Sonntag, 9. Februar 2014

Gericht: 200-Mio.-Auftrag war Bagatelle

Gericht: 200-Mio.-Auftrag war Bagatelle

Eine Bagatelle - was sonst!  da sieht man wieder wie die Justiz funktioniert.

Eine knapp 200 Mio. Euro schwere Auftragsvergabe von Wiener Wohnen für drei Jahre bleibt kartellrechtlich ungeprüft, obwohl ein starker Verdacht auf Absprachen unter den erfolgreichen Bietern bestand. Das hat der Oberste Gerichtshof (OGH) nun bestätigt.

Der OGH bestätigte mit seinem Entscheid den Beschluss des Wiener Oberlandesgerichts (OLG), wonach die mutmaßlichen Absprachen unterhalb der Bagatellgrenze gelegen seien. Es gibt daher keine Geldstrafe, berichtete die „Presse“. Der OGH hat damit gegen die Anträge von Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) und Bundeskartellanwalt entschieden.

Heute wären derartige Absprachen anders zu beurteilen. Seit März 2013 sind nämlich sogenannte Hardcore-Kartelle auch unterhalb der Bagatellgrenze verboten - etwa Preisabsprachen oder die Aufteilung von Märkten nach Gebieten, schreibt die Zeitung in ihrer Montag-Ausgabe.

Wettbewerbshüter sahen verbotene Absprachen
Wiener Wohnen hat 2007 Gas-, Wasser- und Heizungsinstallationsarbeiten für Wohnhausanlagen der Stadt Wien ausgeschrieben. Diese wurden in 48 Gebietseinheiten unterteilt. Für 45 davon erhielten jeweils eigens gegründete Arbeitsgemeinschaften den Zuschlag.

25 Arbeitsgemeinschaften traten sogar als alleinige Bieter auf. Nur in drei Gebietseinheiten kamen Einzelbieter zum Zug, und nur drei Unternehmer sollen Angebote gelegt haben, ohne erfolgreich zu sein. Den Wettbewerbshütern sah das nach verbotenen Absprachen und eingeschränktem Wettbewerb aus - mit dem Ziel, höhere Preise zu lukrieren. Sie beantragten Geldstrafen gegen die beteiligten Unternehmen.

Obwohl das Gesamtvolumen 198 Mio. Euro betrug, blieb die Ausschreibung unter der Bagatellgrenze. Diese nahm Kartelle vom Verbot aus, deren Teilnehmer gemeinsam bestimmte Marktanteile nicht überschritten. Strittig war lediglich, wie der relevante Markt abzugrenzen war - ob die Vergleichsgruppen die vielen Installateure waren, die innerhalb einer Autostunde im Zentrum Wiens sein konnten, oder nur die wenigen, die sich konkret für die Ausschreibung interessierten. In letzterem Fall wäre die Bagatellgrenze rasch überschritten gewesen, bei Variante eins längst nicht.

Betrugsermittlungen gegen Handwerker laufen weiter
Indes laufen in einer anderen Affäre rund um Wiener-Wohnen-Aufträge noch immer strafrechtliche Ermittlungen. „Es geht um Betrugsvorwürfe gegen Unternehmen, die Leistungen für Wiener Wohnen erbracht haben“, so Erich Mayer, Sprecher der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), am Montag zur APA. Konkret drehten sich die Ermittlungen um Anstreicher-, Maler- und Bodenlegerarbeiten. Der zuständige Staatsanwalt warte noch auf den Abschlussbericht der Polizei.

Die Affäre war im Vorjahr aufgeflogen. Ein großer Wiener Handwerksbetrieb und Subfirmen sollen der Stadt Wien bei der Instandhaltung und Sanierung von Gemeindewohnungen nicht erbrachte Leistungen verrechnet haben und so Wiener Wohnen respektive die Steuerzahler um mehrere Millionen Euro gebracht haben. Als Konsequenz ließ Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) 25 Wohnungen komplett auseinandernehmen, um zu prüfen, ob die Arbeiten ordnungsgemäß durchgeführt wurden - mehr dazu in Handwerker prellten Wiener Wohnen.

Ergebnis: Im Schnitt soll der verdächtige Betrieb um fast ein Viertel zu viel verlangt haben. Wiener Wohnen schaltete die Staatsanwaltschaft sowie die interne Revision ein. Der verdächtige Unternehmer selbst wiederum hatte im Herbst 2013 laut „Presse“ Vorwürfe gegen Wiener Wohnen erhoben, er kritisierte Mängel bei Ausschreibungen, Rechnungsprüfung und Qualitätsmanagement.

Links:
„Presse“-Artikel
OGH

Wiener Wohnen

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