Freitag, 6. Dezember 2013

Wohnungen: Ende der Beschaulichkeit

Wohnungen: Ende der Beschaulichkeit

Die Wohnkostenbelastung liegt in Österreich deutlich unter EU-Schnitt. Allerdings fehlt es an leistbaren Wohnungen

Wien - Demografische Veränderungen, wie sie in den vergangenen Jahren stattfanden, haben massive Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt. Die größten Probleme gibt es in den Ballungsräumen, speziell in Wien - hier gibt es zu wenige Wohnungen, vor allem zu wenig leistbare Wohnungen.
Dennoch warnte der Tiroler Gemeinnützigen-Obmann Klaus Lugger vor einer Überregulierung des heimischen Wohnungsmarktes. Leistbarer Wohnraum könne nicht durch die Deckelung der Mietrichtwert-Zuschläge erreicht werden. Das würde nur dazu führen, dass wieder unerlaubte Ablösen verlangt werden, warnt Lugger. Sinnvoller wäre es etwa, den verpflichtenden Garagenplatz pro Wohnung zu streichen, gerade in Gegenden, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erschlossen sind. "Ein Tiefgaragenplatz weniger würde die Baukosten um sieben Prozent senken."
"Das Mietrecht sollte nicht als sozialpolitisches Instrument benutzt werden", verlangte Wolfgang Amann vom Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW) bei der Präsentation des neuen Wohnhandbuch 2013, das alle drei Jahre neu aufgelegt wird. Im Übrigen befänden sich österreichweit bereits weniger als zehn Prozent aller Wohnungen (unter 300.000) im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes, gab er zu bedenken.

Wohnungsausgaben

In Österreich müssten nur fünf Prozent der Bevölkerung mehr als 40 Prozent ihrer verfügbaren Einkommen für Wohnen und Energie ausgeben. Das seien zwar rund 400.000 Menschen, im EU-Schnitt sei die Quote mit zwölf Prozent aber mehr als doppelt so hoch. Hierzulande werden durchschnittlich 21,6 Prozent der Einkommen für Wohnen, Wasser, Energie aufgewendet.
Im Neubau zähle Österreich bezüglich Leistbarkeit von Wohnraum, Wohnbauförderung (WBF) und dank der Verdienste der gemeinnützigen Bauträger zu den Besten. Amann schätzt, dass die Neubau-Leistung derzeit beinahe den Wohnungsbedarf deckt. Konkret bezieht er sich damit auf das Spitzenjahr 2011 mit 44.300 baubewilligten Wohnungen in Österreich. Jedoch sei die Zuwanderung hoch, und wenn mit Beginn 2014 Bulgaren und Rumänen die Arbeitsfreizügigkeit in der EU bekommen, würden weitere 5000 bis 6000 Menschen nach Österreich und vor allem nach Wien kommen.

Preissteigerungen

Die Preise für Eigentumswohnungen waren in Wien sehr lange stabil - eine 70 m2 große Wohnung kostete im Schnitt etwas mehr als das Vierfache eines Haushaltsjahreseinkommens, "da lagen wir unter fast allen anderen Ländern", so Amann. Nun habe Wien relativ stark nachgezogen, die im Schnitt fünf Jahreseinkommen für eine neue Behausung seien aber noch immer weniger als der EU-Schnitt.
Eine "Blase" im Immobilien- bzw. Wohnungssektor sei Österreich erspart geblieben, konstatierte Lugger. Grund dafür sei etwa der geordnete Bankenapparat ohne Überfinanzierungen (Kredite ohne Eigenmittel) wie etwa in Spanien. Und es gebe auch keine übergroße Verschuldung der heimischen Haushalte für Wohnzwecke, "da liegen wir weit unter dem EU-Schnitt".
Preislich haben Altwohnungen nachgezogen bzw. hielten sich die Preisanstiege neu errichteter Einheiten in Grenzen. Amann: "Früher waren Altwohnungen günstiger als Neubauwohnungen, heute kosten neue Wohnungen ebenso viel wie alte". Mit Eigentumsquoten zwischen 50 und 59 Prozent, je nachdem welches Segment man betrachtet, befinde sich Österreich in Europa eher im unteren Bereich, nur Deutschland und die Schweiz lägen noch tiefer, sehr hoch seien die Eigentumsquoten in Osteuropa.
Der Wohnungsaufwand hat in den letzten Jahren nicht viel stärker zugelegt als die Inflationsrate, lässt sich aus Statistik-Austria-Daten im Wohnhandbuch ablesen. Die Marktmieten bei der Neuvermietung lagen 2012 (ohne Betriebskosten und Steuer) 2012 im Schnitt bei 7,20 Euro pro Quadratmeter .

Deutlich darüber waren sie in Wien und anderen Ballungszentren. Das ist ein rasanter Anstieg nach fast zwei Jahrzehnten moderaten Zuwächsen im Bereich der Inflationsrate oder darunter. (cr, DER STANDARD, 7.12.2013)

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