Wohnungen: Ende der Beschaulichkeit
Die Wohnkostenbelastung liegt in
Österreich deutlich unter EU-Schnitt. Allerdings fehlt es an leistbaren
Wohnungen
Wien
- Demografische Veränderungen, wie sie in den vergangenen Jahren stattfanden,
haben massive Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt. Die größten Probleme gibt es
in den Ballungsräumen, speziell in Wien - hier gibt es zu wenige Wohnungen, vor
allem zu wenig leistbare Wohnungen.
Dennoch warnte der Tiroler Gemeinnützigen-Obmann
Klaus Lugger vor einer Überregulierung des heimischen Wohnungsmarktes.
Leistbarer Wohnraum könne nicht durch die Deckelung der Mietrichtwert-Zuschläge
erreicht werden. Das würde nur dazu führen, dass wieder unerlaubte Ablösen
verlangt werden, warnt Lugger. Sinnvoller wäre es etwa, den verpflichtenden
Garagenplatz pro Wohnung zu streichen, gerade in Gegenden, die mit öffentlichen
Verkehrsmitteln gut erschlossen sind. "Ein Tiefgaragenplatz weniger würde
die Baukosten um sieben Prozent senken."
"Das
Mietrecht sollte nicht als sozialpolitisches Instrument benutzt werden",
verlangte Wolfgang Amann vom Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW)
bei der Präsentation des neuen Wohnhandbuch 2013, das alle drei Jahre
neu aufgelegt wird. Im Übrigen befänden sich österreichweit bereits weniger als
zehn Prozent aller Wohnungen (unter 300.000) im Vollanwendungsbereich des
Mietrechtsgesetzes, gab er zu bedenken.
Wohnungsausgaben
In Österreich müssten nur
fünf Prozent der Bevölkerung mehr als 40 Prozent ihrer verfügbaren Einkommen
für Wohnen und Energie ausgeben. Das seien zwar rund 400.000 Menschen, im
EU-Schnitt sei die Quote mit zwölf Prozent aber mehr als doppelt so hoch.
Hierzulande werden durchschnittlich 21,6 Prozent der Einkommen für Wohnen,
Wasser, Energie aufgewendet.
Im Neubau zähle
Österreich bezüglich Leistbarkeit von Wohnraum, Wohnbauförderung (WBF) und dank
der Verdienste der gemeinnützigen Bauträger zu den Besten. Amann schätzt, dass
die Neubau-Leistung derzeit beinahe den Wohnungsbedarf deckt. Konkret bezieht
er sich damit auf das Spitzenjahr 2011 mit 44.300 baubewilligten Wohnungen in
Österreich. Jedoch sei die Zuwanderung hoch, und wenn mit Beginn 2014 Bulgaren
und Rumänen die Arbeitsfreizügigkeit in der EU bekommen, würden weitere 5000
bis 6000 Menschen nach Österreich und vor allem nach Wien kommen.
Preissteigerungen
Die Preise für
Eigentumswohnungen waren in Wien sehr lange stabil - eine 70 m2 große Wohnung
kostete im Schnitt etwas mehr als das Vierfache eines
Haushaltsjahreseinkommens, "da lagen wir unter fast allen anderen
Ländern", so Amann. Nun habe Wien relativ stark nachgezogen, die im
Schnitt fünf Jahreseinkommen für eine neue Behausung seien aber noch immer
weniger als der EU-Schnitt.
Eine "Blase"
im Immobilien- bzw. Wohnungssektor sei Österreich erspart geblieben,
konstatierte Lugger. Grund dafür sei etwa der geordnete Bankenapparat ohne
Überfinanzierungen (Kredite ohne Eigenmittel) wie etwa in Spanien. Und es gebe
auch keine übergroße Verschuldung der heimischen Haushalte für Wohnzwecke,
"da liegen wir weit unter dem EU-Schnitt".
Preislich haben
Altwohnungen nachgezogen bzw. hielten sich die Preisanstiege neu errichteter
Einheiten in Grenzen. Amann: "Früher waren Altwohnungen günstiger als
Neubauwohnungen, heute kosten neue Wohnungen ebenso viel wie alte". Mit
Eigentumsquoten zwischen 50 und 59 Prozent, je nachdem welches Segment man
betrachtet, befinde sich Österreich in Europa eher im unteren Bereich, nur
Deutschland und die Schweiz lägen noch tiefer, sehr hoch seien die
Eigentumsquoten in Osteuropa.
Der Wohnungsaufwand hat
in den letzten Jahren nicht viel stärker zugelegt als die Inflationsrate, lässt
sich aus Statistik-Austria-Daten im Wohnhandbuch ablesen. Die Marktmieten bei
der Neuvermietung lagen 2012 (ohne Betriebskosten und Steuer) 2012 im Schnitt
bei 7,20 Euro pro Quadratmeter .
Deutlich darüber waren
sie in Wien und anderen Ballungszentren. Das ist ein rasanter Anstieg nach fast
zwei Jahrzehnten moderaten Zuwächsen im Bereich der Inflationsrate oder
darunter. (cr, DER STANDARD, 7.12.2013)
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