einklagen (und
25 bis 30 Prozent Provision einbehalten), sind bereits aktiv (DER STANDARD berichtete). Und neben den bekannten
Organisationen wie Mietervereinigung, Mieterschutzverband oder der Mieterhilfe
der Stadt Wien gibt es nun auch den nicht gewinnorientierten "Verein zur
Förderung gerechter Mieten", den der Wiener Unternehmer Thibaut Lastel im
Vorjahr gemeinsam mit Freunden ins Leben rief. Dieser finanziere sich
ausschließlich aus Spenden, erklärt Lastel.
Wohnfläche und Kategorisierung stimmt oft nicht
Mieter, die Hilfe
suchen, müssen aus rechtlichen Gründen zwar Vereinsmitglied werden, dies sei
aber mit keinerlei Kosten verbunden. Und vom zurückerstrittenen Betrag müsse
auch nichts verpflichtend abgegeben werden, sagt der Obmann. "Wir sagen
den Leuten nur: Es obliegt euch, im Erfolgsfall dem Verein eine Kleinigkeit zu
spenden." Der Verein wird von Wiener Wohnen insofern unterstützt, als er
sich günstig in einem Wiener Gemeindebau einmieten durfte.
An den bisher rund 100
bearbeiteten Fällen sei ihm aufgefallen, dass oft schon allein die im
Mietvertrag angegebene Wohnfläche sowie die Kategorisierung der Wohnung mit der
Realität nicht übereinstimmten. Man trete dann zunächst mit der Hausverwaltung
oder dem Vermieter in Kontakt; "in vielen Fällen bringt das schon sehr
viel", so Lastel. Falls das nichts bewirkt, begleitet man die Mieter zur
Schlichtungsstelle.
"Es braucht neue Regeln"
Diese gibt es nicht nur
in Wien, sondern in zehn weiteren österreichischen Städten, nämlich in Graz,
Linz, Salzburg, Innsbruck, Klagenfurt, St. Pölten, Leoben, Mürzzuschlag,
Neunkirchen und Stockerau. Überall anders ist das Bezirksgericht die
erstinstanzliche Anlaufstelle. In der Mietervereinigung würde man das gerne
geändert sehen. Und nicht nur dort: "Bedarfsorientierte und
bezirksübergreifende Ausweitung der Schlichtungsstellen" steht seit 2013
als Ziel im Regierungsprogramm. Seither hat sich laut Hanel-Torsch aber nichts
getan.
Nach
Meinung der Immobilienwirtschaft muss es das auch nicht. Anton Holzapfel,
Geschäftsführer des Verbands der Immobilienwirtschaft (ÖVI), hält die bestehenden
Schlichtungsstellen für völlig ausreichend, um Mietern mit Information und
Beratung beizustehen. Ein Problem sieht er anderswo: "Die
Richtwertfestsetzung in Wien entspricht in keiner Weise den Marktgegebenheiten.
Man braucht definitiv neue Regeln." Über ein neues Mietrecht wird, wie
berichtet, nun verhandelt. (Martin Putschögl, DER STANDARD, 14.2.2015)
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